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01.08.2012 | 20:34 | Waldbrände 

Sibirische Taiga steht in Flammen

Moskau - Russische Forstexperten der Umweltorganisation Greenpeace sprechen wie 2010 von einer «Katastrophe» in dem mit Abstand waldreichsten Land der Erde.

Waldbrand
(c) proplanta
Der seit fast drei Monaten von extremer Hitze und Trockenheit geplagte sibirische Teil Russlands sei durch die verheerenden Feuer teils bis ins Wurzelsystem ausgebrannt. 100 Jahre dauere die Regeneration des einzigartigen Waldgürtels der Taiga.

Schuld hätten die Behörden, die aus den schlimmsten Wald- und Torfbränden der russischen Geschichte vor zwei Jahren nichts gelernt hätten, sagt Greenpeace-Experte Alexej Jaroschenko. Er meint, dass derzeit rund eine Million Hektar Waldfläche in Flammen stehe. Das entspricht etwa dem Elffachen der Größe der Insel Rügen. Und das sei noch vorsichtig geschätzt, betont er.

Neben sibirischen Regionen wie Krasnojarsk und Tomsk, wo Menschen erneut über giftigen Smog und Brandgeruch klagten, wüteten die Feuer auch im Ural und im äußersten Osten Russlands. Regierungschef Dmitri Medwedew musste unlängst eine Krisenlage einräumen. Er sprach auch von Toten, ohne Zahlen zu nennen. Hinzu kämen riesige Ernteverluste.

Angesichts der düsteren Smogbilder aus Städten wie Omsk und Tomsk fühlen sich viele Russen an den Jahrtausendsommer 2010 erinnert. Damals versank auch die Megapolis Moskau wochenlang in einem giftigen Rauchnebel wegen der schweren Torfbrände im Umland.

Greenpeace-Experte Jaroschenko widerspricht den Behörden, die die brennende Fläche mit einigen zehntausend Hektar angeben. Nach Auswertung von US-Satellitenbildern geht er davon aus, dass 10 Millionen Hektar Wald seit Jahresbeginn verbrannt seien.

Die Forstbehörde nennt als Ursache vor allem auch «unsachgemäßen Umgang» mit Feuern. Ohne Rücksicht auf die höchste Waldbrandstufe in vielen Gebieten würden viele Menschen landauf, landab an Lagerfeuern grillen und feiern. Eine echte Kontrolle gebe es nicht.

«Die Beamten lügen ganz eindeutig», sagt Jaroschenko der Nachrichtenagentur dpa. Er wirft ihnen vor, das wahre Ausmaß zu verschleiern. «Viele örtliche Verwaltungschefs setzen lieber nicht die ohnehin sehr begrenzten Kräfte und Mittel ein. Sie warten, bis sich das Problem etwa durch Regen von selbst löst», behauptet er.

Dabei spielen sich in einigen Gegenden Medien zufolge dramatische Szenen ab. Bei Tomsk musste ein Hubschrauber drei Pilzsammler retten, die von Flammen umzingelt waren. Allein in Sibirien waren 12.000 Helfer im Einsatz; landesweit zudem rund 70 Löschflugzeuge, darunter auch von den Luftstreitkräften, hieß es.

Russland steht damit vor dem alten Dilemma. Seit einer von Kremlchef Wladimir Putin trotz Warnungen von Experten durchgesetzten Reform des Waldgesetzes beschäftigt Russland kaum noch Forstarbeiter. Die Lage habe sich in diesem Jahr weiter verschlimmert, schreibt die Zeitung «Nesawissimaja Gaseta». Das Land versinke in einem «flammenden Grauen».

Früher seien in Russland rund 200.000 Beschäftigte der Forstverwaltung im Einsatz gewesen, heute nur noch einige zehntausend. Dabei habe Russland mit 1,2 Milliarden Hektar Forstfläche so viel Wald wie kein anderes Land, schreibt das Blatt.

Zwar betonen Forstexperten wie Erik Walendik von der russischen Akademie der Wissenschaften, dass Naturbrände auch nötig seien, damit sich der Wald erneuern könne. Die kremlkritische Zeitung «Nowaja Gaseta» bemängelt aber, dass es anders als in den USA keine professionelle Überwachung der Feuer und des Waldes gebe.

Weil die Beamten in den Regionen traditionell Verantwortung scheuten, kämen die Feuer immer wieder gefährlich nahe an bewohnte Orte. Und wie so oft, klagt der Moskauer Funktionär und Forstexperte Wladimir Bogatyrjow von Russlands Gesellschaftskammer, begannen die Behörden erst mit großangelegten Löscheinsätzen, nachdem Putin Minister in die Regionen beordert hatte. (dpa)  
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