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27.04.2015 | 00:05 | Agrarzahlungen 
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Backhaus: Direktzahlungen sind unnötig

Stuttgart/Hohenheim - Aus Schwerin kommt die neunte Stellungnahme zur anstehenden Veröffentlichung der Agrar-Direktzahlungsempfänger. Dr. Till Backhaus - Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz steht Proplanta Rede und Antwort.

Staatsminister Dr. TiIll Backhaus
Dr. Till Backhaus - Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. (c) Regierung MV
Wie stehen Sie persönlich zu den Direktzahlungen?

Fest steht, die Einführung der Direktzahlungen im Jahr 1992 und die mit der Agrarreform 2003 vorgenommenen Entkopplung dieser Zahlungen von der Produktion haben wesentlich zur Verbesserung der Einkommens- und Schutzpolitik der EU-Landwirtschaft beigetragen. Direktzahlungen waren ursprünglich als Kompensation für die Anpassung an niedrige Weltmarktpreise gedacht. Über die Jahre haben sie allerdings in eine dauerhafte Abhängigkeit der europäischen Landwirte geführt. Ihre Verteilung innerhalb Europas und zwischen Betrieben ist ein permanenter Streitpunkt um vermeintliche Ungerechtigkeiten.

Ich halte eine dauerhafte Aufrechterhaltung der Direktzahlungen im bisherigen Umfang noch in der Art und Weise weder für nötig noch für sinnvoll. Sie leisten zur Erreichung gesellschaftlicher Ziele beispielsweise zur Welternährung, zum Tierschutz, zur Umwelt- und Klimapolitik oder auch zur Entwicklung ländlicher Räume auch mit dem Element des Greenings nur einen geringen Beitrag. Der bürokratische Aufwand steigt jedoch weiter an. Hier liegen Aufwand und gesellschaftlicher Nutzen ziemlich weit auseinander.

Glauben Sie, dass das Konzept (Veröffentlichung) funktioniert?

Glauben ist eine Sache von Konfessionen. Ich gehe davon aus, dass das EU-Recht auch in dieser Beziehung umzusetzen ist und umgesetzt wird. Da allerdings nicht alle Subventionen offen gelegt werden, trägt diese Art der Transparenz leider nicht zum Abklingen von Neiddiskussionen bei.

Haben Sie einen Vorschlag, wie man es besser/anders machen könnte?

Ja, konsequent wär der schrittweise Abbau der Direktzahlungen, der der Überzeugung folgt, Steuermittel effektiver auf gesellschaftliche Ziele auszurichten und beispielsweise Umweltleistungen der Landwirte auf der Grundlage einer Ziel-Kosten-Kalkulation „einzukaufen“.

Solange sich die EU aber nicht zu einer wirklichen Reform der Agrarpolitik durchringt und die Direktzahlungen vornehmlich Einkommen stützen sollen und somit eigentlich eher klassische Sozialpolitik darstellen, solange sollten alle Empfänger veröffentlicht werden. Schließlich bekommen Landwirte Steuergelder. Und normalerweise muss der Staat für alle Steuergelder, die er ‚ausgibt‘ auch den Nachweis bringen können und dürfen, für wen und wofür sie geflossen sind.

Wie groß schätzen Sie die durch die Direktzahlungen entstandenen Abhängigkeiten ein?

In Mecklenburg-Vorpommern lag der Anteil der Direktzahlungen bei Ackerbau- und Milchviehbetrieben im Durchschnitt der vergangenen 5 Jahre über 100 % des Betriebsergebnisses. Im Zeitraum 2010 - 2013 lag das Betriebsergebnis knapp über den Subventionen, bei dem erfolgreicheren Viertel der Betriebe sogar um 100 €/ha LF darüber. Milchviehbetriebe schafften das nur im Wirtschaftsjahr 2013/14. Unter Bedingungen, wie in den letzten 5 Jahren, könnte etwa die Hälfte der Ackerbaubetriebe in unserem Bundesland ohne Subventionen überleben.

Eine etwas diffizile Frage: Was glauben Sie, wie die Empfänger nach der Veröffentlichung aufeinander reagieren?

Ich sagte bereits, die Neiddiskussionen werden nicht abebben. Die Veröffentlichung wird natürlich auch politisch dazu genutzt werden, die Debatte um weitere Umverteilung und weitere „Ergrünung“ der europäischen Agrarpolitik zu befeuern. Das macht die Sache nicht besser, nur komplizierter.

Wie finden Sie die Umsetzung des Portals hinsichtlich Nutzerfreundlichkeit und Transparenz auch in Bezug auf die verwendeten Abkürzungen?

