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01.04.2012 | 13:27 | Öko-Landbau 

Steinbrand und Zwergsteinbrand breiten sich aus

Stuttgart - Das Jahr 2011 war zweifelsfrei ein Jahr des Zwergsteinbrandes. Viele Betriebe hatten mit dieser Krankheit zu kämpfen, teilweise war massiver Befall von über 50 Prozent zu beobachten.

Bio-Saatgut
(c) proplanta
Der Steinbrand (Tilletia caries) und der Zwergsteinbrand (Tilletia controversa) spielen im Ökologischen Landbau eine immer größere Rolle. Gerade für die Vermehrungsbetriebe ist dieses Thematik besonders groß, da sie mit der Schadschwelle von 20 Sporen je Korn für Z-Saatgut hohe Anforderungen zu erfüllen haben.

Auch wenn beide Krankheiten stark witterungsabhängig sind, unterscheiden sie sich voneinander. Die wichtigsten Unterschiede:

Der „normale“ Steinbrand (T. caries), auch Stinkbrand, infiziert vorrangig über das Saatkorn. Daher sollten die Landwirte genau wissen, welches Sporenpotential sich am Saatgut befindet. Bei Z-Saatgut gibt es die Grenze von max. 20 Sporen/Korn. Nachbau-Saatgut sollte unbedingt auf Sporenbesatz untersucht sein. Der Infektionszeitraum des Steinbrandes ist die Keimung des Getreides. Trockene Bodenbedingungen und Bodentemperaturen von 5-10° C begünstigen eine Infektion. Alle Bedingungen, die die Keimung des Getreides verlangsamen, fördern eine Infektion mit Steinbrand. Aktuell bestätigte die Steinbrand-Forschung der LfL Bayern, dass der Steinbrand zunehmend auch über den Boden infiziert, was die Bekämpfung erschwert.

Der Zwergsteinbrand (T. controversa) infiziert vorrangig über den Boden. Eine Infektion über das Saatkorn ist ebenso gut möglich. Der Zwergsteinbrand infiziert das Getreide besonders während der Bestockung und war früher nur regional bedeutend. Gerade das Jahr 2011 lässt an diesen beiden Punkten jedoch zweifeln. Der Zwergsteinbrand ist wohl in allen Regionen in Süddeutschland und auch Ostdeutschlands angekommen. Die alte Regel, dass er nur in Lagen über 600 Meter vorkommt, gilt nicht mehr, da 2011 der Befall auch in den „Flachlagen“ anzutreffen war. Wichtige Faktoren für einen Befall sind: trübes Licht (Schneedecke, Nebel), kein Bodenfrost und Temperaturen von 0-10 °C sowie längere Kälteperioden. Der Befall von 2011 lässt sich anhand der relativ langen Schneedecke von Ende November bis Ende Februar erklären. Dass der Boden unter der Schneedecke nicht gefroren war, begünstigte die Infektion.

Im Vergleich zum normalen Steinbrand ist der Zwergsteinbrand vor allem an dem verkürzten Wuchs der Halme im Bestand zu erkennen. Eindeutiges Erkennungsmerkmal sind die Brandbutten in der Ähre. Desweiteren deutet eine bläulich gefärbte und gespreizte Ähre auf einen Befall hin. Die Antheren vertrocknen normalerweise in der Ähre während der Blüte. Dies ist ebenfalls sehr gut zu erkennen.

Gerade in 2011 konnten aber auch einige Fälle beobachtet werden, in denen es auf den ersten Blick unklar war, um welche Art des Steinbrandes es sich handelte. Aufgetreten sind Fälle, wo ein Befall mit Zwergsteinbrand diagnostiziert wurde, die Pflanze in Ihrem Wuchs aber nicht verkürzt war. Hier kann nur eine Laboruntersuchung weiterhelfen. Aus der Literatur ist bekannt, dass beide Arten sich kreuzen können. So könnte auch die Infektion des normalen Steinbrandes über den Boden erklärt werden. Die Bastardisierung muss wissenschaftlich zwar erst noch festgestellt werden, jedoch deuten Hinweise aus der Praxis daraufhin.

Die Liste der Wirtspflanzen ist lang. Weizen, Dinkel, Emmer, Einkorn, Triticale sowie viele Wildgräser einschließlich der Quecke können von der Krankheit befallen werden. Umso mehr ist eine gute Strategie zur Vorbeugung für jeden Betrieb wichtig.

