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21.06.2009 | 19:52 | Giftpflanzen 

Jakobs-Kreuzkraut - eine Gefährdung besteht nur für Tiere

Freising - Seit Kurzem häufen sich die Meldungen über die hohe Gesundheitsgefahr durch Jakobs-Kreuzkraut (Senecio jacobaea), auch für den Menschen.

Jakobs-Kreuzkraut
Es wird vor einer Gefahr beim Konsum von Kräutertee und selbst von Milch und Honig berichtet. Zudem wird eine explosionsartige Massenvermehrung mit der Entwicklung von gefährlichen Monokulturen beschrieben, die mit allen Mitteln, auch mit Herbiziden, bekämpft werden müssen. Jakobs-Kreuzkraut ist eine ernstzunehmende, einheimische Giftpflanze in der Tierhaltung und Grünlandbewirtschaftung. Eine Belastung von Nutz- und Sport- bzw. Freizeittieren muss mit allen Mitteln vermieden werden. Die direkte chemische Bekämpfung auf Wiesen oder Weiden muss durch kulturtechnische Maßnahmen ergänzt werden. Eine menschliche Gefährdung ist bei normalen Verzehrgewohnheiten nicht realistisch. Vorsicht ist allerdings beim Konsum von Heil- und Gewürzkräutern geboten, da hier ein unbeabsichtigter Verzehr aufgrund von Verwechslungen mit ähnlich aussehenden Pflanzen (z.B. Rainfarn, Wiesen-Pippau, Löwenzahn-Pippau, Habichtskraut, Johanniskraut oder auch Rucola) nicht ausgeschlossen ist.
 
Das Jakobs-Kreuzkraut, auch Jakobs-Greiskraut genannt, gehört zur großen Familie der Korbblütengewächse (Compositae / Asteraceae). Es ist eine Pflanze unserer natürlichen Flora, wie noch 23 weitere Kreuzkraut-Arten (nach W. Rothmaler, 1978).

Je nach Standort gibt es verschiedene Kreuzkraut-Arten:
· das für trockene, magere Standorte typische Jakobs-Kreuzkraut,
· das Wasser-Kreuzkraut (S. aquaticus) ist vorwiegend auf Feuchtwiesen zu finden,
· das Berg- und Alpen-Kreuzkraut (S. subalpinus; S. alpinus) wächst auf frischen bis feuchten Almweiden,
· das Wald-Kreuzkraut (S. sylvaticus) eher auf lichten Waldflächen und
· das Gemeine-Kreuzkraut (S. vulgaris) kommt bevorzugt auf Acker- und offenen Gartenflächen vor.

Die Kreuzkräuter zeichnen sich damit durch ein sehr breites ökologisches Profil aus und können sich an viele Standortbedingungen anpassen. Da sie relativ konkurrenzschwach sind, benötigen sie für die Ausbreitung über flugfähige Samen und zur Etablierung auf neuen Standorten einen offenen Boden. Die typischen gelben Korbblüten werden von Insekten beflogen. Die Samen dienen Vögel und Laufkäfer als Nahrungsquelle. Als artspezifischer Parasit tritt der Jacobsbär (Syn. Karminbär, Blutbär) auf. Die Raupen des Falters ernähren sich vorwiegend von Kreuzkräutern, wodurch sie Giftstoffe aufnehmen und so für ihre eigenen Fressfeinde „schwer verdaulich“ werden.

Kreuzkräuter sind dagegen kein Nahrungsquelle für warmblütige Wild- und Nutztiere. Sie enthalten in allen Pflanzenteilen relativ hohe Gehalte an Pyrolizidin-Alkaloiden (z.B. Senicionin), kurz PA’s genannt. Diese natürlichen Toxine führen zu Lebervergiftungen bei Warmblütlern. Die chronischen Leber- und Stoffwechselschäden sind nicht medikamentös heilbar und können rasch zum Tod führen. Unter den Nutztieren sind die Giftpflanzen speziell für Pferde, Rinder und potentiell auch für Schweine hoch gefährlich. Schafe und Ziegen zeigen eine begrenzte Toleranz in Abhängigkeit von der Toxinaufnahme.
Für das Jakobs-Kreuzkraut wird seit einigen Jahren eine regionalspezifische Ausbreitung festgestellt. Das gilt für natürliche Freiflächen, wie Trockenrasen und Straßenränder, aber auch für Wiesen und Weiden als landwirtschaftliche Nutzflächen.

Beratungsanfragen kommen vermehrt aus dem Bayerischen Wald, aus dem Nürnberger Land und aus schwäbischen Grünlandregionen. Als Ursache für die zugenommene Verbreitung können die zurückliegenden stärkeren Sommertrockenheiten angesehen werden. Auf einem durch Dürre ausgebranntem Grünland können sich die Samen des Jakobs-Kreuzkraut auf offenen Bodenstellen ansiedeln und vermehren. Diese regionale Ausbreitung kann durch eine natürliche, interspezifische Konkurrenz wieder zurückgeregelt werden. Temporäre Veränderungen der Artendichte sind normale Prozesse der Populationsdynamik.


Relevanz für Nutz- und Sport-/Freizeittiere

Auf Wiesen und Weiden gibt es praktisch nur eine Null-Toleranz gegenüber dem Jakobs-Kreuzkraut. Es gibt zwar in der Literatur Grenzwerte für eine tödliche Dosis (40 – 140 g FM/kg, bei Pferd und Rind), aber bereits geringe Aufnahmen können zu bleibenden Leberschäden führen. Obwohl erfahrene Weidetiere ältere Jakobs-Kreuzkraut-Pflanzen selektieren und verschmähen, werden einjährige Jungpflanzen von den Tieren weniger sicher erkannt und teilweise gefressen. Nach der Futteraufbereitung zu Heu oder Grassilage erkennen die Tiere die Giftpflanzen generell nicht mehr. Jakobs-Kreuzkraut hat also weder auf Weiden noch auf Wiesen etwas zu suchen.

Die anspruchslose Giftpflanze lässt sich auf intensiver genutzten Wiesen bei einer mindestens zwei- bis dreimaligen Schnittnutzung rasch zurückdrängen. Auf einer gepflegten und dichten Grasnarbe kann keine Neubesiedelung erfolgen. Auch auf Weideflächen kann die Ausbreitung durch eine sachgerechte Weidepflege durch rechtzeitiges Mulchen vor der Blüte erfolgreich verhindert werden. Besonders wichtig ist es, vorhandene Lücken der Grasnarbe rasch durch Einsaat zu schließen. (LfL)
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