Mit der Neugestaltung der Suchmaske werden im ersten Schritt die den Auswahlkriterien entsprechenden Zuwendungsempfänger angezeigt und ebenso die Kurzbezeichnungen der Maßnahmen, im Rahmen derer sie Beihilfen erhalten haben. Im nächsten Schritt werden dann die gezahlten Beträge mit den Beschreibungen der jeweiligen Maßnahmen angezeigt. Dieses Verfahren erscheint umständlich und nicht besonders Nutzer freundlich. Dennoch hoffe ich, dass durch die gemeinsame Darstellung besser nachvollzogen werden kann, für welche öffentliche Leistung öffentliches Geld gezahlt wird. Damit verbinde ich natürlich die Hoffnung, dass die Debatte um die Zukunft der Direktzahlungen mit mehr Sachlichkeit geführt wird. (proplanta)
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Kommentare 
kurri Altbauer 85 schrieb am 05.05.2015 11:57 Uhrzustimmen(1) widersprechen(1)
Auch hier gilt dasselbe, wie schon zur Befragung von Mimister Backhaus! Herr Meyer setzt dem noch einiges aus seiner "grünen" politischen Meinung, eins drauf. Es ist einfach unwahr, wenn die auf Druck der WTO. erfolgte Absenkung der landw. Erzeugerpreise und als Entschädigung gedachten Ausgleichszahlungen, von Herrn Meyer als öffentliche Gelder bezeichnet werden. Er will eine Verknüpfung mit Leistungen die den Vorstellungen seiner Gesinnungsgenossen herbeiführen! Er verschweigt das ein Großteil der Gelder garnicht bei den Bauern ankommen. Solche Leute haben eigentlich nichts in einer Regierung zu suchen, kein Wunder wenn bei uns alles drunter und drüber geht! Fakten sind z.B. 1948 mußte der Verbraucher rund 46 % seines Einkommens für die Ernährung ausgeben. Heute sind es etwa 12-13 %. Diese ernorme Leistung gilt bei den Polikern als sebstverständlich, sie profitieren von der Arbeit unserer Bauern. Wie mit uns umgesprungen wird, konnten wir vor Jahren bei dem Lieferstreik der Milcherzeuger erleben, sofort meldete sich das Bundeskatrellamt und drohte mit saftigen Sanktionen. Was passiert den heute beim Streik der Lokführer? Wieviel Geld wandert eigentlich in andere Kanäle? Küstenschutz, Schießplatz für Panzerbauer Rheimetal, Städte und Kommunen für die Flächen die sich in deren Besitz befinden. Aus den 7 Mrd. € geht auch vieles in die sog. 2. Säule zur Entwicklung des ländl. Raumes, hiervon wollen dann auch noch viele davon Geld erhalten, wie z.B. schnelles Internett. Unsere Bauerverband setzt diesem üblen Treiben nichts entgegen. Ich bin schon lange kein Mitglied mehr, nachdem ich auf Kreisebene im Vortsand war und in die dort herrschenden Pratiken Einblick bekommen hatte! Heute jammmert man über den Mitglieder-schwund der Nachwuchs verlässt in Scharen die Höfe, in anderen Berufen kann in kürzerer Arbeitszeit, Ansruch auf Urlaub usw. leichter und viel mehr verdienen. Vor allem wird kein Berufsstand so für alles haftbar gemacht wie die Landwirtschaft, Wir haben sowas nicht verdient! Macht nur weiter so.
kurri Altbauer 85 schrieb am 03.05.2015 07:52 Uhrzustimmen(123) widersprechen(82)
Mir wird fast schlecht, wenn man das "Gesülze" der Politiker liest. Ich bin froh das ich schon so alt bin und mich nicht mehr mit diesem überbüro-kratischen Verordnungen herum schlagen muss. Meine Erfahrung aus 70 Jahren hater Arbeit jahrein jahraus,ob Sonntag oder Alltag: Demokratie ist Diktatur der Mehrheit. Wer nicht dazu gehört, hat "schlechte Karten". Er wird gnadenlos ausgebeutet, das war schon im alten Rom so und mit diesem System werden wir auch heute noch regiert. Wütend werde ich wenn ich diese verlogenen Statisrtiken lese, wo das Preisniveau auf 100 Pkt. gesetzt wird, alles was davor war past den Herrschaften in Politik und Wirtschaft nicht in deren Konzept! Für 1dt Weizen konnte man 1951 19,6 Stunden einen Elektriker beschäftigen, er kostete damals 1,15 € (umgerechnet von DM) der Weizen 22,55 €. Heute kostet die Elektrikerstunde 43,80 € zuzügl. 19 % Mwst. 1951 war die damalige Umsatzsteuer von 0,5 % schon im Arbeitslohn enthalten. Mit dem Gegenwert von 2,61 dt Weizen kann man derzeit einen Mann bezahlen. Die prozentuale Steigerung bertägt 3708%! Diese Beispiel sollten sich die"Experten" mal ansehen bevor sie derartigen Unsinn verbreiten! Schönen Sonntag-
agricola pro agricolas schrieb am 27.04.2015 07:53 Uhrzustimmen(175) widersprechen(143)
Sollten die Fakten, wie von Herrn Dr. Backhaus aufgezeigt, objektiv der Realität entsprechen, so darf/muss man sich berechtigt die äußerst kritische Frage stellen, ob man hier noch von einer international erfolgreichen, wettbewerbsfähigen Landwirtschaft überhaupt sprechen kann, wenn selbst in Mecklenburg-Vorpommern die mit größten Betriebe innerhalb Europas über einen längeren Zeitraum hinweg nicht einmal mehr in Höhe der Betriebsprämien das eigene Betriebsergebnis widerzuspiegeln vermögen. Vollzieht sich hier etwa nur noch ein gewaltiger Kapitaltransfer vom Staat direkt auf die Konten der jeweiligen, NICHT SELBST BEWIRTSCHAFTENDEN Eigentümer!? Die zunächst sozialpolitische Verantwortung ist zu einer gesellschaftspolitischen Größenordnung mittlerweile herangewachsen. Europaweit nimmt infolge der aktuellen Subventionspolitik die Gruppe der Verpächter stetig zu. Letztere unterstellt man allerdings dem hohen schützenswerten Gut des Datenschutzes, während die Bauern, die nach Worten von Dr. Backhaus noch nicht einmal mehr zum Nulltarif wirtschaften, am Internetpranger fraglich ruhmreich preisgegeben werden!?----Die erste, äußerst positiv zu wertende Konsequenz des von Herrn Dr. Backhaus als mittlerweile überflüssig eingestuften europäischen Prämienmodelles wäre ein rasantes Abschmelzen unserer derzeitigen Biomüllberge!!!
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