Wie stehen Sie persönlich zu den Direktzahlungen?Fest steht, die Einführung der Direktzahlungen im Jahr 1992 und die mit der
Agrarreform 2003 vorgenommenen Entkopplung dieser Zahlungen von der Produktion haben wesentlich zur Verbesserung der Einkommens- und Schutzpolitik der EU-Landwirtschaft beigetragen. Direktzahlungen waren ursprünglich als Kompensation für die Anpassung an niedrige Weltmarktpreise gedacht. Über die Jahre haben sie allerdings in eine dauerhafte Abhängigkeit der europäischen Landwirte geführt. Ihre Verteilung innerhalb Europas und zwischen Betrieben ist ein permanenter Streitpunkt um vermeintliche Ungerechtigkeiten.
Ich halte eine dauerhafte Aufrechterhaltung der Direktzahlungen im bisherigen Umfang noch in der Art und Weise weder für nötig noch für sinnvoll. Sie leisten zur Erreichung gesellschaftlicher Ziele beispielsweise zur
Welternährung, zum Tierschutz, zur Umwelt- und
Klimapolitik oder auch zur Entwicklung ländlicher Räume auch mit dem Element des Greenings nur einen geringen Beitrag. Der bürokratische Aufwand steigt jedoch weiter an. Hier liegen Aufwand und gesellschaftlicher Nutzen ziemlich weit auseinander.
Glauben Sie, dass das Konzept (Veröffentlichung) funktioniert?
Glauben ist eine Sache von Konfessionen. Ich gehe davon aus, dass das EU-Recht auch in dieser Beziehung umzusetzen ist und umgesetzt wird. Da allerdings nicht alle Subventionen offen gelegt werden, trägt diese Art der Transparenz leider nicht zum Abklingen von Neiddiskussionen bei.
Haben Sie einen Vorschlag, wie man es besser/anders machen könnte?
Ja, konsequent wär der schrittweise Abbau der Direktzahlungen, der der Überzeugung folgt, Steuermittel effektiver auf gesellschaftliche Ziele auszurichten und beispielsweise Umweltleistungen der Landwirte auf der Grundlage einer Ziel-Kosten-Kalkulation „einzukaufen“.
Solange sich die EU aber nicht zu einer wirklichen Reform der
Agrarpolitik durchringt und die Direktzahlungen vornehmlich Einkommen stützen sollen und somit eigentlich eher klassische Sozialpolitik darstellen, solange sollten alle Empfänger veröffentlicht werden. Schließlich bekommen Landwirte Steuergelder. Und normalerweise muss der Staat für alle Steuergelder, die er ‚ausgibt‘ auch den Nachweis bringen können und dürfen, für wen und wofür sie geflossen sind.
Wie groß schätzen Sie die durch die Direktzahlungen entstandenen Abhängigkeiten ein?
In Mecklenburg-Vorpommern lag der Anteil der Direktzahlungen bei Ackerbau- und Milchviehbetrieben im Durchschnitt der vergangenen 5 Jahre über 100 % des Betriebsergebnisses. Im Zeitraum 2010 - 2013 lag das Betriebsergebnis knapp über den Subventionen, bei dem erfolgreicheren Viertel der Betriebe sogar um 100 €/ha LF darüber. Milchviehbetriebe schafften das nur im Wirtschaftsjahr 2013/14. Unter Bedingungen, wie in den letzten 5 Jahren, könnte etwa die Hälfte der Ackerbaubetriebe in unserem Bundesland ohne Subventionen überleben.
Eine etwas diffizile Frage: Was glauben Sie, wie die Empfänger nach der Veröffentlichung aufeinander reagieren?
Ich sagte bereits, die Neiddiskussionen werden nicht abebben. Die Veröffentlichung wird natürlich auch politisch dazu genutzt werden, die Debatte um weitere Umverteilung und weitere „Ergrünung“ der europäischen Agrarpolitik zu befeuern. Das macht die Sache nicht besser, nur komplizierter.
Wie finden Sie die Umsetzung des Portals hinsichtlich Nutzerfreundlichkeit und Transparenz auch in Bezug auf die verwendeten Abkürzungen?
Mit der Neugestaltung der Suchmaske werden im ersten Schritt die den Auswahlkriterien entsprechenden Zuwendungsempfänger angezeigt und ebenso die Kurzbezeichnungen der Maßnahmen, im Rahmen derer sie Beihilfen erhalten haben. Im nächsten Schritt werden dann die gezahlten Beträge mit den Beschreibungen der jeweiligen Maßnahmen angezeigt. Dieses Verfahren erscheint umständlich und nicht besonders Nutzer freundlich. Dennoch hoffe ich, dass durch die gemeinsame Darstellung besser nachvollzogen werden kann, für welche öffentliche Leistung öffentliches Geld gezahlt wird. Damit verbinde ich natürlich die Hoffnung, dass die Debatte um die Zukunft der Direktzahlungen mit mehr Sachlichkeit geführt wird. (proplanta)