Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft

Die "harte Nuss" Amerika | Auslandserfahrungen im Agrarbereich

Details Fotos Dokumente StandortVoting Kommentare Fehler melden
Die "harte Nuss" Amerika
Map-Nr.:

15838

Titel:

Die "harte Nuss" Amerika

Beschreibung:

Im Rahmen meines Praxissemesters im Studiengang Landwirtschaft absolvierte ich vom 1. August bis 4. November 2012 ein Praktikum in den USA.

Hazelnut Hill, ein Betrieb in Oregon, in der Nähe der Pazifikküste. Haselnüsse soweit die Augen reichen.  Hundert Hektar Plantagen mit eigener Verarbeitung und einer Vermarktungsstrategie, die es in sich hat.

Das Haselnussversuchsfeld bei uns zu Hause im fränkischen Cadolzburg misst gerade vier Hektar. Die Produktion steckt in den Kinderschuhen. Logisch, dass ich diese Kultur in einem fremden Land, das uns  mit dem Anbau Jahrzehnte  voraus ist, näher kennenlernen wollte.

Der Praxisbeauftragte meiner Fachhochschule in Triesdorf hatte mir diesen Aufenthalt ermöglicht. Der Deutsche Bauernverband kümmerte sich ums Visum. Fünf Monate dauerte die Vorbereitung. Unzählige Emails wurden geschrieben. Bürokratie aus dem Lehrbuch.

Flug, Visum und Versicherungen wurden durch den ausgehandelten Lohn gedeckelt. Schon beizeiten fand ein reger Emailverkehr mit dem dortigen Betriebsleiter statt.

Fränkisch konnte ich wesentlich  besser als Englisch. Trotz einiger Sprachkurse an der FH ließ sich das mulmige Gefühl nicht verleugnen. Ein fremdes Land, eine fremde Familie, eine fremde Sprache, das Vorurteil vom oberflächlichen Ami…

Dann saß ich im Flieger. Nürnberg, Amsterdam, Portland. Eine lächelnde Frau, Mitte vierzig, mit einem selbstgemalten Schild in der Hand wartete in der Empfangshalle. „Martin“ stand mit bunten Buchstaben auf dem Karton. Wir gaben uns die Hand, sie redete langsam und deutlich. Ich verstand sie ziemlich gut. Die erste Hürde war gemeistert.

Neben dem kleinen Holzhäuschen des Betriebsleiterehepaares wohnte ich nun über dem Hofladen. Ein freundliches Zimmerchen mit  Bad und Küche, inmitten einer einsamen aber wunderschönen Landschaft.  

Mein Tagwerk begann um 7 Uhr und endete mit Ladenschluss um 16.30 Uhr. Im Laden wurden Haselnussprodukte aller Art verkauft. Selbstgemachte Haselnussbutter, Schokonüsse, Eiscreme, Haselnussshake, Leckereien.

Wichtiger als die Produktionspalette war mir aber zuerst der Anbau dieser schwierigen Pflanze. In den ersten Wochen erledigte ich überwiegend Feldarbeiten. Die 100 ha großen Haselnussplantagen mussten mit dem „Sweeper“, einem Knicklenker mit starkem Heckgebläse und rotierenden Besen erntefähig vorbereitet werden. 

Zwischenzeitlich setzte mich mein Chef im Labor ein. Die Hilles ziehen ihre Haselnusspflanzen selber durch Mikrovermehrung. Nach nur einem Jahr sind sie geeignet für die Pflanzung.  Zum Vergleich: Die herkömmliche Vermehrung dauert 4 Jahre. Ich habe den Nährboden erstellt und in Reagenzgläser abgefüllt. Die  5 cm großen Pflanzen werden  mit einer sterilen Schere zerteilt und unter künstlicher Belichtung im Labor gezüchtet. Die Hilles arbeiten biologisch, Gentechnik lehnen sie kategorisch ab.

Sämtliche Produktionstechniken hatte mir mein Chef erklärt. Mikrovermehrung,  Erntetechnik, Weiterverarbeitung, Waschen, Trocknen, Knacken bis zur Produktherstellung. Die Charaktereigenschaften der verschiedenen Nusssorten, ihre Größe, ihr Ölgehalt, der Geschmack  sind für die Weiterverarbeitung entscheidend. Mit dem Rösten und der Produktion schokoladenummantelter Nüsse wird dem Kunden eine große Produktpalette geboten.  

In allen Bereichen habe ich fachlich sehr viel dazugelernt. Vor allem auch gut aufzupassen: Ein wilder Puma streunte durch die Anlage.

