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13.03.2012 | 14:03 | Metzgerei 

Metzgersterben - Schnitzel und Wurst bald nur noch im Supermarkt?

Berlin/ München - Fast 40 Jahre betrieb Erwin Stangl seine kleine Metzgerei in Eching am Ammersee.

Metzgerei
(c) proplanta
Als im Frühjahr vergangenen Jahres in unmittelbarer Nachbarschaft ein großer Supermarkt öffnete, ließ er für immer die Rollläden herunter. «Das war für mich das Signal, frühzeitig aufzuhören», betont der 63-jährige Metzgermeister.

Für einen Schlachter und einen Supermarkt mit Frischfleischabteilung reiche die Kundschaft in einem Ort wie Eching mit seinen rund 1.600 Einwohnern einfach nicht.

Seine beiden Töchter wollten das Geschäft nicht übernehmen. Auch sonst kam kein Nachfolger infrage. «Unsere Kinder haben attraktivere Jobs mit geregelteren Arbeitszeiten und besseren Verdienstmöglichkeiten.» Durchschnittlich 13 bis 14 Stunden habe er täglich gearbeitet, nicht selten von fünf Uhr morgens an. Oft stand er auch am Sonntag im Geschäft und bereitete die Ware für die kommende Woche vor. «Das ist vielen zu hart.»

Metzger Stangl ist kein Einzelfall. Auch im Weißwurst-Land Bayern geben immer mehr kleinere Betriebe auf. Allein im vergangenen Jahr ging hier die Zahl der Metzgereien um 118 zurück. 1995 gab es dem Deutschen Fleischerverband zufolge im Freistaat noch 5.186, im vergangenen Jahr waren es nur noch 3.875.

Das traditionsbewusste Bayern war von dem schon seit Jahren zu beobachtenden bundesweiten Trend lange ausgenommen. Nun setzt hier eine ähnliche Entwicklung ein, wie sie in vielen anderen Regionen Deutschlands schon länger im Gange ist. Ein besonders starker Strukturwandel vollzieht sich derzeit auch in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Gerade in ländlichen Regionen, wo die kleinen Fleischereien oft die letzten Nahversorger sind, ist die Entwicklung bitter.

Supermärkte bieten längere Öffnungszeiten, große Parkplätze vor der Tür und neben Fleischwaren noch ein breites Sortiment an anderen Produkten. Da können die kleinen Schlachterbetriebe nicht mithalten.

Vielen fehlt zudem der Nachwuchs. «Das Fleischerhandwerk hat bei jungen Leuten im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen ein massives Imageproblem», betont Gero Jentzsch vom Deutschen Fleischer-Verband.

Gab es 1995 bundesweit noch rund 22.000 Fleischer-Fachgeschäfte, waren es im vergangenen Jahr nur noch knapp 15.000. «Und der Rückgang setzt sich weiter fort», prognostiziert Jentzsch. Besonders ausgedünnt ist das Angebot mittlerweile in den Großstädten. So kommen in Berlin nur noch 6 Betriebe auf 100.000 Einwohner. In Hamburg sind es 7. Doch auch im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen sind es nur noch 18, in Niedersachsen 23.

Vergleichsweise gut ist da noch die Versorgung in Bayern oder Baden-Württemberg, mit 50 beziehungsweise 37 Metzgern je 100.000 Einwohnern.

Verstärkt wurde der Verdrängungsprozess vor mehr als 10 Jahren, als auch Aldi & Co. Frischfleisch als SB-Ware in ihre Kühltheken packten. «Der klassische Metzger bekam von da an von zwei Seiten Konkurrenz - von den Supermärkten und Discountern», erläutert Christian Böttcher vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Wer sich behaupten will, müsse noch mehr auf Qualität setzen.

Chancen haben beispielsweise Betriebe, die Markenfleisch oder Bio anbieten. «Die Verbraucher schätzen, wenn bekannt ist, wo das Fleisch herkommt und wie die Tiere gehalten wurden», betont Martin Stock, Geschäftsführer des Fleischerverbands Berlin-Brandenburg.

Dem Fleischer-Verband zufolge spielt auch die Betriebsgröße eine Rolle: Ab einem Jahresumsatz von mehr als 500.000 Euro entwickeln sich die Betriebe durchaus positiv, betont Jentzsch. Dann hätten sie ganz andere Möglichkeiten, in Werbung und Marktauftritt zu investieren. (dpa)
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