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13.02.2014 | 08:30 | Gentechnik-Politik 

Verzweifelte Suche nach einer Hintertür beim Genmais

Berlin - Entschlossen gegen den Genmais 1507 gekämpft hat die Bundesregierung bisher nicht. Nach der umstrittenen Enthaltung in Brüssel will Berlin noch Ausnahmen für deutsche Felder erreichen - fragt sich nur wie.

Genmais
(c) proplanta
Im schwarz-roten Koalitionsvertrag steht es kurz und prägnant: «Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an.» Doch schon beim ersten konkreten Fall zeigt sich jetzt, dass CDU, CSU und SPD nicht gerade geschlossen hinter diesem Bekenntnis stehen.

Bei der EU-Entscheidung über die gentechnisch veränderte Maissorte 1507 hat sich die Bundesregierung gerade enthalten - wegen interner Uneinigkeit. Trotzdem will Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) doch noch dafür sorgen, dass der umstrittene Genmais nicht auf deutsche Felder kommt.

Am Tag nach der Brüsseler Abstimmung ist zumindest SPD und CSU sichtlich daran gelegen, die eigene Position noch einmal deutlich zu machen. «Wir wollen keine Gentechnik auf den Feldern», unterstreicht Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt am Mittwoch für die CSU.

«Die SPD-geführten Ministerien haben sich eindeutig gegen eine Zulassung ausgesprochen», hält Parteichef Sigmar Gabriel via Internet fest. Und weist noch darauf hin, wer in der gemeinsamen Bundesregierung einer EU-Genehmigung des Maises 1507 positiv gegenübersteht: die CDU-Seite, namentlich Angela Merkels Kanzleramt und das Forschungsressort.

Nachdem die nötige Stimmenzahl für oder gegen den Genmais am Dienstag bei den EU-Ministern nicht zustande kam, dürfte die EU-Kommission bald eine europäische Zulassung erteilen. Einen Automatismus für deutsche Äcker bedeutet das aber nicht, wie es im Berliner Agrarministerium heißt. Ressortchef Friedrich hat prompt angekündigt, eine Hintertür öffnen zu wollen: «Ich hoffe, dass es uns gelingt, mit einer Ausstiegsklausel den Anbau in Deutschland zu verhindern.» Die könne entweder national oder regional - also für Bundesländer - kommen.

Ob solche Ausnahmen der richtige Weg sind, ist aber auch in Berlin umstritten. «Das hört sich zunächst sehr gut an, ist aber nur die zweitbeste Lösung», argumentiert SPD-Fraktionsvize Ute Vogt. In Brüssel hätten nur einige wenige EU-Mitglieder für den Mais 1507 votiert. Da sei es doch sinnvoller, über Einstiegsklauseln zu reden als über Ausstiegsklauseln für die Mehrheit der Gentechnik-Skeptiker.

Für die Grünen wären Ausnahmeregeln sowieso nur «Beruhigungspillen», wie Gentechnikexperte Harald Ebner sagt. «Genmais wird nicht an Landes- oder Staatsgrenzen haltmachen, weil Pollen, Bienen und andere Insekten sie überqueren.» Die Bundesregierung solle jetzt wirklich ernsthaft prüfen, eine Zulassung noch rechtlich zu stoppen. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft will erst sehen, wie Friedrich die Kanzlerin von regionalen Anbauverboten überzeugen will. In dieser Frage ist sich die schwarz-rote Regierung vorerst nicht einig.

Für Alarmstimmung bestehe aber auch kein Anlass, sagt CSU-Frau Hasselfeldt. «Wer jetzt die Menschen verunsichert und so tut, als würde in Deutschland nur noch Genmais angebaut, zeigt große Ahnungslosigkeit.» Das Bundeslandwirtschaftsministerium geht von einem längeren Prozess aus. Eine erste konkrete Anbau-Zulassung für den Mais 1507, der auch in Tierfutter und Biogasanlagen genutzt werden kann, dürfte es voraussichtlich im Sommer 2015 für Spanien geben. Bis dahin könne es auch Klarheit über Ausstiegsklauseln geben.

Ob sich unter deutschen Landwirten viele Gentechnikfreunde finden, müsste sich ohnehin zeigen. «Unsere Verbraucherinnen und Verbraucher wollen diese Produkte nicht», machte Bauernpräsident Joachim Rukwied gerade bei der Agrarmesse Grüne Woche klar. Und auch bei den Ländern steht eine breite Ablehnungsfront. Im Kreis der 13 Flächenländer sind nur Sachsen und Sachsen-Anhalt prinzipiell offen für den Mais 1507. (dpa)
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