Abends spazierte ich öfter mit  Rob und seiner Frau Sally durch die Plantagen, um zu philosophieren und zu planen. Obwohl Rob sehr schnell sprach, und auch mit Fachbegriffen nicht sparte, verstand ich ihn immer besser. Tag für Tag konnte ich mein Wissen erweitern. Äußerst hellhörig und voller Begeisterung staunte ich über Rob´s Maschinerie. Den größten Teil der Verarbeitungskette hat er selbst konstruiert. Ein wahres Genie, das nicht mit Tipps und Tricks geizte.  Mal weckte er mich um halb Drei in der Nacht, um mir die Effizienz seiner Trocknung praxisnah zu erklären.

Im Laden arbeiteten in der Hochsaison mehr als 10 Beschäftigte, bei der Außenarbeit half ein Festangestellter. Rob verteilte morgens die Aufgaben. Selbstständiges Arbeiten war ihm sehr wichtig. Da er mit meiner Arbeit zufrieden war, durfte ich ihn zu wichtigen Versammlungen begleiten. Züchtungsprofessoren der Universität  entschieden bei der „Hazelnut Commission“ , ob noch nicht veröffentlichte Sorten unter anderem nach China oder in den Bhutan verkauft werden.

In den ersten zweieinhalb Monaten meines Praktikums fiel kein Tropfen Regen. Rund um die Uhr wurden die Plantagen aus einem angrenzenden Fluss bewässert.  Das beständige Wetter war genial für  Ausflüge und Unternehmungen mit meinen Gasteltern. Viele Einheimische lernte ich kennen. Es gab gute Kontakte und kurzweilige Unterhaltungen. Hilfsbereitschaft, Offenherzigkeit und Freundlichkeit versüßten mir den Aufenthalt in diesem phantastischen Land.  

Sally organisierte ein Treffen mit einem Gleichaltrigen. Mit Jeff  verstand ich mich auf Anhieb. Mehrmals unternahmen wir Ausflüge. Er zeigte mir die tollsten Sehenswürdigkeiten Oregons. Die wild zerklüftete Westküste, den Crater Lake im Süden. Auch vom Jugend- und Studentenleben bekam ich einiges mit. Jeff war Student der Oregon State University . Alle nahmen mich gut auf, ich fühlte mich pudelwohl.

Daher fiel mir die Abreise aus der neuen Heimat äußerst schwer. Tränen flossen reichlich beim Abschied von diesen wundervollen Menschen.  Doch die Vorfreude auf die anstehende Rundreise konnte das etwas lindern.

Mit drei Freunden aus Deutschland traf ich mich in San Francisco. Elf Tage streiften wir durch den Westen Amerikas. Wir besuchten Los Angeles, Las Vegas, den Grand Canyon. Die Golden Gate Bridge, das Gefängnis „Alcatraz“, traumhafte Sandstrände an der Westküste sind Bilder, die ich nie vergessen werde.

Diese Studienaufenthalte im Ausland kann ich nur weiterempfehlen.  Fachliche und menschliche Weiterentwicklung, Freundschaften, Kulturkenntnisse, Freude, Lachen, all das prägte mein Praktikum. Täglich denke ich an diese tolle Erfahrung, die mir keiner mehr nehmen kann.

Schlagworte
Haselnüsse USA Praxissemester
Ähnliche Einträge
ERASMUS in Italien- Weinbau südlich der Alpen

ERASMUS in Italien- Weinbau südlich der Alpen

Volontär im Refet Lotan

Volontär im Refet Lotan

Praktikum auf einem Milchviehbetrieb in Israel
Zuckermais, Süßkartoffeln und Auberginen - no panic, it´s organic

Zuckermais, Süßkartoffeln und Auberginen - no panic, it´s organic

Vier Monate Auslandspraktikum in Kanada
Praktikum auf einem Milchviehbetrieb in Argentinien

Praktikum auf einem Milchviehbetrieb in Argentinien

2009 Nach der Landwirtschaftslehre absolvierte ich ein dreimonatiges Praktikum auf dem Betrieb Chiavassa in Argentinien, was für mich sehr interessant und aufschlussreich war, da ich viele neue Eindrücke gewinnen konnte.
Praktikum auf einer 5.500 ha Getreidefarm

Praktikum auf einer 5.500 ha Getreidefarm

Getreidefarm in der Prärie Kanadas, bewirtschaftet werden um die 5.500 Hektar und vorwiegend Weizen und Canola.