Kurt Bock ist anscheinend noch immer nicht ganz darüber weg: «Für uns ist das Thema eine große Frustration», gestand der BASF-Chef am Freitag ein. Mehr als einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung, die Gentechnik-Konzerntochter Plant Science aus Europa abzuziehen, machte der 53-Jährige seinem Ärger noch einmal Luft. Es sei eine «Wand aus Interessen» gegen die Technologie aufgebaut worden. Die Verbraucher von der Ungefährlichkeit grüner
Gentechnik zu überzeugen, sei deshalb trotz aller Bemühungen unmöglich gewesen. «Vor dem Hintergrund haben wir gesagt, es reicht», sagte Bock.
Selbst deutsche Gerichte seien bei dem Thema nicht neutral, das habe sich in den milden Urteilen gezeigt, die nach Zerstörungen auf Feldern mit der BASF-Genkartoffel «Amflora» gesprochen worden seien. Jahrelang hatte der Konzern versucht, mit der Kartoffelsorte auf dem europäischen Markt zu landen - vergebens. Die
BASF hält die Erbgutveränderung von Pflanzen dennoch weiterhin für eine Schlüsseltechnologie, wie Bock bei der Bilanz-Pressekonferenz am Konzernsitz in Ludwigshafen betonte.
Nur wenige Kilometer entfernt in Limburgerhof hatte die Tochter Plant Science bisher ihren Sitz. Die Wissenschaftler mussten dort zahlreiche Auflagen erfüllen, damit auf keinen Fall Samen der genveränderten Pflanzen in die Umwelt gelangen können. Das seien nicht die Rahmenbedingungen, die ein Unternehmen wie die BASF brauche, stellte Bock fest. Nun wird das Forschungszentrum Research Triangle Park nahe Raleigh im US-Bundesstaat North Carolina neue Heimat der Plant Science.
Bei den Forschungen hat der Konzern die wachsende Weltbevölkerung im Blick, an deren Ernährung er mit Hilfe genveränderter Agrar-Pflanzen mitverdienen möchte - wie Bock erst im Herbst ausführlich erläutert hatte, als er seine Strategie zur Leitung des weltgrößten Chemiekonzerns vorstellte. Der frühere Finanzchef sitzt seit Mai 2011 auf dem Chefsessel in Ludwigshafen. Wachstumspotenzial sieht er weniger in Europa, sondern vor allem in Schwellenländern wie China und Brasilien.
Der Abzug der Gentech-Sparte aus Deutschland hatte auch für politischen Streit gesorgt und den Grünen als Gegner der Technologie harsche Kritik aus den anderen Parteien eingebracht. Von einem anderen grünen Anliegen, der Energiewende, verspricht sich die BASF dagegen gute Geschäfte - vor allem im Bereich Elektromobilität. Um sich bei der Entwicklung von Grundstoffen für billigere und leichtere Auto-Batterien rasch einen Namen zu machen, geht der Konzern gerade auf Einkaufstour. Erst vor wenigen Tagen wurde der Kauf des Batteriegeschäfts des Darmstädter Chemie- und Pharmaunternehmens Merck bekanntgegeben. (dpa)