Ackerbauern, die Beregnungsanlagen haben, mussten sich entscheiden, welchem Teil ihrer Äcker sie Wasser geben - alle Pflanzen zu versorgen war schlicht nicht möglich. Das vergangene Jahr hat gezeigt: Auch die Landwirtschaft ist vom
Klimawandel betroffen. Eine Tagung an der Uni Vechta greift das Thema am Donnerstag auf.
Anpassungsstrategien der Agrarbranche an den Klimawandel werden von Fachleuten schon seit Jahren diskutiert. Allerdings: Nicht nur die Landwirtschaft ist vom Klimawandel betroffen, sondern die gesamte Gesellschaft, sagt Volker Wachendörfer, der bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt die Abteilung Umweltforschung und
Naturschutz leitet. «Es muss ein Gesamtkonzept gefunden werden, wie man mit dem Klimawandel als einer Bedrohung für die Zukunft umgeht.»
Das heißt, dass sich die Landwirtschaft mit anderen Akteuren an einen Tisch setzen muss - es geht um Fragen der Wassernutzung bis hin zur Landschaftsgestaltung. Wachendörfer wünscht sich einen «offenen Diskurs ohne wechselseitige Schuldzuweisungen». Landwirte, Umweltschützer, Gewerbe, Industrie und überhaupt alle Bürger müssten gemeinsam Verantwortung für Natur und
Landschaft übernehmen. «Landscape Stewardship» nennt Wachendörfer das.
Die Folgen des Klimawandels machen sich bei den Landwirten vor allem in der Betriebs- und Investitionskostenrechnung bemerkbar: Milchbauern klagen über steigende
Futterpreise, Ackerbauern machen sich über ihre Beregnungsanlagen Gedanken und Viehhalter grübeln, wie sie ihren Tieren an heißen Tagen ausreichend
Kühlung verschaffen. Denn Tieren macht große Hitze zu schaffen, sagt Imke Traulsen, die an der Universität Göttingen zu Systemen der
Nutztierhaltung forscht:
«Je länger die Hitzeperiode ist und je höher die Temperaturen, umso anstrengender ist es für ein Tier.» Gerade
Schweinehalter müssten sich verstärkt um Kühlsysteme Gedanken machen. Aber auch
Geflügelhalter müssen darauf achten, dass ihre Tiere keinen
Hitzestress erleiden. Investitionen kosten aber Geld - und das Budget gerade in vielen Familienbetrieben ist knapp, auch weil schärfere Auflagen aus anderen Bereichen ihrerseits Investitionen notwendig machen.
Auf dem Acker müssen die Landwirte nicht nur mit Trockenheit, sondern auch immer wieder mit außergewöhnlichen Wassermassen klarkommen. Denn auch Starkregenfälle haben in den vergangenen Jahren zugenommen: In kurzer Zeit entlädt sich eine gigantische Wassermasse auf einer relativ kleinen Fläche. Dadurch werden Pflanzen geschädigt, die Ackerkrume wird weggeschwemmt.
Doch genau das könnte auch die Lösung für die extreme Trockenheit in den Böden sein, heißt es bei der
Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Indem man etwa die Humus-Schicht auf den Feldern erhöht, trocknet der Boden nicht mehr so schnell aus und hilft Wasser zu speichern. Das wiederum können Pflanzen in Trockenzeiten aufnehmen. Gleichzeitig bietet diese Schicht auch einen Schutz vor dem Wegspülen des Bodens. Aber hier gibt es einen Konflikt mit der neuen
Düngeverordnung, die eine Erhöhung des Humusgehaltes deutlich erschwere.
Auch bei der Bodenbearbeitung gibt es noch Stellschrauben, etwa durch den Verzicht auf den Pflug. Allerdings sehen Experten bei dieser Vorgehensweise derzeit noch Probleme, Ersatz für das hochumstrittene Pflanzenschutzmittel
Glyphosat zu finden. Dieses steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Das Mittel wird benutzt, um Unkraut vor der Saat ohne Aufreißen des Bodens zu beseitigen. Das spart Wasser, weil jede Bodenbearbeitung Wasser verbraucht. Auch die natürliche Bodenstabilität bleibe erhalten, so die Kammer.
Klimarisiken ließen sich auch minimieren, wenn die konventionelle Landwirtschaft wieder alte pflanzenbauliche Tugenden beachten und jedes Jahr die angebaute Kultur wechseln würde, sagt Ansgar Lasar, Klimaexperte der Landwirtschaftskammer. «Wer alles auf eine Karte setzt, läuft auch Gefahr, in Extremjahren alles zu verlieren.»
Durchschnittlich falle übers Jahr gesehen nicht weniger Niederschlag als früher, nur die
Verteilung sei anders. Der Regen aus den Wintermonaten müsse besser gespeichert werden, fordert Lasar. Und da kommen Methoden ins Spiel, bei denen wiederum Landwirte, Naturschützer und Wasserversorger an einem Strang ziehen: Aufgelockerte, begrünte Böden können Wasser besser aufnehmen, Wasser aus Bächen lässt sich im Winter aufstauen.
Dennoch: Diskussionen um die Wasserverwendung dürften zunehmen, sagt Holger Hennies,
Ackerbauer aus Uetze. Er ist auch im Präsidium des Niedersächsischen Landvolks. Ohne Frage stehe der Trinkwasserbedarf für die Bevölkerung oben an. Aber: Kommt der Wasserbedarf für den Garten vor der
Beregnung für die Ernährungswirtschaft? Solche Diskussionen sehe er schon kommen. Eine knappe Ressource müsse aufgeteilt werden. «Da muss die Gesellschaft sagen, welche Prioritäten sie setzen will.»