Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
29.01.2009 | 14:06 | Umwelt 

Kommission schließt zwei Umweltschutzverfahren gegen Irland

Brüssel - Die Europäische Kommission konnte zwei seit langem anhängige Verfahren von Verstößen gegen die Umweltschutzvorschriften in Irland abschließen.

EU-Flagge
(c) proplanta
In den beiden Fällen kam es im Jahr 2001 bzw. 2002 zu Urteilen des Europäischen Gerichtshofs. Ein Verfahren bezog sich auf eine Frist aus dem Jahr 1995 für die Erstellung einer vollständigen Liste aller Naturgebiete zum Schutz von Irlands am stärksten bedrohten natürlichen Lebensräumen und Arten als Teil von Natura 2000 – einem europaweiten Netzwerk von Schutzgebieten zur Erhaltung der biologischen Vielfalt.

In dem anderen Verfahren geht es um Maßnahmen zur Regeneration der Pflanzenwelt im irischen Hochland, die seit 1980 aufgrund der Überweidung durch Schafe stark geschädigt wurde. Die Entscheidungen der Kommission folgen auf Irlands Meldung von mehr als 400 wichtigen Naturgebieten sowie den Erlass von Maßnahmen zur Reduzierung der Schafbestände auf ein umwelttechnisch nachhaltiges Niveau.

Umweltkommissar Stavros Dimas erklärte: "Ich freue mich, den Abschluss dieser langwierigen Verfahren dank der Maßnahmen der irischen Behörden ankündigen zu können. Ich möchte diese nun dringend auffordern, ihre Bemühungen in Bezug auf andere wichtige Gerichtsurteile über den Naturschutz in Irland zu verstärken. Nur so können wir dem Rückgang der biologischen Vielfalt Einhalt gebieten."


Kommission schließt Verfahren zu Natura 2000-Beitrag

Irlands Beitrag zum Natura-2000-Netzwerk umfasst 423 Naturgebiete mit einer Fläche von mehr als 13 500 km². Die Kommission konnte somit ein langjähriges Verfahren gegen das Land wegen Verstoßes gegen die Umweltgesetzgebung einstellen.

Im September 2001 wurde Irland vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verurteilt, da es die in der EU-Habitatrichtlinie festgelegte Frist nicht eingehalten hatte: Bis Juni 1995 hätte der Mitgliedstaat der Kommission eine vollständige Liste der Schutzgebiete mit den am stärksten bedrohten natürlichen Lebensräumen, Tier- und
Pflanzenarten vorlegen müssen. Diese Schutzgebiete sollten der Beitrag Irlands zu dem europäischen Netz von Naturschutzgebieten sein.

Irlands Beitrag seit dem Urteil umfasst bedrohte Lebensräume wie Hochmoore, Niedermoore, Kalksteinfelsen, alte Eichenwälder, orchideenreiches Grasland, Machair und Sanddünensysteme sowie die Lebensräume von Arten wie dem Lachs und der Süßwasserperlenmuschel.


Überweidung in Schutzgebieten – Fall abgeschlossen

Die Kommission hat außerdem entschieden, ein zweites Verstoßverfahren gegen Irland wegen Umweltschäden aufgrund von Überweidung durch Schafe einzustellen. Im Juni 2002 hatte der EuGH Irland in zwei Fällen verurteilt: Erstens hatte der Mitgliedstaat das 25.000 ha große besondere Schutzgebiet (BSG) "Owenduff-Nephin Beg Complex“ in der Grafschaft Mayo nicht gegen Erosionsschäden geschützt, die aufgrund der Überweidung durch Schafe entstanden waren.

Zweitens hatte Irland ähnliche Schäden auch in den weitläufigen Lebensräumen des Schottischen Moorschneehuhns nicht vermieden. Somit wurde sowohl gegen die Vogelschutzrichtlinie (Schutz der natürlichen Lebensräume von Wildvögeln) als auch gegen die Habitatrichtlinie (Schutz besonderer Lebensräume) verstoßen.

Durch die Überweidung gehen insbesondere Heideflächen verloren, die das Moorschneehuhn als Nist- und Futtergebiet benötigt. Andere Auswirkungen sind Bodenverlust, teils bis zur Freilegung blanken Gesteins, sowie die Verschlammung und Verschmutzung von Flüssen.
Irland hat seitdem Schritte unternommen, um den Schafbestand in seinen Hügellandschaften zu verringern und weitere Schutzmaßnahmen in den Gebieten "Owenduff-Nephin Beg Complex“ und "Twelve Bens" getroffen, in denen die Schäden durch Überweidung besonders schlimm waren.


