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18.09.2009 | 09:45 | Bundestagswahl 2009 - Agrarpolitik 

Positionen der CDU, SPD, FDP, DIE LINKE und DIE GRÜNEN zum Thema: Agro-Gentechnik (5/6)

Berlin - Der Einsatz der Gentechnik in Öko-Produkten ist gesetzlich verboten und von den Konsumenten nicht gewünscht.

Positionen der CDU, SPD, FDP, Die Linke und Die Grünen zum Thema: Agro-Gentechnik (5/6)
(c) Pressefoto
70-80 % der Gesamtbevölkerung sprechen sich klar gegen die Gentechnik im Essen aus. Studien zeigen ökologische und gesundheitliche Risiken auf. Die ökonomischen Vorteile für die Nutzer der Gentechnik sind insgesamt nicht gegeben. Für die derzeitigen Anwendungsgebiete der Agro-Gentechnik gibt es einfache ackerbauliche Alternativen. Für die Ökologische Lebensmittelwirtschaft entstehen erhebliche Kosten zur Absicherung der Gentechnikfreiheit, ohne das diese Kosten von den Verursachern getragen werden müssen. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hat nachgefragt und die Antworten der Parteien zusammengestellt:


1. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Verursacherprinzip bei der Nutzung der Agro-Gentechnik weit stärker als heute verankert wird?

2. Für welche Grenzwerte setzen Sie sich bei der Kennzeichnung von Saatgut ein?

3. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass bei der Zulassung von GVOs auch sozioökonomische Aspekte Berücksichtigung
finden und unabhängige Wissenschaftler und Studien mit einbezogen werden?

4. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass Fleisch, Milch und Eier von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futterpflanzen gefüttert werden, auch entsprechend gekennzeichnet werden müssen?

5. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass Regionen selbstbestimmt über die Nutzung der Gentechnik entscheiden können?

CDU:
Die Gentechnik bietet in Bezug auf die sichere Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung, die Verbesserung der Lebensmittelqualität und eine umweltfreundliche Versorgung mit Energie- und Rohstoffen große Chancen. Wir wollen sie als Zukunftsoption offen halten und weiter erforschen. Die konkrete Anwendung steht jedoch unter dem Grundsatz: „Sicherheit und Unbedenklichkeit haben gegenüber wirtschaftlichen Überlegungen Vorrang“.

1. Das strenge deutsche Gentechnikrecht verlagert bereits das wirtschaftliche Risiko des Anbaus gentechnisch gezüchteter Pflanzen auf diejenigen, die gentechnisch gezüchtete Pflanzen anbauen.

2. Wir halten die Festlegung von Kennzeichnungsschwellenwerten bei Saatgut durch die EU notwendig. Diese müssen bei Saatgut streng, aber auch realistisch hinsichtlich zufälliger oder technisch nicht zu vermeidender Spuren und der von ihnen ausgehenden Ausbreitungswahrscheinlichkeit von GVO festgelegt werden.

3. Die Zulassung muss in jedem Einzelfall in einem rein an streng wissenschaftlichen Kriterien ausgerichteten Zulassungsverfahren geprüft werden.

4. Wir wollen, dass die Verbraucher Wahlfreiheit haben und sich über die Produktionsmethoden informieren können. Deshalb befürworten wir umfangreiche und aussagekräftige Kennzeichnungsregelungen.

5. Wir lehnen eine gesetzliche oder behördliche Entscheidung über den regionalen Anbau ab. Landwirte in einer Region können aufgrund von freiwilligen Vereinbarungen auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verzichten.


SPD: Für uns hat der Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion Priorität. Wenn 80 % der Verbraucherinnen und Verbraucher den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen und den Einsatz in der Lebensmittelproduktion ablehnen, ist es für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion von zentraler Bedeutung, weiterhin sowohl ökologische als auch konventionell erzeugte Lebensmittel ohne gentechnische Verunreinigungen anbieten zu können.

1. Bereits jetzt verursacht der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen hohe Kosten in der gesamten Lebensmittelkette, weil Warenströme getrennt und Analysen zum Nachweis der gentechnikfreien Produktion erforderlich sind. Wir sehen für die Haftung nach dem Verursacherprinzip weiteren Handlungsbedarf und werden uns für die Weiterentwicklung des EUGentechnikrechts einsetzen. Als Konsequenz aus den Verunreinigungsfällen der Vergangenheit müssen die Möglichkeiten, die Verursacher von Verunreinigungen mit nicht zugelassenen GVO zum Schadenersatz heranzuziehen, verbessert werden.

2. An der Saatgutreinheit wollen wir festhalten. Gerade beim Saatgut als erstem Glied der Produktionskette muss jeder Eintrag von Verunreinigungen verhindert werden, damit eine Anreicherung in der Kette und eine flächendeckende Verbreitung ausgeschlossen werden. Wir halten an der Nulltoleranz gegenüber in der EU nicht zugelassenen GVO fest. Eine Einführung von Schwellenwerten für in der EU nicht zugelassene GVO würde das innerhalb der EU geltende Schutzniveau unterlaufen.

