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01.01.2016 | 15:33 | Yellowstone Nationalpark 

Grizzlybären - geliebt und gefürchtet

Jackson Hole - Es war ein heißer Sommer und ein sehr trockener Herbst in den USA - auch für Grizzlys.

Bär
Grizzlybären sind ein Symbol der nordamerikanischen Wildnis. Lange Zeit bedroht, erholen sich nun die Bestände. Das bringt neue Probleme.
In den Nationalparks im Norden und Westen, wo nach Jahrzehnten des Niedergangs nun wieder mehr der bedrohten Bären leben, bleibt diese Trockenheit nicht ohne Folgen.

Denn die imposanten Allesfresser, deren Nahrung bis zu 90 Prozent aus wilden Früchten und Beeren besteht, finden viel zu wenig Grünzeug, um sich Fett für den Winterschlaf anzufuttern. Die Folge: Sie gehen dorthin, wo Menschen ihre Essensreste hinterlassen. Konflikte sind also vorprogrammiert.

Der riesige, fast 9.000 Quadratkilometer große Yellowstone Nationalpark liegt in Wyoming und touchiert auch Idaho und Montana im Nordwesten der USA. Hier haben sich die Bestände der bedrohten Grizzlys deutlich erholt: Lebten zu Beginn der 80er Jahre weniger als 200 Tiere dort, sind es dank des Gesetzes für Bedrohte Tierarten (Endangered Species Act, ESA) heute wieder 700 bis 1.000. Im Glacier National Park entlang der Grenze zu Kanada leben weitere 900 bis 1000 Grizzlybären, kleinere Bestände gibt es unter anderem im Bundesstaat Washington.

Insgesamt tummeln sich in den weiten nordamerikanischen Wäldern wieder etwa 2.000 Grizzlys, schätzen staatliche Tierschützer. Vor dem großen Siedlungszug gen Westen gab es etwa 50.000 der mächtigen Tiere, um 1950 waren 98 Prozent davon ausgerottet. «1981 oder 1982 hätte ich niemals gedacht, dass wir wieder eine solche Zahl und Verbreitung wie heute erreichen würden», sagt der Nationale Grizzlybär-Beauftragte Christopher Servheen von der US-Behörde für Fischerei und Wildtiere, in einem Interview.

Doch mit der wachsenden Zahl der Bären steigt auch die Wahrscheinlichkeit, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Und nicht immer verläuft dies friedlich. Ein Phänomen, das auch in Deutschland von der Wiederansiedlung der Wölfe bekannt ist.

In Montana gab es in diesem Jahr zahlreiche Fälle, in denen die wesentlich verbreiteteren Schwarzbären, aber auch Grizzlys gefangen und umgesiedelt oder gar getötet wurden. Der Grund: Sie waren mit Menschen - oder vor allem mit deren Nutztieren - in Konflikt gekommen.

Ein Mann wurde im Sommer im Yellowstone Park vermutlich von einem Grizzlybären getötet, ein weiterer entging im Herbst im Glacier National Park mit knapper Not einer Attacke, indem er dem Tier, das ihn bereits ins Gesicht gebissen hatte, beherzt mit der Faust ins offene Maul schlug.

Tödliche Bärenangriffe sind allerdings die absolute Ausnahme - in beiden Nationalparks starben seit ihrer Eröffnung 1875 und 1910 insgesamt weniger als 20 Menschen durch solche Attacken. Doch Konflikte mit Farmern und Tierhaltern nehmen zu.

Derzeit gibt es Überlegungen, die Grizzlys von der Liste der bedrohten Tiere wieder zu streichen. Deshalb setzen sich Tierschützer, etwa von der Organisation «Defenders of Wildlife», intensiv dafür ein, Besucher und Anwohner der Parkregionen aufzuklären. Nicht zuletzt, weil die Zahl der naturliebenden Menschen, die sich im weiteren Gebiet des Yellowstone Parks ansiedeln, stetig ansteigt. «Die Menge der Menschen, die hier her zieht, hätte ich mir zum Start meines Jobs als Biologe nie vorstellen können», sagt ein Mitarbeiter der Behörde für Fischerei, Wildtiere und Naturparks in Montana.

Schnelle Konfliktlösungen, etwa durch Entschädigungen für gerissene Nutztiere, sind notwendig. Noch wichtiger wäre es, wenn Bären dem Vieh oder Menschen gar nicht erst gefährlich würden: Elektrozäune etwa können Bären auf Futtersuche von einer Schafherde abhalten. Bärensprays helfen in Notsituationen. Und für Camper, Wanderer und Einwohner abgelegener Gebiete gibt es spezielle Aufbewahrungsboxen. Aber nicht alles, was als «bärensicher» für teures Geld verkauft wird, ist robust genug. Deshalb testet das Grizzly & Wolf Discovery Center in West Yellowstone solche Produkte.

Patti Sowka von der «Living with Wildlife»-Stiftung arbeitet dort mit und berichtet in einem Blogeintrag, wie das funktioniert: Die Behälter werden mit Leckereien gefüllt, verriegelt und einer Gruppe in Gefangenschaft lebender Grizzlys ausgesetzt. «Wenn der Container nach 60 Minuten Beißen, Ablecken, Rumrollen, Schlagen, Kratzen oder anderen Versuchen, an den leckeren Inhalt zu gelangen, immer noch standhält, hat er den Test bestanden.»

Derartige Produkte seien nicht nur sinnvoll, weil sie sich für Menschen bewährten, sagt Sowka. «Die wichtigste Auswirkung haben sie auf die Bären.» Denn je weniger Bären lernten, dass  Nahrungsmüll eine leicht zu ergatternde Mahlzeit ist, umso weniger suchten danach.

Zugleich dezimiert der Klimawandel bereits heute einige der wichtigsten Futterquellen für Grizzlys: Im Yellowstone Park sind das etwa die Weißstämmige Kiefer, die Cutthroat-Forelle oder auch die Sibirische Erdeule, ein Nachtfalter. Das Verständnis für die Lebensweise der Bären sei also essenziell für ein gutes Miteinander in Zukunft, sagen die Tierschützer.
dpa
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