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23.10.2017 | 06:00 | Glyphosat-Genehmigung 
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Glyphosat: Alternativlos oder zu gefährlich?

Berlin - Soll Glyphosat auch in den kommenden zehn Jahren in der Europäischen Union eingesetzt werden dürfen oder nicht? Darum toben derzeit heftige Debatten, oft wenig sachlich, dafür mit viel Polemik und gegenseitigen Anschuldigungen.

Glyphosat-Verbot Abstimmung
Manche sehen in Glyphosat ein gefährliches Gift, andere eine eher harmlose, unverzichtbare Hilfe für die Landwirtschaft. Einfache Antworten scheinen in der Debatte weit entfernt - doch es gibt sie.
Ein EU-Ausschuss berät am 25. Oktober erneut über eine weitere Glyphosat-Zulassung - eventuell gibt es dann schon die bis Mitte Dezember fällige Abstimmung. Es geht um einen Milliardenmarkt - und um die Gesundheit von Menschen, Tieren, Ökosystemen.

Warum wird gerade über Glyphosat besonders heftig gestritten?

«Glyphosat ist ein Symbol», erklärt Horst-Henning Steinmann von der Universität Göttingen. «Es steht als weltweit dominierendes Pflanzenschutzmittel für eine Form der Landwirtschaft, die viele Kritiker hat.» Ein weiterer Faktor sei, dass es von Konzernen wie Monsanto in vielen Ländern im Paket mit gentechnisch veränderten Pflanzen angeboten werde. «Damit steht Glyphosat indirekt auch für Gentechnik.» Hinzu komme die Angst vor einem Präzedenzfall: «Eine Sorge von Herstellern und Landwirten ist, dass ein Glyphosat-Stopp nur die erste Entscheidung wäre, die viele weitere nach sich ziehen könnte.»

Gibt es bereits Verbote?

Ja. El Salvador, Bermuda und Sri Lanka haben den Einsatz von Glyphosat verboten, so Thoralf Küchler, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Glyphosat (AGG), einem Zusammenschluss von sieben Glyphosat-produzierenden Unternehmen. In den Niederlanden gibt es demnach ein Verbot für kommunalen Gebrauch, also die Verwendung auf öffentlichen Straßen und in Gemeinden. Ausgenommen sind Bahngleise und Fluglandebahnen.

Glyphosat ist seit 40 Jahren im Einsatz. Wie entstanden die Bedenken?

«Glyphosat ist auch deshalb so erfolgreich, weil es lange als unproblematisch galt», erklärt Silvia Pieper vom Umweltbundesamt (UBA). Glyphosat werde vergleichsweise selten im Grundwasser nachgewiesen, weil es an Bodenpartikel binde. Allerdings seien die Abbauzeiten im Boden recht lang: Es dauere mehr als ein Jahr, bis 90 Prozent der Substanz abgebaut seien. In Sedimenten könne sich die Substanz besonders lange halten.

Die direkte Giftigkeit für Tiere wurde in Studien meist als relativ gering eingestuft, da das gehemmte Enzym EPSPS nur bei Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen vorkommt. Einige Studien unter anderem an Ratten und Mäusen allerdings legten nahe, dass Glyphosat in hohen Dosen krebserregend sein könnte.

Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC), eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), stufte das Herbizid auf Basis dieser Ergebnisse im März 2015 als «wahrscheinlich krebserregend» für den Menschen ein - gerade als in Europa die Verlängerung der Zulassung anstand. Andere Agenturen wie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sehen hingegen kein von Glyphosat ausgehendes Risiko.

Wie kommt es zu diesem Widerspruch?

Der Widerspruch ist nicht wirklich einer. Die IARC beurteilte die Krebsgefahr, also die generelle Möglichkeit, dass Glyphosat Krebs verursacht. In die Bewertung der anderen Agenturen hingegen floss das Risiko als Faktor ein. Die EFSA bewertet das Krebsrisiko bei den Mengen, die ein Mensch üblicherweise etwa über Lebensmittel aufnimmt, als vernachlässigbar.

Wie sieht es bei Menschen aus, die ständig mit Glyphosat umgehen?

Berichte über einen vermuteten Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs- oder sonstigen Erkrankungen gibt es seit Jahren, etwa bei Bauern aus Sri Lanka und Argentinien. Gesicherte Erkenntnisse fehlen bisher. In den betroffenen Ländern werden teilweise Pflanzenschutzwirkstoffe und -mengen eingesetzt, die in Europa nicht zugelassen sind.

Warum stützen EU-Behörden ihre Einschätzung auf Studien der Hersteller, die für die Öffentlichkeit nicht einsehbar sind?

