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18.04.2013 | 08:21 | Verstoß gegen Umweltschutzbestimmungen? 

Ermittlungen nach schädlichem Pestizid-Einsatz

Rosbach / Friedrichsdorf - Ein Landwirt besprüht sein Rapsfeld mit Pflanzenschutzmitteln, nebenan klagt plötzlich ein Biobauer über Atemnot und Übelkeit. Wurde zu viel oder die falsche Kombination gespritzt? Die Ermittler rätseln noch.

Pflanzenschutzmittel-Einsatz
(c) proplanta
Großeinsatz zwischen Raps und Schafen: Ein Landwirt aus Rosbach (Wetteraukreis) hat mit dem Versprühen von Pflanzenschutzmitteln unfreiwillig für Alarm gesorgt und zahlreiche Rettungskräfte mobilisiert. Etwa 150 Helfer von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten rückten in der Nacht zum Mittwoch teilweise in Schutzanzügen aus, nachdem sich ein benachbarter Bio-Landwirt in Friedrichsdorf (Hochtaunuskreis) gemeldet hatte. Auf seinem Hof hatte er zuvor zwei tote Lämmer entdeckt, er selbst litt plötzlich unter Übelkeit, Atem- und Augenbeschwerden.

Auch bei mehreren Einsatzkräften traten Beschwerden auf, wie die Polizei berichtete. Zwei Beamte und der Bio-Landwirt kamen zur Untersuchung in Krankenhäuser. Auch die Frau und der zweijährige Sohn des Bauern wurden vorsorglich untersucht.

Die genaue Ursache für den Vorfall war der Polizei zufolge zunächst unklar. Im Raum steht nach Angaben eines Sprechers der Verdacht einer fahrlässigen Körperverletzung sowie eines Verstoßes gegen Umweltschutzbestimmungen. Die Polizei hatte zunächst von zwei eingesetzten Insektiziden berichtet, später dann von einem Mittel gegen schädliche Insekten und einem gegen Pilze.

Die Ermittlungen zur Kombination der Mittel und zur Konzentration dauerten noch an, sagte der Sprecher. Ein unabhängiges Labor soll demnach Proben der Substanzen und des Bodens untersuchen. Zu Berichten über angeblichen Zwist zwischen den benachbarten Landwirten machte der Sprecher zunächst keine Angaben.

Dem Chemiekonzerns BASF zufolge handelt es sich bei den vewendeten Mitteln um ein von BASF hergestelltes Präparat gegen Pilzbefall und um ein von BASF vertriebenes Produkt gegen Schadinsekten. Beides seien zugelassene Produkte, die seit vielen Jahren eingesetzt würden. Die gleichzeitige Ausbringung sei üblich. Bisher habe es keinerlei Probleme damit gegeben, sagte eine Sprecherin. Das Unternehmen unterstütze die Behörden bei ihren Ermittlungen.

Der Bio-Hof und eine Straße waren wegen des Vorfalls für mehrere Stunden gesperrt. Gegen Mittag wurde die Sperrung aufgehoben. «Die Familie ist wieder auf dem Hof», sagte der Bürgermeister von Friedrichsdorf, Horst Burghardt (Grüne). Es bestehe keine unmittelbare Gefahr. Zuvor hätten bereits Messungen in der Luft keine Auffälligkeiten ergeben.

Die beiden toten Lämmer sollten Veterinäre in Gießen untersuchen. Nach Angaben des Bürgermeisters und des Hochtaunuskreises kam eines der Tiere aber bereits tot zur Welt.

Die Landtagsfraktion der Grünen appellierte an Agrarministerin Lucia Puttrich (CDU), für Aufklärung zu sorgen. Es müsse geprüft werden, ob gegen die Vorschriften für das Ausbringen von Spritzmitteln in der Landwirtschaft verstoßen worden sei. «Dieser Vorfall muss schnellstmögliche Folgen haben, besonders für die entsprechenden Kontrollen auf den Betrieben sowie für die zukünftige Beratung und die Praxis bei Anwendungen von chemischen Spritzmitteln», sagte die agrarpolitische Sprecherin der Grünen, Martina Feldmayer, laut Mitteilung.

Der Generalsekretär des hessischen Bauernverbandes, Peter Voss-Fels, sagte: «Mir ist der Vorfall unerklärlich. Mit ist kein ähnlicher Fall bekannt.» Ohne weitere Details könne er aber keine Bewertung abgeben. Klar sei nur, dass mit den ersten warmen Frühlingstagen auch die Zeit für Insektizide beginne. Es gehe dabei auch um die Bekämpfung eines Käfers, der sich jetzt explosionsartig vermehre und die Rapsblüte und damit die Ernte bedrohe. Beim Einsatz der Mittel gehöre es «zur guten, fachlichen landwirtschaftlichen Praxis, die Anwendungsbestimmungen zu beachten», sagte Voss-Fels.

Auch der hessische Naturschutzbund (Nabu) betonte, wie wichtig die korrekte Anwendung von Pestiziden ist: «Die bessere Alternative wäre aber, darauf zu verzichten», sagte Nabu-Referent Mark Harthun. Derartige Vorfälle wie jetzt könnten mit einer umweltverträglichen Bio-Landwirtschaft vermieden werden.

Nach Angaben des Giftinformationszentrums (GIZ) für die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen mit Sitz in Mainz ist es sehr selten, dass gleich mehrere Menschen nach dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln über Beschwerden klagen. «Klar steht dann die Frage im Raum, ob die Mittel fachgerecht versprüht worden sind», sagte ein Mitarbeiter. (dpa/lhe)
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