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24.07.2014 | 09:00 | Landtechnik-Branche 

Landmaschinenbauer spüren Russlandkrise

Frankfurt/Main - Die deutschen Maschinenbauer schlagen Alarm: Die Krise in Russland und der Ukraine belastet zunehmend das Geschäft von Deutschlands größter Industriebranche.

Landmaschinen für Russland
(c) proplanta
Sanktionen verschärfen die Lage zusätzlich: Exporte brechen ein, Aufträge werden storniert. «Wir leiden sehr unter der Russland-Krise», sagt der Geschäftsführer eines sächsischen Apparatebauers für Chemie- und Petrochemieanlagen.

Schon zwei Großaufträge habe das Unternehmen verloren, obwohl es das günstigste Angebot unterbreitet habe: «Der Kunde hatte Angst vor einem Embargo: Dass die Maschine bezahlt und fertig ist, aber nicht geliefert werden darf.» Die Aufträge blieben deshalb in Russland. «Und wir müssen sehen, wo auf der Welt wir den Ausfall kompensieren können. Sonst tut uns das weh.»

Überall in Deutschland spüren die größtenteils mittelständischen Betriebe der Schlüsselindustrie die Auswirkungen des Konflikts. «Die Russen würden uns die Maschinen ja gern abnehmen, aber es ist nicht sicher, ob sie zum Zeitpunkt der Fertigstellung überhaupt noch nach Russland ausgeführt werden können», sagt der Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Reinhold Festge, der «Börsen-Zeitung» (Mittwoch). Die Politik in Moskau sage längst: «Gebt den Deutschen nicht mehr so viele Aufträge, gebt sie woanders hin.»

Wegen ihrer traditionell engen Beziehungen nach Russland und in die Ukraine trifft es ostdeutsche Unternehmen besonders hart, sagt Reinhard Pätz, Geschäftsführer des VDMA-Landesverbandes Ost. Die Politik müsse sich im Klaren sein, dass Sanktionen gegen Russland auch heimischen Unternehmen schaden: «Wir müssen davon ausgehen, dass langjährige Lieferbeziehungen und mühsam aufgebautes Vertrauen zwischen den Handelspartnern nachhaltig gestört werden.»

Doch auch andernorts spüren die Betriebe des mit einer Million Beschäftigten größten deutschen Industriezweigs die Folgen des Konflikts. Im ersten Quartal waren die deutschen Maschinenexporte nach Russland zum Vorjahr um 17,2 Prozent eingebrochen. Bei einer VDMA-Umfrage vom Juni gaben zwei von drei Maschinenbauern an, negative Folgen zu spüren. Die Mehrheit berichtete von Auftragsrückgängen aus dem ohnehin schon schwierigen russischen Markt. Auch Zahlungsausfälle machten der Branche zu schaffen.

Der Sprecher eines schwäbischen Komponentenherstellers sagt auf dpa-Anfrage: «Russische Kunden sehen sich nach Alternativen um, gerade in Richtung Asien.» Denn aus China drohten keine Sanktionen. Zudem litten Kunden aus Skandinavien oder Mitteleuropa, die die Komponenten aus Schwaben in Maschinen für den Russland-Export verarbeiten, ebenfalls unter der Krise. Auch das drücke das Geschäft.

Dabei ist die weitere Entwicklung noch gar nicht abzusehen. Festge warnt: Ein hartes Embargo gegen Russland könne die an sich starke Maschinenbau-Konjunktur zu brechen. Denn Russland sei der viertgrößte Exportpartner des deutschen Maschinenbaus.

Dabei sind die Auswirkungen der bisherigen Sanktionen in Unternehmen quer durch die Branchen zu spüren: SAP-Finanzchef Luka Mucic sagte jüngst: «Wir sehen wegen der Krise in der Ukraine derzeit keine massiven Einbrüche, aber auch kein nennenswertes Wachstum in Russland.» Ausfuhrgenehmigungen bräuchten derzeit wegen der verhängten Sanktionen aber ihre Zeit. «Das führt zu Verzögerungen.»

Der DIHK erwartet in Folge der EU-Sanktionen einen Rückgang des Exports nach Russland um 10 Prozent in diesem Jahr. «Damit fallen vier Milliarden Euro weg. Dieser Verlust trifft uns schon», sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.

Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), warnt daher vor einem groß angelegten Wirtschaftsboykott: «Ein Embargo würde bei uns vor allem auf Klein- und Mittelbetriebe in den Branchen Maschinen- und Fahrzeugbau, Elektronische Erzeugnisse, Pharma und Nahrungsmittel zurückschlagen, die im bilateralen Handel dominieren.» 2013 seien das Ausfuhren im Wert von 36,1 Milliarden Euro gewesen: «Wer Sanktionen gegen Russland fordert, setzt nicht zuletzt 300.000 Arbeitsplätze in Deutschland aufs Spiel.»

Es gibt jedoch auch Unternehmen, die noch keine Auswirkungen spüren. Eine Bosch-Sprecherin räumt zwar ein, dass der Technologiekonzern mit der Prognose vorsichtig sein müsse: «Wir rechnen aber nach wie vor mit Umsatzwachstum für das laufende Jahr.»

Bei anderen wirkt sich die Entwicklung in Russland und der Ukraine derzeit zwar schlecht auf das Geschäft aus. Sie halten wie der westfälische Landmaschinenbauer Claas aber trotzdem an ihrem Engagement fest. Firmenchef Theo Freye betont: «Nach wie vor wird dort gesät und geerntet. Die Landwirtschaft in beiden Ländern braucht moderne Landtechnik.» (dpa)
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