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27.09.2015 | 00:18 | Glyphosat-Verlängerung 

Glyphosat-Aufschub in der Kritik

Berlin - Der von der EU-Kommission angekündigte Aufschub der Entscheidung über die Neuzulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat und die damit verbundene Verlängerung der bisherigen Zulassung ist bei Umweltschützer und -politikern auf Kritik gestoßen.

Glyphosat-Verlängerung
Grünen-Politiker bekräftigen Forderung nach einem Anwendungsstopp von Glyphosat. (c) proplanta
Die Arbeitsgemeinschaft Glyphosat (AGG) wirft den Gegnern indes eine einseitige und unsachliche Diskussion vor. Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel hält die Entscheidung der EU-Kommission für „nicht nachvollziehbar“. Es sei nicht zu akzeptieren, dass eine derartige Unbedenklichkeitserklärung gegeben werde.

Der Grünen-Politiker erinnerte an die Aufforderung der Verbraucherschutzminister der Länder an den Bund, Glyphosat zu verbieten. Landwirtschaftsminister Christian Meyer erklärte ergänzend, man nehme die Warnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sehr ernst. Niedersachsen habe deshalb per Erlass die Ausnahmegenehmigungen für den Einsatz von Glyphosat auf kommunalen Flächen wie Parks und Spielplätzen erheblich eingeschränkt, und schon 2014 sei das sogenannte Totspritzen von Getreide kurz vor der Ernte wegen möglicher Rückstände untersagt worden.

Die EU-Kommission begründete die Verschiebung der Glyphosat-Zulassung um sechs Monate indes damit, dass sich das Bewertungsverfahren wegen einiger neuer Erkenntnisse verzögere, insbesondere der Monographie der internationalen Krebsforschungsagentur (IARC), die den Wirkstoff als „wahrscheinlich krebserregend“ einstufe. Die AGG kritisierte derweil die vom Umweltressort in Hannover ausgerichtete Fachveranstaltung „Der Pflanzenwirkstoff Glyphosat - Gefahr für Mensch und Umwelt?“ als „angelegtes Scherbengericht“. Die Veranstaltung sei personell und inhaltlich einseitig ausgelegt worden.

Einseitige Meinungsmache

Unter dem Dach eines Ministeriums sei eigentlich kein Platz für „eine einseitige Meinungsmache“, erklärte AGG-Sprecherin Ursula Lüttmer-Ouazane. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich hier in Wahrheit um eine parteipolitische Veranstaltung gehandelt habe. Angesichts der Bedeutung der Landwirtschaft in Niedersachsen hatte die Arbeitsgemeinschaft nach eigenen Angaben eine ergebnisoffene Veranstaltung erwartet. Sie forderte, die Risiken nicht zu überzeichnen und den Nutzen des Wirkstoffs nicht unter den Teppich zu kehren. Glyphosat sei für eine bodenschonende Landwirtschaft eine nicht zu ersetzende Hilfe. Durch die konservierende Bodenbearbeitung, die mittlerweile ein wichtiger Bestandteil der Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft in Europa sei, werde nicht nur die Bodenfruchtbarkeit erhalten, sondern es gehe auch weniger Boden durch Erosion verloren.

Konsequenzen bei BfR angemahnt

Unterdessen erneuten auch Grünen-Politiker auf Bundesebene ihre Kritik an der Arbeit des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) auf, das den Herbizidwirkstoff für unbedenklich hält. Der Bundestagsabgeordnete Harald Ebner sagte, es werde immer deutlicher, dass bei der Erarbeitung der BfR-Stellungnahme systematisch Fehler passiert seien. Man fordere die Bundesregierung auf, jetzt dringend eine Untersuchung einzuleiten, die offenlege, wo und mit welcher Motivation die Falschbewertungen von Studien erfolgt seien, und „welche Konsequenzen das Versagen des BfR“ haben müsse. Für seine Parteikollegin Bärbel Höhn sind „die Vorgänge am BfR“ untragbar. Um weitere Risiken abzuwenden, müsse bis zum Vorliegen einer umfassenden, unabhängigen Neubewertung ein Anwendungsmoratorium für Glyphosat verhängt werden.

Erfolg der Verbraucherproteste

Währenddessen kündigten die Baumärkte Bauhaus, Globus, Hornbach, Obi und Toom an, Glyphosat auszulisten. Diese Entscheidung sieht die Umweltorganisation Greenpeace als Erfolg der Verbraucherproteste an. Die Baumärkte erkennen jetzt laut Greenpeace- Agrarreferentin Christiane Huxdorff an, dass sie mitverantwortlich dafür sind, ob „gefährliche Gifte in Gärten und auf Balkone gelangen“. Die Ketten Dehner, Hagebau und Hellweg sollten ebenfalls auf den umstrittenenWirkstoff verzichten. (AgE)
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