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23.07.2014 | 02:07 | Treibhausgase 

Deutsche Klimaschutzziele in Gefahr

Berlin - Die Stromproduktion aus Braunkohle brummt. Das schlägt sich auch in der CO2-Bilanz nieder. Die Bundesregierung gerät mit ihren Klimazielen zunehmend in Bedrängnis. Die Grünen und Linken fordern ein Einmotten alter Kohlemeiler.

Kohlekraftwerk
(c) proplanta
Ohne zusätzliche Maßnahmen droht die Bundesregierung die angestrebte Reduzierung der Treibhausgase um 40 Prozent bis 2020 deutlich zu verfehlen. Schon nach bisherigem Stand werden es nach Angaben von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nur 33 Prozent weniger im Vergleich zu 1990.

Aber selbst diese Prognose beruht auf teils recht wackligen Annahmen, wie nun aus einer Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter an die Grünen-Umweltpolitikerin Bärbel Höhn hervorgeht. Demnach sind Annahmen zu Wirtschaftswachstum, Ausbau der erneuerbaren Energien und zum Preis für CO2-Verschmutzungsrechte mit Unsicherheiten verbunden.

So wird ein Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent im Jahr unterstellt, zuletzt war es deutlich höher. Brummt die Wirtschaft, wird mehr Energie verbraucht. Die Grünen betonen, dass die Lücke automatisch von sieben auf neun Prozentpunkte wachsen würde, wenn das Wachstum bei 1,7 Prozent liege. Zudem rechnet die Bundesregierung in der der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Antwort bis 2020 mit einem Preis von 14 Euro je Tonne CO2 im EU-Emissionshandel. Derzeit ist es oft nicht einmal ein Drittel. Bis November soll das Kabinett ein Paket beschließen, um gegenzusteuern und die Ziele noch zu erreichen.

«Die Regierung gibt zu, dass ihre Prognose zur CO2-Reduktion bis 2020 auf Sand gebaut ist», kritisierte Höhn. Als eine Maßnahme müsse die Bundesregierung «endlich beginnen die Überkapazitäten bei den Kohlekraftwerken aktiv zu reduzieren». Die Linken-Politikerin Eva Bulling-Schröter forderte «ein Kohleausstiegsgesetz mit verbindlichen Fristen». Schwarzelühr-Sutter betonte: «Wir arbeiten mit Hochdruck daran, zusätzliche Maßnahmen zu identifizieren, um die Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent zu senken.» Hier seien der Energiesektor wie auch die Bereiche Gebäude, Landwirtschaft und Verkehr gefragt.

Was den Emissionshandel angehe, wolle die Regierung, dass so schnell wie möglich Zertifikate dauerhaft aus dem Markt genommen würden, «damit die klimaschädliche Kohleverstromung endlich teurer wird». Der Preis für Verschmutzungsrechte im EU-Emissionshandel ist im Keller - was die Verstromung von Braun- und Steinkohle wirtschaftlich interessanter macht als die des teureren, aber saubereren Erdgases.

Unter den fünf europäischen Braunkohlekraftwerken mit dem höchsten Kohlendioxid-Ausstoß sind vier aus Deutschland. Das ist auf Basis der Emissionen 2013 das Ergebnis einer am Dienstag veröffentlichten Studie, an der unter anderem die Umweltstiftung WWF beteiligt war.

Allerdings hängt dies auch mit der Größe der Anlagen zusammen. So liegt das neue Großkraftwerk Neurath in Nordrhein-Westfalen mit 33,28 Millionen Tonnen CO2 zwar auf Platz zwei - durch einen höheren Wirkungsgrad erzeugt das neue RWE-Werk aber aus der gleichen Menge Braunkohle mehr Energie als ältere Anlagen und stößt weniger CO2 aus.

Das nordrhein-westfälische RWE-Kraftwerk Niederaußem folgt auf Platz drei. Auf Platz vier und fünf rangieren die Vattenfall-Kraftwerke Jänschwalde und Boxberg in der Lausitz. Nur Deutschland und Großbritannien haben jeweils neun Kraftwerke unter den «Top 30» der CO2-Liste. Vorne liegt das polnische Braunkohlekraftwerk Belchatów mit 37,18 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß im vergangenen Jahr.

Allerdings lösten im ersten Halbjahr 2014 in Deutschland erneuerbare Energien Braunkohle als führender Träger bei der Nettostromerzeugung ab, zugleich gab es einen weiteren Rückgang bei der Stromproduktion in Gaskraftwerken. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) plant eine Kraftwerks-Reform und eine Neugestaltung des Strommarktes. Der Bundesverband Braunkohle betonte, der heimische Rohstoff sei sicher verfügbar, er garantiere bezahlbaren Strom und sichere Arbeitsplätze.
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