«Jetzt wäre noch die Chance da, den Abwärtstrend zu stoppen», sagt der 52 Jahre alte Hamburger Wissenschaftler, der Zusammenhänge zwischen Klimawandel, Sicherheit und weltweitem Konfliktgeschehen erforscht. Niemand könne sagen, was passiere, wenn in ganzen Regionen die Ernten vertrockneten, die Wasserversorgung von Metropolen zusammenbreche oder Überflutungen viele Millionen Menschen zur Flucht zwängen. Es sei denkbar, dass vor allem labile Staaten so «über die Kante getragen werden».
Nur langsam sickert in das Bewusstsein der Öffentlichkeit, dass der
Klimawandel nicht nur eine globale ökologische Katastrophe zu werden droht, sondern auch massive politische Spannungen und Krisen verursachen könnte. Frieden habe auch etwas mit Zufriedenheit, mit materiellem Wohlergehen zu tun, sagt Scheffran. Aus existenzieller Not, Hunger, Umweltkrisen und Instabilität wird vor allem in den nicht selten ohnehin schon von Krieg, rapidem Bevölkerungswachstum und Staatszerfall betroffenen Entwicklungsländern eine explosive Mischung.
In einem Gutachten machte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen schon vor zwei Jahren eine düstere Prognose: «Der Klimawandel dürfte (...) nationale und internationale Verteilungskonflikte auslösen sowie schwer beherrschbare Probleme des Staatenzerfalls, erodierender gesellschaftlicher Ordnung und steigender Gewaltneigung vergrößern», hieß es darin.
Auch die EU legte im vergangenen Jahr ein Dokument vor, in dem der Klimawandel als ein «Bedrohungsmultiplikator» beschrieben wird, dessen Folgen vor allem ohnehin schwache Staaten überfordern könnte. Es gehe «auch um politische Risiken und Sicherheitsrisiken, die europäische Interessen unmittelbar berühren», schrieben
EU-Kommission und EU-Chefdiplomat Javier Solana.
Das Problem des Trinkwassermangels etwa könnte sich für mehrere 100 Millionen Menschen ebenso verschärfen wie die prekäre Nahrungsmittelversorgung - nach neuen Erkenntnissen hungern derzeit eine Milliarde Menschen. Weite Teile Afrikas, Zentralasien, aber auch Süd- und Mittelamerikas seien voraussichtlich besonders betroffen. Vor allzu plakativen Bedrohungsszenarien einer durch den Klimawandel an den Rand des Abgrunds gedrängten Welt sei aber zu warnen, sagte Scheffran. «Es ist noch nicht hinreichend verstanden, wie Menschen in Ausnahmesituationen reagieren.» Wenig wahrscheinlich sei, dass es zwischen Staaten zu großangelegten Kriegen komme. (dpa)