Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
14.02.2012 | 09:07 | Bioökonomie  

EU-Kommission schlägt Strategie für nachhaltige Bioökonomie in Europa vor

Brüssel - Die Europäische Kommission hat gestern eine Strategie vorgestellt, mit der sie die Umstellung der europäischen Wirtschaft auf eine verstärkte und nachhaltigere Nutzung erneuerbarer Ressourcen unterstützen will.

Bioökonomie
(c) proplanta
Angesichts einer bis 2050 auf nahezu 9 Milliarden Menschen anwachsenden Weltbevölkerung und zur Neige gehender fossiler Rohstoffe braucht Europa erneuerbare biologische Ressourcen, um seine Versorgung mit gesunden Nahrungs- und Futtermitteln sowie mit Baumaterial, Energie und anderen wichtigen Produkten auch weiterhin sichern zu können. In dem Strategie- und Maßnahmenplan „Innovation für nachhaltiges Wachstum: eine Bioökonomie für Europa“ beschreibt die Kommission eine kohärente, branchenübergreifende und interdisziplinäre Herangehensweise an dieses Thema.

So soll eine innovativere Wirtschaft mit geringen Emissionen aufgebaut werden, um die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft und Fischerei, die Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung und die nachhaltige Nutzung erneuerbarer biologischer Ressourcen in der Industrie zu gewährleisten und gleichzeitig die biologische Vielfalt und Umwelt zu schützen. Der Plan konzentriert sich auf drei wesentliche Aspekte: die Entwicklung neuer Technologien und Verfahren für die Bioökonomie, die Unterstützung der Märkte und der Wettbewerbsfähigkeit in Bioökonomiesektoren und die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den politischen Entscheidungsträgern und sonstigen Akteuren.
 
„Europa muss den Schritt zu einer von fossilen Energieträgern unabhängigen Wirtschaft wagen. Eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Ressourcen ist nicht länger nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit. Wir müssen den Übergang von einer auf fossile Ressourcen gestützten Gesellschaft zu einer auf biologische Ressourcen aufbauenden Gesellschaft vorantreiben, und Forschung und Innovation sind dabei unsere Hauptmotoren. Dies wird nicht nur der Umwelt und unserer Lebensmittel- und Energieversorgungssicherheit zugute kommen, sondern auch der künftigen Wettbewerbsfähigkeit Europas,“ so die für Forschung, Innovation und Wissenschaften zuständige Kommissarin Máire Geoghegan-Quinn.
 
Der Begriff „Bioökonomie“ bezeichnet eine Wirtschaft, bei der biologische Land- und Meeresressourcen sowie Abfälle als Ausgangsstoffe für die Lebens- und Futtermittelproduktion, die Industrieproduktion und die Energieerzeugung genutzt werden. Zudem kommen auf biologische Ressourcen gestützte Verfahren in nachhaltigen Industrien zum Einsatz. Bio-Abfälle beispielsweise bergen ein bedeutendes Potenzial als Alternative zu chemischen Düngemitteln und für die Umwandlung in Bioenergie. Mit ihnen könnten bereits 2 % der EU-Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien umgesetzt werden.
 
Die Bioökonomie in der EU erzielt derzeit bereits einen Umsatz von knapp 2 Bio. EUR und hält mit mehr als 22 Millionen Arbeitnehmern einen Anteil von 9 % an der Beschäftigung in der EU insgesamt. Sie umfasst die Bereiche Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Lebensmittel-, Zellstoff- und Papierproduktion sowie Teile der Chemie-, Biotechnologie- und Energiebranche. Schätzungen zufolge wird sich jeder Euro, der in EU-geförderte Bioökonomie-Forschung und ‑Innovationen investiert wird, bis 2025 in den Bioökonomiesektoren in einem Mehrwert von 10 EUR niederschlagen.


Die Strategie umfasst drei Hauptpfeiler:
 
1) Investitionen in Forschung, Innovationen und Kompetenzen in der Bioökonomie. Dazu sollen EU-Mittel, nationale Mittel und private Investitionen mobilisiert und Synergien mit anderen politischen Initiativen gefördert werden.

2) Entwicklung der Märkte und der Wettbewerbsfähigkeit in Bioökonomiesektoren durch nachhaltige Intensivierung der Primärerzeugung, der Umwandlung von Abfallströmen in werthaltige Produkte sowie durch Mechanismen des Voneinanderlernens, um eine höhere Produktions- und Ressourceneffizienz zu erzielen. Die Entsorgung von Lebensmittelabfällen beispielsweise kostet die europäischen Steuerzahler zwischen 55 und 90 EUR je Tonne und verursacht 170 Mio. Tonnen CO2-Emissionen. Diese Abfälle könnten für die Bioenergieerzeugung oder andere auf biologischen Ressourcen basierende Produkte genutzt werden und somit auch zu Wachstum und Beschäftigung beitragen.

3) Verstärkte politische Koordinierung und Beteiligung der einzelnen Akteure durch Einrichtung eines Bioökonomie-Panels, einer Beobachtungsstelle für Bioökonomie und regelmäßige Konferenzen der beteiligten Akteure.
 
Die Strategie soll Synergien und Komplementaritäten mit anderen Politikbereichen, Instrumenten und Finanzierungsquellen schaffen, die sich an denselben Ziele ausrichten, wie den Kohäsionsfonds, der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP), der Integrierten Meerespolitik (IMP) sowie der Umwelt-, Industrie-, Beschäftigungs-, Energie- und Gesundheitspolitik. Die Strategie wurde unter der Leitung von Kommissarin Geoghegan-Quinn erarbeitet, die von vier weiteren Kommissaren - Vizepräsident Tajani und den Kommissionsmitgliedern Cioloº, Damanaki und Potoènik - unterstützt wurde. Die vor allem auf Forschung und Innovation ausgerichtete Strategie soll den EU-Mitgliedstaaten bei der Tagung des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ am 21. Februar 2012 erstmals vorgestellt werden.

Einige EU-Mitgliedstaaten wie Dänemark, Finnland, Deutschland, Irland und die Niederlande haben bereits Bioökonomie-Strategien eingeführt. International verfügen auch Kanada, China, Südafrika und die Vereinigten Staaten über ehrgeizige Strategien oder arbeiten diese derzeit aus.

Die vorgeschlagene Strategie ist einer der Vorschläge der Kommission zur Umsetzung der Leitinitiativen Innovationsunion und Ressourcenschonendes Europa im Rahmen der Strategie „Europa 2020“. Der Notwendigkeit, die Bioökonomie-Forschung und –Innovation verstärkt öffentlich zu fördern, wird auch im künftigen Forschungsprogramm der Kommission „Horizont 2020“ Rechnung getragen: Das Programm sieht 4,7 Mrd. EUR für den Bereich „Ernährungssicherheit, nachhaltige Landwirtschaft, marine und maritime Forschung und Biowirtschaft“ sowie ergänzende Mittel in anderen Bereichen vor. (ip/eu)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Umweltschutzorganisation hält früheren Kohleausstieg für möglich

 Bayern könnte Wärmebedarf über Flusswasser decken

 Verbraucherzentrale fordert mehr Transparenz bei Fernwärme-Preisen

 Deutsche Gas- und Ölförderung sinkt weiter

 Methan-Ausstoß aus Braunkohletagebau höher als angenommen

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken