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02.08.2014 | 15:12 | Dürre 2014 

Kalifornien leidet massiv unter Trockenkatastrophe

Stockton - Es ist Hochsaison für «Pray for Rain»-Schilder im kalifornischen Central Valley. Die «Betet für Regen»-Tafeln stecken in ausgedörrten Vorgärten und an braunen Feldrändern.

Dürre in Kalifornien
(c) proplanta
Es ist Kaliforniens drittes Jahr ohne nennenswerte Regenfälle. Die Meteorologen sprechen von der schlimmsten Dürre nach Trockenkatastrophen um 1923 und Ende der 1970er Jahre. Besonders schlimm trifft es das Tal in der Mitte des Westküstenstaates, wo es im Sommer bis zu 40 Grad heiß wird.

Auf einer Länge von 700 Kilometern wird dort das meiste Obst und Gemüse in den USA produziert. 80 Prozent aller Mandeln der Welt kommen aus dem Central Valley. Mehr als 40 Milliarden Dollar bringen der Verkauf der Agrarprodukte aus dem «Golden State» jährlich ein. Natürlich nur mit künstlicher Bewässerung. Doch der Goldene Staat trocknet immer weiter aus.

«Wir stehen Todesängste aus», sagt der Mandel-Farmer David Phippen. «Es wird richtig schlimm, wenn es im kommenden Winter zum vierten Mal nicht regnet», prophezeit der 64-jährige Kalifornier mit über 550 Hektar Mandelhainen im Familienbesitz. Rund ein Drittel seiner Ernte verkaufe er nach Deutschland. In Kalifornien boomt der Anbau. Mandeln sind dank hoher Verkaufspreise lukrativ, aber auch extrem durstig. Ein einziger Baum braucht an einem heißen Sommertag bis zu 300 Liter Wasser.

Phippen kommt in diesem Dürrejahr noch glimpflich davon. Seine Plantagen liegen in einem der wenigen privaten Bewässerungsbezirke, die den Wasserhahn trotz halbleerer Flüsse und trockener Reservoire noch nicht abgedreht haben.

Die meisten Bauern in Kalifornien erhalten Wasserzuweisungen von Staat und Bund. Die wurden in diesem Jahr erstmals auf ein Minimum gedrosselt.

Wenn das Oberflächenwasser versiegt, greifen die Bauern zur Pumpe. Die Dürre hat einen regelrechten Bohr-Boom ausgelöst. Grundwasser statt Öl. «Brunnenbohrer sind auf acht Monate hin ausgebucht», erzählt Michael Cockrell, Chef der Notdienstzentrale im Bezirk San Joaquin County. «Diese Entwicklung macht uns große Sorgen, denn der Grundwasserpegel sinkt weiter ab.» Seine Task Force ist für Katastrophen zuständig, die Dürre mit ihren bedrohlichen Folgen hat höchste Priorität.

Auch Wissenschaftler der Universität von Irvine schlugen kürzlich mit einer Studie über gravierenden Grundwasserverlust im Westen der USA Alarm. Die Auswertung von Satellitendaten für das riesige Becken des Colorado-Flusses wiesen auf einen drastischen Rückgang der Grundwasserreserven in den vergangenen zehn Jahren hin. Spuren der langen Trockenheit im US-Westen sind überall sichtbar. Die Pegelstände von riesigen Stauseen wie dem Lake Mead im US-Staat Nevada sind auf einen Tiefpunkt gesunken. Zurück bleiben weiße, ausgeblichene Ränder, die sich wie Ringe um das Ufer legen.

Kalifornien zählt zu den wenigen US-Bundesstaaten, die den Grundwasserverbrauch noch nicht regulieren. Die Landwirte haben freie Hand, auf ihrem Grundstück zu pumpen. «Es ist paradox. Wir stecken mitten in einer Dürre, doch die Mandelbauern rechnen mit einer der besten Ernten aller Zeiten», erklärt der Agrarwissenschaftler Brent Holtz von der Universität in Davis. «Diese Dürre ist ein Weckruf für den Staat», glaubt Holtz. Der Gesetzgeber werde klären müssen, ob die Wasserrechte weiter in privater Hand bleiben.

Brunnen bohren und Wasser pumpen kostet die Landwirtschaft allerdings Millionen von Dollar. Viele Bauern bewässern nur noch einen Teil ihrer Felder, der Rest liegt in diesem Sommer brach. Mehr Hilfskräfte, meist Migranten aus Lateinamerika, sind ohne Arbeit. Unterdessen ziehen die Preise für Lebensmittel an. Die ländlichen Regionen Kaliforniens leiden unter einer wachsenden Dürrearmut.

«Frische Sachen leiste ich mir nur noch selten. Erst wenn der Kühlschrank restlos leer ist, gehe ich einkaufen», erzählt Maria Armstrong. Jeden Mittwoch reiht sich die 57-jährige Einwanderin aus den Philippinen vor dem Gemeindezentrum in Tracy in die Schlange der Bedürftigen ein. Seit Juni werden dort «Dürre-Kisten» mit Lebensmitteln kostenlos verteilt. Mehr als 20.000 Hilfspakete will das Sozialamt in diesem Sommer aushändigen. «Solange der Vorrat reicht. Was danach kommt, wissen wir nicht», lamentiert der Sozialarbeiter Giovani Ayong.

Auf Wasserverschwender kommen von diesem Monat an Geldstrafen zu. So dürfen in Kalifornien ab sofort keine Bürgersteige und Einfahrten mehr mit dem Gartenschlauch abgespritzt oder Grünflächen so stark bewässert werden, dass überschüssiges Wasser ablaufen kann. Verstöße gegen die neuen Auflagen können 500 Dollar Strafe pro Tag kosten. Mindestens 20 Prozent ihres Wasserbrauchs sollen die Bürger einsparen.

In der Hauptstadt Sacramento dürfen Hausbesitzer ihre Gärten und Rasenflächen schon seit Beginn der Dürre vor drei Jahren nur an zwei Tagen pro Woche wässern. Nachbarn können Verschwender, die sich nicht an die Vorschriften halten, bei einer Wasser-Hotline denunzieren.

«Die Zahl der Anrufe ist drastisch gestiegen», erzählt Terrance Davis von der Wasserbehörde in Sacramento. «Seit Januar gingen mehr als 10.000 Anrufe ein, verglichen mit knapp 1.000 im vorigen Jahr». Das Amt muss nun mehr Helfer einstellen, die Verwarnungen oder Strafzettel austeilen.

Die Wassersparer in Sacramento haben auch einen neuen Dürre-Slogan parat. «Gold ist das neue Grün», lautet der Schlachtruf. Vertrockneter Rasen sei nicht etwa braun, sondern goldfarben, heißt es auf Hinweistafeln in der Hauptstadt. Die Grasfläche vor dem weißen Capitol, dem Sitz der Regierung, geht mit gutem Beispiel voran. Sie ist schon längst mehr grün. (dpa)
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