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Bewerbungsgespräch (c) stockyimages - fotolia.com
Dienstag, 19.03.2024
Start-up: Eine gute Idee ist nicht alles

Das Institut für Mittelstandsforschung (IFM) bezifferte die Zahl der Existenzgründungen in Deutschland im Jahr 2014 mit rund 310.000. Dem standen leider auch 348.000 Insolvenzen gegenüber. Nur etwa 10 % der Start-ups gelingt es mit ihrer Idee am Markt tatsächlich Fuß zu fassen. Das Scheitern der meisten Startups basiert auf ähnlichen Problemen. Doch was zeichnet erfolgreiche Start-ups aus?

Der aktuelle KfW-Gründungsmonitor zeigt für das Jahr 2014 eine Gründerquote von 1,8 %. Dies entspricht 915.000 Personen, die sich selbstständig gemacht haben. Existenzgründungen werden sehr häufig aus bestehenden Jobs heraus vollzogen. Der Löwenanteil der Gründer macht sich im Dienstleistungssektor selbstständig, dabei überwiegt der Anteil der wirtschaftlichen Dienstleistungen. Daneben sind die persönlichen Dienstleistungen der zweite große Bereich. Der Handel und das Produzierende Gewerbe halten sich mit rund  18 % bzw. 15 % die Waage.

Gründungen Sektoren
Der Dienstleitungssektor dominiert bei den Gründern. (c) KfW Gründungsmonitor


Im ersten Geschäftsjahr erzielten Vollerwerbgründer in 2014 einen Jahresumsatz von ca. 114.000 Euro. Immerhin zwei von drei Gründern nutzen ausschließlich Eigenmittel als Startkapital für die Firmengründung.

Häufige Fehler und Erfolgsfaktoren

• Fehlende Branchenkenntnisse und Detailwissen

Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und ein bisschen Glück alleine reicht nicht für den langfristigen Erfolg als Start-up. Wer sein(e) Produkt/Dienstleistung an den Mann bringen will, muss in seiner Branche versiert sein. Daran scheitern jedoch bereits 20 Prozent der Unternehmensgründer. Im Optimalfall gelingt es, Marktnischen aufzuspüren und wertvolle Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu erlangen. Gerade in der wichtigen Startphase mangelt es zudem oft an wertvollen Kollegen-, Lieferanten- und Kundenkontakten. Experten raten daher, eine Branche zunächst aus der Angestellten-Perspektive kennenzulernen.

Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) waren Erfinder sogar oft gar nicht in der Lage, ihr eigenes Produkt ausreichend zu umschreiben. Fatal - denn der Verkauf der eigenen Idee ist entscheidend bei der Suche nach Investoren. Außerdem muss das Start-up auch Kunden, Partner oder Journalisten überzeugen können. Darüber hinaus haben viele Existenzgründer ein Marketingdefizit. Eine gute Idee zu haben, ist daher nicht alles. Man muss sie auch kommunizieren können. Wer sein Produkt nicht mit einem Satz definieren kann, sollte die es eigentlich schon hinterfragen.

• Erst an das Produkt, dann an den Kunden denken

Beim Erstellen des Business-Plans sollte zuerst an den Kunden (-> Zielgruppen-Analyse), dann an das/die Produkt/Dienstleistung gedacht werden. Der Nutzen steht an vorderster Position! Oft sind Jungunternehmen so darauf fokussiert Geld zu verdienen, dass sie den eigentlichen Schlüssel zum Erfolg (zufriedene Kunden)  leicht aus den Augen verlieren. Immerhin 44 Prozent der Gründer machen sich keine Gedanken darüber, ob der Kunde das Produkt überhaupt gebrauchen kann. Schuld ist häufig die Euphorie über die eigene Idee - und die vernebelt dann den Blick. Was unterscheidet das Produkt von der Konkurrenz? Wer auf diese Frage keine Antwort weiß, sollte die Finger von der Existenzgründung lassen.

Nicht genug Geld oder zu viel Geld investieren

Zu den größten Fehlern gehört bei Start-ups nach der Devise zu handeln: „Ich muss erst einmal viel Geld investieren, um Geld zu verdienen“ oder „Ich investiere nur ganz wenig, so lange, bis ich ordentlich Gewinn mache“. Wichtig ist, das Gründer-Etat von Anfang an sinnvoll einzuteilen. Nicht gespart werden darf insbesondere an qualifizierten Mitarbeitern und qualitativ hochwertigen Produkten/Leistungen. Diese Faktoren sind später die Gewinnbringer.