3. Die SPD setzt sich für die Überarbeitung des EU-Zulassungsverfahrens ein. Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen und Folgekosten der Einführung neuer GVO-Konstrukte sowie die Möglichkeiten und Kosten der Kontrolle müssen in die Bewertung einfließen und zur Versagung der Zulassung führen können. Besser überprüft werden muss auch die Unbedenklichkeit für Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt einschließlich der Langzeiteffekte.

4. Wir setzen uns für die Schließung der auf EU-Ebene bestehenden Kennzeichnungslücke bei tierischen Erzeugnissen ein. Mit der „ohne Gentechnik“-Kennzeichnung auf freiwilliger Basis haben wir dazu auf nationaler Ebene die Möglichkeit geschaffen. Sie muss aber durch eine EU-weite Kennzeichnungspflicht für tierische Erzeugnisse ergänzt werden, damit die Verwendung gentechnisch veränderter Futterpflanzen transparent wird.

5. Wir unterstützen die Zusammenschlüsse konventioneller oder ökologischer Erzeuger zu gentechnikfreien Regionen. Wir setzen uns darüber hinaus für eine Verankerung im europäischen und nationalen Recht ein, die Regionen erlaubt, sich in einem demokratischen Verfahren verbindlich zu einer gentechnikfreien Region zu erklären.

FDP: In der Landwirtschaft verpflichtet uns die EU zur Organisation der Koexistenz. Es muss der Anbau von herkömmlich gezüchteten Kulturpflanzen genauso möglich sein wie der Anbau von gentechnisch veränderten Kulturpflanzen.

1. Die FDP setzt sich für das Verursacherprinzip ein. Wer Kosten verursacht, muss dafür auch einstehen. Nach dem von der Bundesregierung erlassenen Anbauverbot für den gentechnisch veränderten Mais MON810 sind für Ökobetriebe durch den GVO-Anbau keine Kosten zu erwarten.

Keine Antworten auf die Fragen 2 - 4.

5. Die FDP setzt sich für die unternehmerische Freiheit der Landwirte ein. Wenn Landwirte auf den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen verzichten wollen, ist das ihre freie unternehmerische Entscheidung und selbstverständlich können sie sich dazu verabreden. Die EU hat inzwischen entschieden, dass politische Entscheidungen zur Gründung sog. "gentechnikfreier Regionen" Landwirte nicht verpflichten können, auf den Anbau von GVO zu verzichten.

Die LINKE: Die LINKE lehnt die Agro-Gentechnik ab. Sie wird von 80 % der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht gewollt, ihnen von den bürgerlichen Parteien, der EU und der WTO allerdings aufgezwungen. Das ist nicht hinnehmbar.

1. Wer verunreinigt hat zu zahlen. Das gilt nicht nur für den anbauenden Betrieb, sondern auch für die Saatguthersteller. Die volkswirtschaftlichen Kosten der Agro-Gentechnik (z.B. erhöhte Logistik, Lagerung, Maschinenreinigung, Analysen, etc.) sind den Nutzerinnen und Nutzern der Agro-Gentechnik ebenfalls in Rechnung zu stellen.

2. Wir lehnen Toleranzschwellenwerte für gentechnische Verunreinigungen im Saatgut ab und beharren weiter auf der so genannten Nulltoleranz..

3. Im bestehenden EU-Zulassungsverfahren müssen bisherige Lücken geschlossen werden. Das betrifft sowohl Transparenz und demokratische Teilhabe am Verfahren, die Einbeziehung sozio-ökonomischer Zulassungskriterien und die Einbindung von unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

4. DIE LINKE setzt sich für eine transparente Kennzeichnung ein. Das beinhaltet vor allem die so genannte Kennzeichnungslücke bei den Produkten tierischen Ursprungs als auch eine transparente Kennzeichnungsvorschrift im Rahmen des neuen deutschen Ohne-Gentechnik-Siegels. Letzteres haben wir zwar im Kern unterstützt, eine unmissverständliche, auf das tatsächliche Risiko bezogene Kennzeichnung wie zum Beispiel „gentechnikfrei gefüttert“ hätten wir für sinnvoller gehalten.

5. Wir unterstützen auf privatwirtschaftlichen Vereinbarungen beruhende gentechnikfreie Regionen und Initiativen. Wir wollen, dass sie sich darüber hinaus verbindlich durch demokratische Entscheidungen zu solchen erklären können. Wir unterstützen eine schon jetzt im Rahmen der Koexistenz zum Schutz der gentechnikfreien Produktion mögliche Änderung des deutschen Gentechnikgesetzes, die verbindliche gentechnikfreie Regionen ermöglichen würde.