Sauberes Saatgut ist ein Muss. Desweiteren sollten Anbauabstände der Wirtspflanzen eingehalten werden. Der Züchter Dr. Hartmuth Spieß, vom Dottenfelderhof empfiehlt mindestens drei, besser vier Jahre. Der Anbau von Sommerweizen kann für Betriebe mit großen Problemen ebenfalls eine Möglichkeit sein.

Die Genetik der einzelnen Sorten spielt hier eine tragende Rolle. Resistenzen sind sehr schwer zu züchten. Die Sorte „Butaro“ besitzt eine gute Toleranz gegenüber dem Steinbrand. Diese gilt aber keineswegs für den Zwergsteinbrand. Zur Anfälligkeit der Winterweizen läuft derzeit ein Sortenversuch der LfL Bayern. Erste Ergebnisse können im Winter 2012 erwartet werden.

Da der Steinbrand während der Keimung infiziert, kann auch hier der Landwirt eingreifen. Saatzeitpunkt und Saattiefe sind zwei weitere Möglichkeiten. Eine frühe Saat hat den Vorteil, dass die Bodentemperaturen außerhalb des Optimums liegen und von einer schnellen Keimung auszugehen ist. Probleme mit Auswinterung (Schneeschimmel) könnten aber die Folge sein. Ebenfalls wird eine späte Saat empfohlen. Hier herrschen meist feuchte Bodenbedingungen, was ungünstig für den Steinbrand ist.

Generell sollten die Landwirte auf die Wettervorhersage, insbesondere Niederschläge und Bodentemperaturen, achten (Proplanta Agrar-Wetter). Am besten dann säen, wenn von einer zügigen Keimung und schnellem Auflauf ausgegangen werden kann, also Bodentemperaturen um die 10° C und feuchte Bodenbedingungen herrschen. Ebenso spielt die Saattechnik eine große Rolle. Eine flache Saat ist von Vorteil, da es das Auflaufen beschleunigt. Auch über ein Anwalzen ist nachzudenken.

Beim Zwergsteinbrand ist die Sortenwahl entscheidend. Aber auch hier benötigt die Forschung und Züchtung noch Zeit. Generell gilt beim Zwergsteinbrand eine tiefe und späte Saat als vorbeugende Maßnahme.

Bei beiden Krankheiten kann eine Saatgutbehandlung mit Tillecur® vorbeugen. Beim Steinbrand liegt der Erfolg bei über 90 Prozent, beim Zwergsteinbrand bei rund 50 Prozent bzw. darunter. Ein weiteres Problem ist die befalls- und fruchtfolgebedingte Anreicherung der Sporen im Boden, auch durch Stroh. Neueste Untersuchungen zeigen, dass die Sporen bei 37°C in einer Biogasanlage nicht mehr keimen. Die Abfuhr des Strohs kann hier also eine Möglichkeit sein. Eine weitere Option könnte die Biofumigation sein. Der Anbau von Senf oder Ölrettich und das anschließende Mulchen und oberflächige Einarbeiten könnten den Besatz an Sporen im Boden reduzieren. Auch Kompost mit seinem antagonistischen Potenzial kann das Bodenleben anregen und Schaderreger abbauen. Eine tiefe Pflugfurche (20-25 cm) und anschließend flacheres Arbeiten kann ebenfalls zu einem Abbau führen. Strohmatten müssen jedoch vermieden werden.

Eine weitere Option ist die Fruchtfolge. Laut Pflanzenbauberater Wendelin Heilig vom Landwirtschaftsamt Münsingen bringt der Einbau einer Sommerung (Hafer oder Gerste) in die typische Fruchtfolge der schwäbischen Alb (Kleegras-Kleegras-Weizen-Wi.-Getreide) eine Reduzierung von bis zu 80 Prozent.

Fazit: Das Thema Steinbrand bleibt aktuell. Jedes Jahr haben die Berater wie auch die Betriebe mit diesem Thema zu kämpfen. Für das Jahr 2012 ist wegen der Trockenheit im Herbst wieder mit Befall zu rechnen. Ob nun eine späte oder frühe Saat besser war, wird sich in diesem Jahr zeigen, da Saattermine von Mitte September bis Ende Oktober vertreten sind.

Quelle: Stefan Weller (Bioland Beratung) und Dr. Hartmut Spieß (LBS Dottenfelderhof e.V.)
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