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03.04.2012 | 05:42 | GVO-Freisetzung 

Kartoffeln, Weizen, Gerste - Eine neue Generation gentechnisch veränderter Pflanzen im Freiland

Aachen - In mehreren EU-Ländern beginnen in diesem Jahr Freilandversuche mit neuen gentechnisch veränderten Pflanzen.

Gerste im Freilandversuch
(c) proplanta
In Irland sind es cisgene Kartoffeln mit Resistenzgenen gegen die Kraut- und Knollenfäule, in England ein Weizen, der mit Duftstoffen Läuse abwehrt, und in Schweden Gerste, die Stickstoff besser verwerten kann. Alle Versuche sind Teil von Forschungs- und Entwicklungsprojekten, die  an einer neuen Generation gentechnisch veränderter Pflanzen arbeiten.

Für die britische Zeitung Independent ist es "Gentechnik 2.0" und das erste Beispiel einer neue Generation "ökologischer" gentechnisch veränderter Pflanzen. Gemeint ist ein am Rothamsted Research Institute entwickelter gentechnisch veränderter Weizen, der Schädlinge - in diesem Fall Blattläuse - durch biochemische Signale vertreibt.

Unter Stress bilden Blattläuse bestimmte Duftstoffe (Pheromone), um sich gegenseitig zu warnen und von einer Gefahrenquelle fernzuhalten. Auch bestimmte Pflanzen, etwa Minze oder Hopfen, können diesen Duftstoff bilden. Die Wissenschaftler haben diesen Stoffwechselweg mit gentechnischen Verfahren in Weizen eingebracht: Sein "Geruch" soll Blattläuse davon abhalten, solche Pflanzen zu befallen. Ob das Konzept tatsächlich funktioniert, wird nun im Freiland getestet. Die britischen Behörden haben die Versuche in Hertfordshire nördlich von London für 2012 und 2013 genehmigt.

Auch die Kartoffeln, die auf einem Versuchsfeld in der Nähe von Carlow in Irland ausgepflanzt werden sollen, sind Vertreter einer neuen Generation gentechnisch veränderter Pflanzen. Da sie anders als transgene Pflanzen nur Gene und Genelemente aus der jeweiligen Pflanzenart enthalten, werden sie auch als cisgene Pflanzen bezeichnet.
 
Entwickelt wurde die Kartoffel am niederländischen Agrarforschungsinstitut in Wageningen, wo schon länger an cisgenen Pflanzen gearbeitet wird. Von solchen Pflanzen, bei denen gentechnische Veränderungen innerhalb der jeweiligen Artgrenzen bleiben, erhofft man sich weniger aufwändige Risikoüberprüfungen bei der Zulassung und mehr gesellschaftliche Akzeptanz.

In die cisgene Kartoffel, deren Freisetzung das irische Forschungsinstitut Teagasc beantragt hat, wurde ein Wildkartoffel-Gen übertragen, das eine Resistenz gegen die Kraut- und Knollenfäule vermitteln soll - als Auslöser für die große Hungerkatastrophe in den 1840er Jahren eine in Irland historische Pflanzenkrankheit. Damals starben eine Million Iren, etwa doppelt so viele wanderten nach Nordamerika und Australien aus. Erreger der Krankheit ist Phytophthora infestans, ein pilzähnlicher, äußerst anpassungsfähiger Organismus, der sich sehr schnell ausbreiten und großen Schaden anrichten kann. Gegen die Kraut- und Knollenfäule werden im Kartoffelanbau heute bis zu 15mal im Jahr Pflanzenschutzmittel (Fungizide) ausgebracht.

Der Freiland-Versuch in Irland ist Teil des großen von der EU finanzierten Forschungsverbundes AMIGA, an dem sich Einrichtungen aus 15 Ländern beteiligen und der sich mit den Auswirkungen von gv-Pflanzen auf die Agrar-Ökosysteme beschäftigt. Auch bei der phytophthora-resistenten Kartoffel werden in erster Linie mögliche Auswirkungen auf verschiedene im Boden lebende Organismen untersucht.

Ein weiteres für eine nachhaltige Landwirtschaft wichtiges Forschungsziel ist eine bessere Stickstoffverwertung von Pflanzen. An der Schwedischen Agrarwissenschaftlichen Universität haben Wissenschaftler eine Gerste als Prototyp einer solchen Pflanze entwickelt. Dazu wurden zwei Gene eingeführt, mit deren Hilfe die Pflanzen den Stickstoff aus dem umgebenden organischen Material aufnehmen und effizienter verwerten können. Von 2012 bis 2016 soll diese Gerstenlinie zunächst in der Nähe von Kristianstad, später an weiteren Standorten in Schweden unter Freilandbedingungen getestet werden.

Bis auf Leguminosen, die mit Hilfe von Bakterien den Luftstickstoff erschließen können, sind Pflanzen für ihr Wachstum auf den im Boden gebundenen Stickstoff angewiesen. Dieser ist knapp und muss in Form von synthetischem Dünger oder Gülle zugeführt werden. Vor allem, wenn zu viel davon auf die Felder kommt, kann der Stickstoff nicht vollständig von den Pflanzen aufgenommen werden. Der überschüssige Stickstoff wird als Nitrat aus dem Boden ausgewaschen und belastet die Gewässer. Die Herstellung von Kunstdünger ist zudem energieintensiv. (TransGen)
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