DIE GRÜNEN: 1. Verursacher müssen Verunreinigungen vermeiden. Deshalb muss unter anderem der ursprüngliche – von schwarz rot geänderte – §16b des Gentechnik-Gesetzes wieder eingefügt werden, der festgelegt, dass Verunreinigungen und Schäden durch gentechnisch veränderte Organismen gar nicht erst auftreten dürfen. Dies würde ausdrücklich ausschließen, dass Landwirte Verunreinigungen bis zu einem bestimmten Kennzeichnungsschwellenwert in Kauf nehmen müssen. Die Verursacher müssen die Kosten für Analysen auf gentechnische Verunreinigung tragen. Auch wenn es rechtlich sehr schwer ist, diese Frage zufriedenstellend zu lösen, kann erreicht werden, dass der Verursacher zumindest die Kosten dann übernehmen muss, wenn eine gentechnische Verunreinigung nachgewiesen wurde. Zusätzlich wollen wir, dass diejenigen, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen oder freisetzen, verpflichtet werden, regelmäßig Tests durchzuführen.

2. Als Grenzwert muss die Nachweisgrenze gelten. Wenn Landwirte nicht gekennzeichnetes Saatgut kaufen, müssen sie davon ausgehen können, dass dies keine gentechnisch veränderten Bestandteile enthält. Die Reinhaltung des Saatguts beziehungsweise die strikte Kennzeichnungspflicht für GVO-haltiges Saatgut ist eine entscheidende Voraussetzung für den Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion.

3. Wir kämpfen für eine Verbesserung des EU-Zulassungsverfahrens für gentechnisch veränderte Organismen, vor allem hinsichtlich der Einbeziehung unabhängiger Wissenschaftler und Studien sowie sozioökonomischer Aspekte. Zu Letzterem zählen der ökonomische Nutzen, die sozioökonomischen Risiken, die Kosten, die gentechnikfrei wirtschaftenden Betrieben bei der Vermeidung von Verunreinigungen entstehen, aber auch zum Beispiel sozioökonomische negative Aspekte, die durch Patente auf gentechnisch verändertes Saatgut auftreten.

4. Mit Hilfe der Grünen konnte ein Beschluss des EU-Parlaments erreicht werden, nachdem die Gen-Kennzeichnungslücke für tierische Produkte im Rahmen der Novelle der Verordnung zu neuartigen Lebensmitteln geschlossen werden soll. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Regierungsvertreter Deutschlands sich bei den anstehenden Verhandlungen in den EUGremien für die Schließung dieser Lücke aussprechen.

5. Die Grünen begrüßen es, dass sich immer mehr Landwirte in gentechnikfreien Regionen zusammenschließen. Damit diese Regionen sich wirkungsvoller gegen unerwünschten kommerziellen Anbau, aber auch gegen Freisetzungsexperimente einsetzen können, befürworten die Grünen eine rechtliche Stärkung dieser Regionen im Gentechnik-Gesetz. Schon heute aber können Bund, Länder und Kommunen – wenn sie denn wollten - gentechnikfreie Regionen besser als bisher vor einem unerwünschten Anbau von Genpflanzen schützen, ohne dass eine Änderung des EU-Rechts notwendig wäre.

Statement BÖLW:
CDU und FDP verkennen, dass bereits heute hohe Kosten für die ohne Gentechnik arbeitenden Unternehmen entstehen, auch wenn es in Deutschland selbst keinen nennenswerten Anbau gibt. Alle anderen Parteien setzen sich dafür ein, das Recht so zu verbessern, dass die entstehenden Kosten besser den Verursachern zugeordnet und von diesen eingefordert werden können. SPD, Linke und Grüne fordern einen Kennzeichnungsschwellenwert bei Saatgut an der Nachweisgrenze. Die CDU ist für einen höheren Schwellenwert legt sich aber nicht fest. SPD, Linke und Grüne setzen sich für die Einbeziehung sozio-ökonomischer Kriterien in die Zulassungsverfahren ebenso ein wie für eine Kennzeichnung von Produkten tierischen Ursprungs, bei denen die Tiere mit gentechnisch verändertem Futter gefüttert wurde.

Die Antwort zu beiden Themenkomplexen ist bei der CDU schwammig und unkonkret. Die FDP antwortete auf die entsprechenden Fragen gar nicht. SPD, Linke und Grüne befürworten eine gesetzliche Verankerung gentechnikfreier Regionen während CDU und FDP dies ablehnen.

Alle Möglichkeiten gesetzlich zu regeln, dass die Kosten den Verursacher zugeordnet und von diesen erstattet werden, müssen ausgeschöpft werden. In jedem Fall kann gesetzlich sicher gestellt werden, dass der Verursacher die Kosten übernehmen muss, wenn eine gentechnische Verunreinigung nachgewiesen wurde. Gerade beim Saatgut als erstem Glied der Produktionskette muss jeder Eintrag von Verunreinigungen verhindert werden, damit eine Anreicherung in der Kette und eine flächendeckende Verbreitung ausgeschlossen werden. Deshalb brauchen wir zwingend eine Kennzeichnungsschwelle für Saatgut an der Nachweisgrenze. Das EU-Zulassungsverfahren für GVO muss reformiert werden. Vor allem muss die Zusammensetzung der Wissenschaftler in der EFSA ausgewogen sein und sozio-ökonomische Aspekte müssen in die Zulassungsentscheidung einfließen. Die Möglichkeiten, um gentechnikfreie Regionen gesetzlich zu verankern müssen jetzt geschaffen bzw. ausgeschöpft werden. (Pd)
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