«Es gilt das Prinzip, dass Antragsteller die Studien finanzieren müssen, um die Unbedenklichkeit ihrer Substanz nachzuweisen», erklärt UBA-Expertin Pieper. Für die Öffentlichkeit geheim blieben die Studienberichte wohl aus Wettbewerbsgründen. «Viele der durchgeführten Studien sind recht aufwendig und daher auch teuer, die Daten sind für die Antragsteller ein kostbares Gut», sagt Pieper. «Auch wir würden allerdings eine bessere Zugänglichkeit dieser Daten befürworten.»

Würde ein Auslaufen der Glyphosat-Genehmigung der Umwelt nützen?

Es existierten Wirkstoffe mit problematischeren Risikoprofilen, die in geringeren Mengen eingesetzt würden, sagt Pieper. Mit einem Glyphosat-Stopp kämen möglicherweise andere Substanzen auf die Zulassungslisten, fürchtet die UBA-Expertin. «Statt des Verbots einer einzelnen Substanz wäre eine generelle Reduzierung des Herbizideinsatzes sinnvoll.»

Glyphosat könne vielleicht nicht leicht, aber doch durch andere Wirkstoffe ersetzt werden. «Deshalb wäre ein schlichter Ersatz keine Lösung», betont Pieper. «Es geht darum, die Menge aller eingesetzten Herbizide und anderer Pflanzenschutzmittel deutlich zu verringern und ihre Auswirkungen zu kompensieren, indem ökologische Ausgleichsflächen angelegt werden.» 

Auch der Göttinger Agrar-Experte Steinmann sagt: «Glyphosat ist schon ein modernes Herbizid, dessen Umweltwirkung vergleichsweise günstig zu beurteilen ist. Würde es einfach nur durch ältere Wirkstoffe ersetzt, wäre für die Umwelt nichts gewonnen.»
dpa
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Kommentare 
cource schrieb am 24.10.2017 19:33 Uhrzustimmen(21) widersprechen(10)
es sind ja nicht nur die pestizide die unsere leben/lebensgrundlagen zerstören, die gesamte landwirtschaft/lebensmittel-/chemieindustrie fungiert als instrument zur bevölkerungsdezimierung, weil die mästung/überernährung mit billigem fleisch/milch/zucker/stärke ein genetisches programm zum vorzeitigen absterben der menschlichen zellen, auslöst.
Alpha Rocking schrieb am 23.10.2017 14:10 Uhrzustimmen(8) widersprechen(10)
DAS GIFT FÜR ALLE(S):
Roundup / Glyphosat / Monsanto

Wusstet Ihr, dass die Chemische Struktur von Glyphosat genutzt werden kann, um Metalle aus Ihrer Umwelt herauszulösen, sie zu Binden & Wasserlöslich zu machen ? Aus diesem Grunde wurde Glyphosat einst als Kraftvolles Rohrreinigungsmittel verwendet ! Nun spritzt man den Dreck seit zig Jahren Weltweit auf die Felder ... Mit Katastrophalen folgen für Mensch & Natur.

Und nun ganz Neu eine Meldung von Wissenschaftlern aus Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden, veröffentlicht im Fachmagazin «PLOS ONE»:

Zahl der Fluginsekten Deutschlands erheblich zurückgegangen !

Und weiter:

In den vergangenen 27 Jahren nahm die Gesamtmasse an Kleinstlebewesen (Insekten) um mehr als 75 Prozent ab !

Was das bedeutet, muss ich wohl nicht noch mal extra erklären. Es bleiben somit nur sage und schreibe ca. 25 % übrig (...). Einige von euch wissen sicherlich, dass es z.B. in China bereits ganze Landstriche gibt gänzlich ohne Bienen (Blütenbestäuber).

Um dort überhaupt noch ertrag aus den Obstbaumplantagen zu erhalten, sind die Menschen dazu übergegangen, von Hand zu bestäuben. Wer diesen Job besser macht, die Bienen oder der Mensch, kann sich jeder denken, der eine einigermaßen funktionierende Festplatte im Kopf hat. Auch das Insekten letzten Endes die Futter-Basis darstellen für eine kaum zu beziffernde Anzahl anderer Tiere, sei hiermit zusätzlich noch erwähnt.

In "Brüssel" geben sich Tausende Lobbyisten die Klinke in die Hand, was was das für die politischen Entscheidungen bedeutet, kann sich auch jeder denken. Diese Entscheidungen jedoch, betreffen nun ca. 500 Millionen Europäer. Und somit auch deren Gesundheit ! Von Flora & Fauna mal ganz abgesehen.