EU-Naturschutzvorschriften

Europas Naturschutz beruht auf zwei wichtigen Rechtsakten: der Vogelschutzrichtlinie und der Habitatrichtlinie.

Nach der Vogelschutzrichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Gebiete auszuweisen, die sich als Schutzgebiete zur Erhaltung wild lebender Vogelarten besonders gut eignen. Um festzustellen, ob die Mitgliedstaaten dieser Verpflichtung nachgekommen sind, wertet die Kommission die bestmöglichen verfügbaren ornithologischen Daten aus. Liegen die notwendigen wissenschaftlichen Daten der Mitgliedstaaten nicht vor, werden die länderspezifischen Listen der wichtigsten Vogelgebiete (Important Bird Areas, IBA) der Nichtregierungsorganisation Birdlife International herangezogen. Diese Listen sind zwar nicht rechtsverbindlich, stützen sich aber auf international anerkannte wissenschaftliche Kriterien. Der Europäische Gerichtshof hat die wissenschaftliche Bedeutung dieser Listen anerkannt.

Nach Maßgabe der Habitatrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten für die Erhaltung von Lebensräumen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vorschlagen und diese, nachdem die Kommission die Vorschläge per Entscheidung offiziell angenommen hat, binnen sechs Jahren als besondere Schutzgebiete ausweisen. Zusammen bilden die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die besonderen Schutzgebiete das Natura 2000-Netz, das wichtigste Instrument der EU zur Erhaltung natürlicher Lebensräume und der in ihnen lebenden Tier- und Pflanzenarten.


Rechtsverfahren

Nach Artikel 226 EG-Vertrag ist die Kommission befugt, rechtliche Schritte gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, der seinen Pflichten nicht nachkommt.

Wenn nach Auffassung der Kommission möglicherweise ein Verstoß gegen das EU-Recht vorliegt, der die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens rechtfertigt, richtet sie an den betreffenden Mitgliedstaat ein „Aufforderungsschreiben" (erste schriftliche Mahnung), in dem dieser aufgefordert wird, sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums, in der Regel innerhalb von zwei Monaten, zu äußern.

Je nachdem, wie sich der betreffende Mitgliedstaat in seiner Antwort äußert und ob er überhaupt antwortet, kann die Kommission beschließen, ihm eine „mit Gründen versehene Stellungnahme“ (die zweite und letzte schriftliche Mahnung) zu übermitteln, in der sie klar und eindeutig darlegt, weshalb ihrer Ansicht nach ein Verstoß gegen das EU-Recht vorliegt, und den Mitgliedstaat auffordert, seinen Verpflichtungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums, in der Regel zwei Monaten, nachzukommen.

Kommt der Mitgliedstaat der Stellungnahme nicht nach, kann die Kommission beschließen, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Gelangt der Gerichtshof zu der Auffassung, dass eine Vertragsverletzung vorliegt, wird der säumige Mitgliedstaat aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Nach Artikel 228 EG-Vertrag ist die Kommission befugt, gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, der einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht nachkommt. Aufgrund dieses Artikels kann die Kommission dann den Gerichtshof auffordern, gegen den betreffenden Mitgliedstaat eine Geldstrafe zu verhängen. (PD)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Wirtschaft und Naturschützer machen sich für regionale Rohstoffe stark

 Ikea an Zerstörung von Urwäldern in Rumänien beteiligt

 Leopoldina: CO2-Speicherung auch an Land angehen

 Rewe eröffnet erste rein vegane Supermarktfiliale in Berlin

 Urteil mit Signalwirkung: Klimaklage vor Menschenrechtshof erfolgreich

  Kommentierte Artikel

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken

 Entwaldungsfreie Lieferketten: EU-Kommission zur Klärung aufgefordert

 Bund Naturschutz: Kein kategorisches Nein mehr zum Wolfsabschuss

 Nach Atomausstieg boomen erneuerbare Energien in Niedersachsen

 Umsatzsteuersätze: Union will Reform

 Nachhaltiges Investieren lohnt sich

 Agrarstrukturwandel in Bayern schreitet voran

 Nutrias breiten sich in Mecklenburg-Vorpommern aus - Gefahr für Deiche

 Kanzlerrunde zur Landwirtschaft - Ringen um Entlastungen

 Waschbären-Jagd nicht zielführend