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20.02.2014 | 15:43 | Herausforderung Afrika 

Lob für Berliner Bemühungen zu neuer Afrika-Strategie

Kapstadt - Kriegsgräuel in Zentralafrika, Islamisten-Terror in Nigeria, Bürgerkrieg in Südsudan - das sind nur drei der aktuellen Brandherde in Afrika.

Krisen in Afrika
(c) Miriam Böttner - fotolia.com
Hier geht es vor allem darum, das Blutvergießen zu stoppen.

Weil trotz vollmundiger Versprechungen der Afrikanischen Union die Afrikaner militärisch nicht in der Lage sind, die Konflikte aleine zu befrieden, sind überall neben UN-Friedenstruppen französische Einheiten und westliche Militärspezialisten im Einsatz.

Auch Berlin fühlt sich neu gefordert - und sucht dank der Initiative von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei einem Ministergipfel nach einer abgestimmten Afrika-Strategie in der Außen-, Wirtschafts-, Verteidigungs- und Entwicklungshilfepolitik.

«Das war absolut überfällg», betont Afrikaexperte Robert Kappel vom Internationalen Politikinstitut Giga (Hamburg). «Die Papiere vom Außenamt oder BMZ sind voll hehrer Absichtserklärungen, die aber nie umgesetzt wurden», kritisiert Kappel. «Eine Neuaufstellung ist dringend notwendig». Berlin brauche eine «klare Agenda für Afrika».

Dafür scheint die Zeit besonders günstig. Politische Stabilität und starkes Wachstum in vielen Ländern schüren Hoffnungen auf einem Weg Afrikas aus Unterentwicklung und Massenarmut. Länder wie Mosambik, Angola, Nigeria oder Äthiopien glänzen seit langem mit jährlichem Wachstum von mehr als sechs Prozent. Überall werden neue Eisenbahnlinien, Flughäfen und Straßen gebaut. Sogar Länder mit wenig Rohstoffen wie Burkina Faso, Ruanda oder Tansania boomen.

In vielen Staaten wachsen Exporte und Pro-Kopf-Einkommen, es entstehen neue Mittelschichten. Eine, wenn auch bescheidene Industrialisierung hat in Kenia, Äthiopien, Ghana oder Ruanda begonnen. Auch Auslandsinvestitionen nehmen zu. Die Lebenserwartung der Afrikaner steigt, die Analphabetenzahl sinkt.

Dennoch gibt es auch viele Warnungen vor übertriebenem Optimismus. Noch immer basiert der Boom im wesentlichen auf Rohstoffen. Doch Öl-, Gold- oder Kakaoexporte bringen nur wenig Arbeitsplätze. «Jobloses Wachstum» nennen Experten, was in Öl-Staaten wie Nigeria oder Angola geschieht. Vor allem aber produziert Afrika bis auf Südafrika kaum Waren für den Weltmarkt.

Kaum mehr als ein Prozent der Warenproduktion weltweit entsteht in Afrika. «Ohne ein Mindestmaß an Rohstoffveredelung und produzierendem Gewerbe dürfte es in Afrika kaum eine industrielle Revolution nach dem Vorbild Asiens geben», betont der deutsche Ex-Botschafter Volker Seitz.

Zudem bedroht die enorm hohe Geburtenrate jede Entwicklung. Die Bevölkerung Afrikas wächst jährlich deutlich über zwei Prozent. «Acht Millionen neuer Jobs wären im Jahr notwendig, um die sehr hohe Arbeitslosigkeit nicht weiter zu erhöhen und den Drang, nach Europa zu flüchten, nicht noch zu verschärfen», so Kappel.

Der Anteil der Armen in Afrika ist zwar laut Weltbank seit 1990 von 56,5 auf 48,5 Prozent gefallen. Aber die absolute Zahl der Menschen, die von weniger als 1,25 US-Dollar (91 Cent) pro Tag leben müssen, ist wegen der Bevölkerungsexplosion auf 380 Millionen gestiegen.

Viele Länder wie Malawi, Sambia oder Äthiopien versuchen, Armut mit Agrarreformen und -Investitionen zu bekämpfen. Denn riesige, fruchtbare Flächen Afrikas liegen brach oder werden nur schlecht genutzt. Deshalb hängen die meisten Länder von Lebensmittelimporten oder auch  internationaler Lebensmittelhilfe ab.

«Der Kontinent bleibt arm», meinte kürzlich der US-Ökonom David Hale auf einer Konferenz in Kapstadt. Auslandsinvestitionen blieben spärlich, weil die logistischen Kosten mangels Infrastruktur enorm hoch seien, es überall an Energie fehle. «Von einem großen Wandel ist Afrika noch weit entfernt», betonte der Chefökonom des Politik-Instituts IRR (Johannesburg), Ian Cruickshanks.

Afrika mangelt es nicht nur gravierend an Infrastruktur, Energie, Verkehrswegen und Fachkräften. Nicht zuletzt verhindern die herrschenden Eliten - wie in Angola, Mosambik oder Nigeria - dass sprudelnde Rohstofferlöse wirtschaftliche Entwicklung bewirken. Die meisten Afrikaner blieben arm, «weil es einen Mangel an politischem Willen gibt», meinte der Landwirtschaftsfunktionär Nelson Agyemang (Ghana). «Wir haben keine Führungen, die sieht, wie Investitionen in die Landwirtschaft die Armut mindern würde.»

Viele Experten - so der südafrikanische Politologe Moeletsi Mbeki oder die sambische Wirtschaftswissenschaftlerin Dambisa Moyo - beschuldigen unfähige oder korrupte Eliten, für Afrikas Elend verantwortlich zu sein. Deshalb lehnen sie die klassische Entwicklungshilfe des Westens auch mehr oder minder kategorisch ab.

«Wir haben die kargen Ergebnisse unserer Entwicklungshilfe in der Vergangenheit nie richtig auf den Prüfstand gestellt», beklagte auch Kappel. Ein «extrem wichtiger Schritt wäre jetzt die ehrliche Evaluierung unser Entwicklungshilfe.» Daran aber hätten bisher Berlin und die betroffenen Interessengruppen kaum Interesse gezeigt. (dpa)
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