Glyphosat gehört verboten - Weltweit !
agricola pro agricolas schrieb am 23.10.2017 09:48 Uhrzustimmen(40) widersprechen(28)
Mittlerweile über 800.000 Tonnen weltweite Jahresproduktion des Unkrautvernichters Glyphosat stehen laut bestens geübter Praxis in auch anderem agrarpolitischem Umfeld in einer „Glaskugel-Schätzometrie“ im Raum. - Keine Produktion auf Halde, sondern verbunden mit einem realen jährlichen Einsatz auf dem Acker / WELTWEIT!

Ich selbst kann diese Zahlen nicht verifizieren und auch andere dürften da zumindest einige Problemchen haben.

Ein ähnlich erbittertes Streitthema, wie um die gebetsmühlenartig seitens des USDA fortlaufend publizierten alljährlichen Ernteprognosen weltweit im übrigen.

Dennoch faszinierend für den Praktiker, wenn man solche Zahlen verinnerlicht und man parallel dazu vernehmen darf, dass ein Einsatzstopp seitens hochintellektuell befähigter Analyse keine tatsächlichen Auswirkungen auf unsere Produktpreise nähme.

Solchen Experten darf man sämtlichst ins Stammbuch schreiben, dass über eine derart gehäufte Anwendung mit diesen im Verlauf exorbitanten Mengensteigerungsraten gerade und im Besonderen für die jeweiligen Anwender auch ein zunehmendes gesundheitliches Gefährdungspotential ausgeht. DIESES RISIKO IST PRÄSENT, FÜR JEDEN ANWENDER GEGENWÄRTIG! - Ab in die Wüste mit jenen, die sich erdreisten, hier stock und steif das Gegenteil behaupten zu wollen.

Auch bei uns sterben die Bauern. In meinem persönlichen Umfeld sind schon viele Kollegen infolge einer Krebserkrankung verschieden, still und leise, medial unbemerkt, haben sich diese „vom Acker gemacht“, ohne dass jemals wohl eine mögliche Ursächlichkeit in den vergangenen 15-20 Jahren hinterfragt und entsprechend nachgeforscht wurde...!?

Bei Markteinführung des Produktes hat man uns in der Ausbildung erzählt, dass damit ein revolutionäres Herbizid den Praktikern an die Hand gegeben wird, das gesundheitlich vollkommen unbedenklich sei. Plakativ untermauerte man mit der äußerst beeindruckenden Aussage, dass man dieses sogar bedenkenlos trinken könne!

Viele meiner Kollegen -lange Zeit auch ich selbst- haben das so verinnerlicht und dementsprechend vertrauensvoll auch guten Gewissens Glauben geschenkt. Wie ließen uns als kommunikativ gesellschaftliche Multiplikatoren, im eigentlichen aus heutiger Sicht der Dinge eher treudoofe Trottel in bestens einstudierter Praxis, willfährig vor den Karren unserer narzisstisch gewissensbefreiten Agrarindustriegiganten spannen.

Der eine oder andere dieser Kollegen lebt heute schon nicht mehr und ist längst vor Erreichen seiner Altersrente still und leise nach einer leidvollen Krebserkrankung verschieden.

Aber um Gottes Willen, bitte keine allgemein verunsichernde „mediale Effekthascherei“, keine eventuelle Anerkennung als Berufskrankheit, die sehr teuer zu stehen kommen könnte. FÜR WEN eigentlich!? Dem allseits gierigen Einsacken agrarindustrieller Abermillionen und -milliarden setzt das kleine tumbe Bäuerlein in einigen Fällen nicht weniger als das eigene LEBEN entgegen. C‘est la vie! - Ja, die wahren Prioritäten waren bislang, sind noch immer, WIE gesetzt, so oder so!!!

Früher missbrauchte man die Bauern als Leibeigene einer Feudalherrschaft - heute sind wir wessen Leibeigene; ignorant degradiert zu Menschen 2. Klasse!?

Auch unsere sogenannten intellektuell überaus befähigten Agrarexperten haben das 1,5%ige Restvölklein deutscher/europäischer BAUERN nicht unbedingt auf dem eigenen Flimmerbildschirm!(?)

Leider kann man viele derselben heute nicht mehr zur Rechenschaft heranziehen, die für die Erteilung des mittlerweile mehr als fraglichen Persilscheins des einstigen „HEILSBRINGER“ Glyphosat mitverantwortlich zeichnen, da sie selbst das Zeitliche bereits gesegnet haben.

Als konventioneller deutscher Ackerbauer vermisse ich deshalb tatsächlich dahingehend eine US-amerikanische Rechtsprechung...!!!!!!
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