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Bodensee aber ist so sauber geworden, dass die Fische in den vergangenen 30 Jahren nicht nur stark geschrumpft, sondern auch weniger geworden sind.
Die Erklärung des Phänomens: Die Ringkanalisation und effiziente Kläranlagen rund um den Bodensee verhindern, dass Fäkalien und landwirtschaftlicher Dünger in den See gelangen. Dünger und Fäkalien enthalten Phosphat - Nährstoff für Pflanzen am Land wie im Wasser.
Algen ernähren Plankton, und Plankton nährt die bekannteste Delikatesse des Bodensees: die Felchen - lachsartige Fische mit Fettflosse. Resultat des niedrigen Phosphatgehalts im Wasser: Kleinere und weniger Felchen. Und auch die Zahl der Raubfische nimmt ab, wenn weniger Beute durch den See schwimmt.
Und noch eine Schuldige gibt es: die Kieselalge. Diese gibt dem Wasser der Gebirgsseen ihre pittoreske blau-türkise Färbung. «Aber die Kieselalge baut Phosphat ab», sagt Gabi Schmidt, Teichwirtin und Landtagsabgeordnete der Freien Wähler. Schön fürs Foto, schlecht für den Fisch. «Ich war dreimal mit den Berufsfischern auf dem See. Wenn man einen Fisch aufmacht, hat der nix im Magen, nix im Darm», berichtet Schmidt. «Die Fische hungern.»
Ende der siebziger Jahre war die Situation noch umgekehrt: Der Phosphatgehalt war so hoch, dass der See umzukippen drohte. Seitdem geht der Phosphatgehalt dank der Umweltvorschriften stetig zurück. Die Leidtragenden sind die Berufsfischer: 2015 war nach den Zahlen des Fischereiverbands Schwaben das schlechteste Fangjahr seit sechs Jahrzehnten.
Für den Bodensee gelte die schärfste Umweltregelung in ganz Europa, sagt Roland Stohr, der Vorsitzende der bayerischen Berufsfischer-Genossenschaft am Bodensee. Rund 47 Tonnen Fisch holten die wenigen verbliebenen bayerischen Berufsfischer 2015 aus dem See.
2011 waren es noch 70 Tonnen. «Auf dem derzeitigen Niveau kann kein Berufsfischer mehr überleben», sagt Stohr. «Die Fänge gehen jedes Jahr um 10 bis 50 Prozent zurück. In den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es schon wieder 40 Prozent weniger.»
Der Fischmangel führt zu einem eigenartigen Phänomen: Die Felchen in den Bodensee-Restaurants stammen inzwischen in vielen Fällen nicht mehr aus dem Bodensee. «Die werden viel aus Polen oder Schweden importiert», sagt der Allgäuer Grünen-Abgeordnete Ulli Leiner. «Das kann ja wohl nicht im Sinne des Tourismus sein.»
Die für die Fischer existenzbedrohende Sauberkeit des Seewassers ruft die Politik auf den Plan. Im bayerischen Landtag wird nun diskutiert, ob nicht die Maschen der Fischernetze verkleinert werden könnten. «Vor fünf Jahren waren die Fische noch größer», sagt der Allgäuer CSU-Landtagsabgeordnete Eberhard Rotter. «Wir wollen flexiblere Lösungen bei den Maschenweiten.»
Die Grünen haben einen konkreten Vorschlag: 36 Millimeter statt 38 Millimeter Maschengröße. «Die Felchen pflanzen sich inzwischen auch bei geringerer Größe fort als früher», sagt Leiner. «Das würde den Fischbestand nicht gefährden.»
Die Grünen haben noch einen Vorschlag. Er setzt bei den Kläranlagen an. Diese filtern das Phosphat zwar nicht restlos aus, doch haben die Fische bisher nichts davon. Denn das geklärte Wasser wird in die tiefen Wasserschichten geleitet, nicht in Oberflächennähe, wo die Felchen schwimmen und fressen. Und so wollen die Grünen versuchsweise UV-behandeltes Klärwasser in Oberflächennähe einleiten.
«Damit würde nicht ein Milligramm mehr Phosphat in den See eingeleitet, aber die Fische hätten mehr Nährstoffe», sagt Leiner. «Wir müssen den Nährstoffgehalt des Sees dauerhaft wieder anheben», sagt Fischer Stohr. Einer «Düngung» des Sees aber widersprechen die Umweltbehörden sehr entschieden. «Keiner von uns will, dass der See wieder dreckig wird», sagt der CSU-Abgeordnete Eberhard Rotter dazu. Aber die Fischerei und die Felchen seien für den Tourismus am Bodensee von großer Bedeutung. «Wir brauchen eine Lösung.»