Nach einem Treffen von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) mit seinen französischen und polnischen Amtskollegen, Stéphane Le Foll und Marek Sawicki, am Montag in Berlin wurde deutlich, dass Frankreich eine
Intervention am Markt anstrebt. Schmidt lehnt dies ab. Ein solcher kurzfristiger Eingriff in den Markt könnte zulasten der deutschen Milchbauern gehen, so die Befürchtung.
Die belgischen Bauern sollen indessen für die nächsten sechs Monate für Milch und Schweinefleisch Hilfen bekommen. Darauf hatten sich Vertreter von Bauern, Nahrungsmittelindustrie und Handel nach wochenlangen Verhandlungen verständigt. Danach sollen Bauern pro Liter Milch etwa 2,7 Cent mehr bekommen. Für Milcherzeuger machten die Hilfen insgesamt 46 Millionen Euro aus, für Schweinefleischerzeuger 30 Millionen Euro. Agrarminister Willy Borsus nannte den Kompromiss historisch.
Da die Produktionskosten in Deutschland höher sind als in den meisten anderen europäischen Ländern, könnte ein aus Sicht der deutschen Erzeuger zu geringer Interventionspreis in Europa die Produktion in andern Ländern ankurbeln, während sie in Deutschland stagniere. Dies könnte wiederum einen Preisverfall provozieren. Schmidt sagte, Europas Landwirtschaft sollte in der jetzigen Situation keinesfalls die Produktion hochfahren.
Das Treffen im Weimarer-Dreieck-Format in Berlin diente der Vorbereitung des EU-Agrarministertreffens am kommenden Montag (7. September) in Brüssel. Bis dahin streben die drei Länder eine einheitliche Position an. Man wolle bei dem Treffen konkrete Ergebnisse erzielen, betonten die Minister.
Le Foll und Sawicki machten die Ursache der Krise vor allem im Embargo gegen Russland aus sowie in der rückläufigen Nachfrage aus China. Beobachter gehen davon aus, dass nach dem Auslaufen der
Milchquote im Frühjahr jetzt eine Marktbereinigung stattfindet. Die Milchkrise 2008/2009 sei mit Quote größer gewesen als die heutige.
Schmidt rechnet mit einer befristeten Krise. «Zurück zu einer staatlich regulierten Produktion wollen wir nicht.» Er sieht vor allem in einer befristeten Lagerhaltung sowie in einer Exportförderung und vorgezogenen Direktzahlungen an die Bauern - unter anderem für Natur- und Umweltschutz - Möglichkeiten, die Krise kurzfristig und maßvoll zu beeinflussen. Als Förderexportregionen sind unter anderem Südamerika und der Iran im Gespräch, nicht der afrikanische Kontinent.
Der Minister beklagte einen Preiswettkampf der Discounter zulasten der Milch-Erzeuger. Molkereien und Handel sollten sich - auch mit Blick auf die Erzeuger - «vernünftig verständigen». Allerdings gebe es in Deutschland einen Discounter, der seine Preise nicht weiter senken wolle. Dies sei auch nicht nötig. Denn die stabilen Preise auf dem Bio- und Ökomarkt zeigten, das es derzeit kein Nachfrage-, sondern ein Preiswettkampfproblem gebe.
Vor dem Landwirtschaftsministerium protestierten einige Milchbauern gegen die derzeitige Preispolitik. Nach weiteren Protesten in zahlreichen deutschen Städten treffen sich Milchbauern aus ganz Deutschland an diesem Dienstag zu einer Abschlusskundgebung in München.
«Die Bauern sind schon heiß auf die Aktion», sagte der Präsident der Bundesverbands Deutscher
Milchviehhalter, Romuald Schaber, der Deutschen Presse-Agentur. Unterstützung für die Milchbauern kam vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). «Die Bauern brauchen faire Preise, sonst geht das Höfesterben weiter, und die Tiere werden in immer größeren Ställen konzentriert», sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. «Solche Fehlentwicklungen wirken sich negativ auf die Umwelt und den Tierschutz aus.»