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29.08.2019 | 00:04 | Grundwasserschutz 
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Brüssel macht Druck im Nitrat-Streit und Bundesregierung will liefern

Brüssel - Im Streit mit der EU-Kommission um Nitrat im Grundwasser reichen die Pläne der Bundesregierung für strengere Dünge-Regeln noch nicht aus.

Düngeregeln
Umweltschützer fordern seit langem, Wiesen und Felder weniger zu düngen, damit nicht so viel Nitrat im Grundwasser landet. Auch nach einem Abstecher der zuständigen Ministerinnen nach Brüssel ist die Gefahr einer millionenschweren Klage noch nicht gebannt. (c) proplanta
Es sei ein «konstruktives» Treffen gewesen, teilte EU-Kommissar Karmenu Vella am Mittwoch nach einem Treffen mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) auf Twitter mit. Weitere dringende Arbeiten und rechtliche Verpflichtungen seien aber nötig.

Kommt die Bundesregierung den Forderungen nicht rechtzeitig nach, droht eine millionenschwere Klage am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Bis September soll nun die vollständige Antwort Berlins an Brüssel folgen.

Brüssel und Berlin streiten seit Jahren über den Grundwasserschutz. Dabei geht es vor allem um Gülle und anderen Dünger auf den Feldern. Dadurch gelangt Nitrat in den Boden, das wichtig fürs Pflanzenwachstum ist und Menschen erstmal nicht schadet. Zu viel davon kann die Natur aber aus dem Gleichgewicht bringen. Zudem können aus Nitrat gesundheitsgefährdende Nitrite entstehen.

Im Juni 2018 hatte der EuGH Deutschland deswegen schon einmal verurteilt. Die Bundesrepublik habe über Jahre hinweg zu wenig gegen Überdüngung mit Gülle und Verunreinigung des Grundwassers durch Nitrat unternommen, urteilten die Richter damals. Sie bezogen sich allerdings auf ältere Düngeregeln, es ging um Versäumnisse vor 2014. Im Jahr 2017 hatte Deutschland die Vorgaben für die Landwirte dann verschärft. Die EU-Kommission machte jedoch klar, dass dies aus ihrer Sicht nicht ausreicht.

In der vergangenen Woche verständigten sich das Bundeslandwirtschafts- und das Bundesumweltministerium dann bei einem Treffen mit Bundesländern und Verbänden auf neue Vorschläge zu Pflichten für Bauern, die Düngermenge zu dokumentieren, auf längere Sperrfristen und striktere Vorgaben an Hängen.

«Wir sind auf dem richtigen Weg mit den Maßnahmen, die wir mir den Ländern vereinbart haben», sagte Schulze. Es müsse im Detail aber noch eine Menge nachgeliefert werden, etwa wissenschaftliche Belege. «Das ist uns sehr deutlich gemacht worden, wir müssen einen detaillierten Plan vorlegen (...), was wir genau tun in Deutschland, um unser Trinkwasser sauber zu halten», sagte sie.

Bundesagrarministerin Klöckner mahnte hingegen, dass auf die Bauern «ganz große Anstrengungen» zukämen. «Ich werde die Landwirte da nicht alleine lassen.» Es komme auf eine gute Gesamtlösung an. Zudem mahnte sie an, dass auch in den Bundesländern einiges geschehen müsse.

Einige hätten schon entsprechende Verordnungen vorgelegt, andere noch nicht. Die Bundesländer müssen ihre «roten Gebiete» ausweisen, also eine Übersicht über belastete Gebiete erstellen - das ist für die EU-Kommission ein wichtiger Punkt. Niedersachsen kündigte etwa an, am 10. September entsprechende Karten vorzulegen.

Politisch ist das gesamte Thema extrem umstritten, weil das Umweltministerium für den Schutz des Bodens und des Wassers zuständig ist, aber das Agrarministerium für die Dünge-Vorgaben.

Kritik kam von Verbänden und den Grünen. «Die Bundesregierung spielt ein extrem riskantes Spiel mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler», sagten Bettina Hoffmann, Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion für Umweltpolitik, und Friedrich Ostendorff, Sprecher für Agrarpolitik.

«Wenn es dazu kommt, dass Deutschland künftig täglich Hunderttausende Euro an Strafzahlungen nach Brüssel überweisen muss, trägt insbesondere Julia Klöckner die Verantwortung dafür, weil sie hartnäckig einen effektiven Wasserschutz verweigert.»

«Die zusätzlichen Vorschläge für Düngebeschränkungen (...) werden keine ausreichende Wirkung für den Schutz der Wasserressourcen entfalten, solange die zuständigen Kontrollbehörden diese nicht überprüfen können», sagte der Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen, Karsten Specht. Zentral sei dafür die Einführung eines flächendeckenden und transparenten Überwachungssystems mit digitaler Datenübermittlung.
dpa
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Kommentare 
Paul schrieb am 09.09.2019 13:48 Uhrzustimmen(1) widersprechen(1)
Bei einer Viehbesatzobergrenze von einer Großvieheinheit/Hektar wäre die Welt wieder in Ordnung.
Dulijä schrieb am 06.09.2019 00:13 Uhrzustimmen(1) widersprechen(8)
Obwohl kein Fachmann, aber kann es nicht sein, dass die Mega-Ställe nicht über die ausreichende Fläche zur Gülleausbringung verfügen?
Kleine, sprich normale Ställe haben meist auch die ausreichenden Flächen dafür.
Ein Stall mit 200 Tieren macht halt entsprechend viel Gülle, zumal die Tiere das ganze Jahr nur im Stall stehen und auf Dir saftig grünen Weiden gucken dürfen.
Ein Stall mit 20 Tieren, die sogar noch den Sommer über auf der Weide verbringen dürfen, verteilen den Gülleanteil so viel unschädlicher.

Aber es ist wie überall: Wer nicht vergrößert und noch mehr vergrößert, der muss aufgeben. Damit konzentriert sich das Gülleproblem meines Erachtens wenig Ausbringfläche.
Matonieri, B. schrieb am 29.08.2019 15:48 Uhrzustimmen(7) widersprechen(3)
Hoffentlich ist den Entscheidungsträgern der EU klar, dass Überdüngungssünden lange nachwirken können. Je nach Tiefe der Grundwasservorkommen und Art der anstehenden geologischen Formationen kann das Nitrat 10 bis weit über 30 Jahre brauchen bis es im Trinkwasser ankommt. Es ist nicht damit getan das Düngerecht zu verschärfen. Wir brauchen Zeit.
So wie es nahezu 3 Jahrzehnte brauchte bis die Agrarverwaltung auf die alarmierenden Nitratwerte im Trinkwasser reagierte, so lange wird uns das Nitrat mindestens noch beschäftigen, auch wenn wir ab heute den N-Eintrag auf ein ökologisch vertretbares Maß reduzieren. Es ist noch einiges an NO3 in der Pipeline.
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