So auch in den größten Anbaugebieten in Bayern, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. Auf den Auslegern dieser Maschinen liegen bäuchlings Männer und Frauen in Reih und Glied, meist aus Osteuropa, und lesen die krummen Früchte auf. Das ist anstrengend, aber auch teuer.
Entlastung könnte eine vollmechanische Erntemaschine schaffen, die fast ohne Arbeiter auskommt, ähnlich wie bei der Ernte von Getreide, Mohrrüben, Spinat und anderem Gemüse.
Der Prototyp einer solchen Maschine ist jetzt erstmals im brandenburgischen Spreewald südöstlich von Berlin unterwegs. Sie hat nur den Fahrer und zwei Helfer zum Trennen der Gurken von Erdklumpen und Steinen, während auf einem Gurkenflieger 24 Saisonkräfte das grüne Gemüse aufsammeln.
Wurden 2012 mit Hilfe von Gurkenfliegern nach Auskunft des Deutschen Bauernverbandes in Bayern 112.000 Tonnen von den Feldern geholt, waren es in Brandenburg rund 40.000 Tonnen und in Nordrhein-Westfalen 7.550 Tonnen. In diesem Jahr wird wegen des kalten und nassen Frühjahrs mit deutlichen
Ernteeinbußen gerechnet.
Die feuerrote High-Tech-Maschine im Spreewald ist nicht völlig neu erfunden worden. «Wir haben in vierjähriger Arbeit eine Tomatenvollerntemaschine umgebaut», sagt Heinz-Peter Frehn, Inhaber eines Agrarbetriebes bei Golßen. Partner waren der regionale Verarbeitungsbetrieb Spreewaldkonserve Golßen GmbH und das Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam-Bornim. Land und EU steuerten die Hälfte der Entwicklungskosten von etwa 750.000 Euro bei.
Frehn will mit der Vollerntemaschine die Marke «Spreewälder Gurken» auch künftig international wettbewerbsfähig halten. Denn ausländische Gurkenkonserven ohne geschützte Herkunftsbezeichnung machen den einheimischen Produzenten das Leben schwer.
«Was ist aber, wenn nach der
Bundestagswahl ein Mindestlohn von 8,50 Euro kommt?», fragt Frehn, der aus dem Rheinland nach Brandenburg kam. «Dann müssen die Kunden für Spreewaldgurken mehr bezahlen.»
Doch der Arbeitgeberverband hält nichts von einem gesetzlich festgelegten Mindestlohn. «Die Lohnfindung muss den Tarifpartnern überlassen bleiben», sagt Hauptgeschäftsführer Burkhard Möller vom Gesamtverband der Deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände.
Der durchschnittlicher Verdienst liege bei Saisonkräften zurzeit bei sieben Euro pro Stunde, bemerkt Möller, der auch Sozialexperte im Deutschen
Bauernverband ist. «Ob sich aber der Gurkenvollernter durchsetzt, hängt von der Wirtschaftlichkeit ab.»
Das sieht Frehn auch so. «Der Vollernter läuft zwar technisch gut, er ist aber noch lange nicht wirtschaftlich, weil er die Pflanzen bei der Ernte herausreißt.» Ein Gurkenflieger fahre dagegen bis zu 30mal über die Felder und könne somit fast alle Einlegegurken ernten.
Aus diesem Grund ist auch von einer High-Tech-Revolution auf den Gurkenäckern in Bayern und Nordrhein-Westfalen nichts zu sehen. Das Experiment mit dem Vollernter im Spreewald werde genau beobachtet, berichtet ein Sprecher des Rheinländischen Landwirtschafts-Verbandes in Bonn. «Aber solange diese Maschine nur ein Drittel der Gurkenflieger schafft, kann sie nicht großflächig eingesetzt werden.» Dasselbe gelte auch für Niederbayern, sagt Klaus Beiswenger, Geschäftsführer der GEO Gurkenerzeugerorganisation Bayern GmbH in Aholming.
«Wir haben hier höhere
Pachtpreise und bessere Böden als im Spreewald. Daher rechnen sich Gurkenvollerntemaschinen nicht, da sie in der Saison nur einmal über ein Feld fahren können.»
Landwirt Frehn sieht sich jedoch als Visionär. «Der Mähdrescher war auch nicht sofort wirtschaftlich. Wir brauchen deshalb neue Gurkensorten, die zur gleichen Zeit abgeerntet werden können», bemerkt der Landwirt. Deshalb will er weitermachen mit seinem High-Tech-Projekt. (dpa)