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10.02.2016 | 10:01 | Dürrekatastrophe 

Südafrika von Hungersnot heimgesucht

Addis Abeba / Johannesburg - Nach Jahren des Jubels über hohes Wirtschaftswachstum und Fortschritte bei der Armutsbekämpfung in vielen Staaten Afrikas ist ein alter Feind wieder mit voller Wucht zurück auf dem Kontinent: der Hunger.

Dürrekatastrophe in Südafrika
Der Regen bleibt aus, das Vieh verendet, dann hungern auch die Menschen. Am Horn von Afrika und im Süden des Kontinents herrscht derzeit die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten. (c) proplanta
Das globale Klimaphänomen El Niño hat nach Meinung von Experten die schlimmste Dürrekatastrophe seit Jahrzehnten ausgelöst. Mehr als 50 Millionen Menschen sind am Horn von Afrika und im Süden des Kontinents akut von Hunger bedroht.

In Botsuana betet ein Bischof regelmäßig an einem leeren Stausee mit Hunderten Gläubigen für Regen. In Südafrika beten Christen, Hindus und Muslime seit Monaten immer wieder gemeinsam für Regen. Doch auf dem staubtrockenen, rissigen Boden wächst bisweilen nur der Berg an verhungerten Tierkadavern. In Simbabwe verkaufen verzweifelte Bauern ihre Rinder, die oft die Ersparnisse der ganzen Familie sind. Lieber erzielen sie einen mickrigen Preis, als die Tiere sterben zu sehen.

Äthiopien, das bis vor kurzem noch mit jährlichen Wirtschaftswachstum von etwa 10 Prozent von sich Reden machte, ist am schlimmsten betroffen. Dort werden dieses Jahr bis zu 18 Millionen Menschen der rund 95 Millionen Einwohner auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sein, warnen Hilfsorganisationen. Die Regierung kann nur für etwa acht Millionen sorgen. Das Hunger-Frühwarnsystem Fewsnet spricht von der schlimmsten Dürre seit 50 Jahren. Im Norden waren im Dezember bereits mehr als 200.000 Rinder verendet.

«Mehr als 80 Prozent der Menschen sind auf die Landwirtschaft angewiesen», erklärt der Äthiopien-Direktor der Hilfsorganisation Oxfam, Ayman Omer. «Wenn es nicht regnet, beginnen für eine enorme Menge Menschen die Probleme.» Fast alle Regionen seien betroffen.

Vor gut drei Jahrzehnten schockierten Bilder von äthiopischen Kindern mit Blähbäuchen und Menschen, die scheinbar nur noch Skelette waren, die Weltöffentlichkeit. Hunderttausende kamen bei einer Hungersnot ums Leben. Inzwischen sind Regierungen und Helfer in Afrika jedoch besser aufgestellt. Das Schlimmste kann vermieden werden - die nötigen Mittel vorausgesetzt. Für die Äthiopien-Hilfe sind rund 1,4 Milliarden Dollar nötig, doch mehr als die Hälfte fehlt laut UN noch.

Die von El Niño verursachte Dürre wird Menschenleben fordern, das gilt nach Expertenangaben als sicher. In Somalia sind nach Angaben der Vereinten Nationen fast 60.000 Kinder vom Hungertod bedroht, im Krisenstaat Südsudan sind es 40.000 Menschen. Die Opfer verhungern entweder, oder ihre Körper werden durch Mangelernährung so geschwächt, dass schon eine kleine Infektion tödlich sein kann.

Für Äthiopien, wo die autoritäre Regierung alle Informationen kontrolliert, gibt es keine solche Zahl. UN-Experten rechnen dort ohne rasche Hilfe mit bis zu 400.000 «ernsthaft akut unterernährten» Menschen. In Äthiopien werde es kein Massensterben geben, sondern es gehe darum, Leid für Millionen Menschen abzuwenden, erklärt David Del Conte von UNOCHA in Addis Abeba. «Das kann verhindert werden.»

Experten meinen, Äthiopien habe bei der Suche nach immer höherem Wirtschaftswachstum in den vergangenen Jahren manche Weichen falsch gestellt. «Die Regierung hat dem lukrativen Anbau von Nahrungsmitteln für den Export der heimischen Produktion gegenüber Priorität eingeräumt», sagt Emma Gordon von der Risikoberatung Verisk Maplecroft. Viel fruchtbares Land werde kommerziell verpachtet und die Nahrungsmittelproduktion wachse langsamer als die Bevölkerung.

El Niño hat auch das südliche Afrika in eine schwere Dürre-Krise gestürzt. Mehr als 30 Millionen Menschen sind in der Region nach Darstellung der UN-Nothilfeorganisation von Hunger bedroht. Die Dürre ist dort nach Fewsnet-Einschätzung die schlimmste seit 35 Jahren. In Südafrika etwa geht die Regierung davon, 14 Millionen Menschen helfen zu müssen. Seit Beginn der Aufzeichnungen vor über 100 Jahren hat es in dem Staat am Kap noch nie so wenig geregnet wie 2015. Die Ernte des Grundnahrungsmittels Mais in den kommenden Monaten soll rund ein Viertel geringer ausfallen als im ohnehin schwachen Vorjahr.

Um die Auswirkungen abzufedern, muss Südafrika wohl rund 6 Millionen Tonnen Mais importieren. In Nachbarländern wie Malawi und Simbabwe, die normalerweise ihre Lücken mit Importen aus Südafrika füllen, ist der Preis des Grundnahrungsmittels bereits hochgeschnellt. In Lesotho und Swasiland gelten ein Drittel der Bevölkerung als vom Hunger bedroht.

In Simbabwe geht die Regierung davon aus, dass 2,5 Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfe brauchen werden. In der Hauptstadt Harare wird die Trinkwasserversorgung schwierig. Weil der wichtige Kariba-Stausee nur noch 12 Prozent voll ist, können Felder nicht mehr bewässert werden, zudem gibt es stundenlange Stromausfälle.

In Malawi ist die Situation so dramatisch wie seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr. Bereits vor der Dürre galten 47 Prozent aller Kinder als unterernährt, nun brauchen drei Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfe, etwa ein Fünftel der Bevölkerung. Das ganze Ausmaß der Not im südlichen Afrika wird erst nach der Regen- bzw. Erntezeit klar werden. «Die Folgen der Dürre werden erst im April klarer sein», sagt Hein Zeelie von UNOCHA. «Wir wissen, dass die Zahl der Hilfsbedürftigen nochmals signifikant höher sein wird.»
dpa
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