Start-up (c) Andrey Popov - fotolia.com
Realistische Ziele fehlen

Gründer sind oftmals von ihrer „genialen“ Idee derart überzeugt, dass sie keinen soliden Wirtschaftsplan aufstellen. Es ist jedoch unabdingbar, realistisch zu denken und sich zwar ambitionierte, aber erreichbare Ziele zu setzen. Laut Gründerreport war die Finanzierung des Unternehmens in rund 30 Prozent der Fälle nicht gut durchdacht. Bei der Finanzplanung denken besonders junge Gründer nicht an ihr eigenes Salär. Ebenso dass ein Kredit oder Versicherungen zu bedienen sind gerät schnell in Vergessenheit.

Doch selbst wenn der Finanzplan auf den ersten Blick solide erscheint, scheitern gerade Neugründer häufig an unvorhergesehenen Ereignissen. Beispielsweise kann ein zu großer Erfolg eines Produktes die Planung umwerfen, wenn zum Beispiel plötzlich zusätzliche Arbeitskräfte benötigt werden. Es empfiehlt sich deshalb die Finanzierung so zu gestalten, dass auf verschiedene Unternehmensverläufe reagiert werden kann. Hat eine erste Finanzierungsrunde geklappt und ist eine Dienstleistung oder ein Produkt schon am Markt etabliert, klappt es leichter mit der Anschlussfinanzierung.

• Glauben, man kann alles alleine machen

Kaum jemand kann eine Firmengründung alleine meistern. Burnout & Co. sind schnell vorprogrammiert. Teams aus drei Gründern funktionieren meist am besten. Es ist wichtig jemanden mit Erfahrung und Know-how an der Seite zu haben. Merke: Wer eine gute Idee hat, ist noch lang kein guter Geschäftsmann! Laut DIHK wurden in 42 Prozent der Fälle kaufmännische Mängel als Grund für ein mögliches Scheitern genannt.

• Miserable Kalkulation

Ein häufiger Anfängerfehler: Der Umsatz wird zu hoch eingeschätzt. In 34 Prozent der DIHK-Berichte wurde dieses Problem deutlich. Viele Gründer glauben, dass andere für ihr Produkt/Leistung auch bezahlen. Im ersten Schritt hilft es oft schon, Freunde und Familie zu fragen, ob sie das Produkt kaufen würden. Damit erreicht man Menschen außerhalb des eigenen beruflichen Umfeldes und kann sich so an die mögliche Käuferschaft annähern.

Mangel an Ehrgeiz

Eine hohe Identifikation mit der eigenen Geschäftsidee ist Prämisse für den langfristigen Erfolg. Sofern diese nicht vorhanden ist, wird ein Gründer kaum die Kraft und Ausdauer aufbringen, sein Unternehmen auch in schwierigen Zeiten mit der nötigen Entschlossenheit zu lenken. Es ist vollkommen normal, dass ein Start-up zu Beginn auch Misserfolge verzeichnet. Anstatt sich von diesen Niederlagen entmutigen zu lassen, analysieren erfolgreiche Gründer die Ursachen und ergreifen stets korrigierende Maßnahmen.

• Mit guten Freunden gründen

Gründungspartner nach der Sympathie auszusuchen ist meist ein schwerwiegender Fehler. Dass dies trotzdem so oft passiert, liegt in der Natur der Sache: Ideen entstehen oft nicht am Schreibtisch, sondern abends beim geselligen Zusammensein. Wenngleich Freunde sich gegenseitig blind vertrauen können, überwiegen in der Geschäftspartnerschaft die Nachteile.


Die spärlich ausgeprägte Gründerkultur in Deutschland, im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA, krankt hauptsächlich daran, dass das Scheitern eines Start-ups hierzulande von der Außenwelt zumeist als Versagen gewertet wird. Eine vergleichsweise hohe Quote erfolgreich verlaufender Existenzgründungen lässt sich innerhalb der Internetbranche verzeichnen. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass Unternehmen in diesem Bereich mit einem relativ geringen Kostenaufwand gegründet und geführt werden können. Zudem lassen sich gerade in jüngster Zeit durch Start-up-Finanzierungen wie dem Crowdfounding potentielle Investoren leichter gewinnen. (proplanta)
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Weiterführende Informationen:
Deutscher Startup Monitor2015 (PDF)
Unternehmensgründungen und Gründergeist in Deutschland (PDF)
KfW-Gründungsmonitor 2015 (PDF)
Bundesverband Startups
Institut für Mittelstandsforschung