Sie teilte vergangene Woche mit, dass hierzu gegen Deutschland ein
Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet worden sei, da die Sonderregeln der Mehrwertsteuer-Pauschalierung nicht nur für Kleinbetriebe, sondern auf alle Betriebsformen in der
Landwirtschaft angewendet würden. Dies führe zu großen Wettbewerbsverzerrungen im EU-Binnenmarkt. Berlin werde jetzt zwei Monate Zeit gegeben, die Regeln entsprechend anzupassen; anderenfalls werde das Vertragsverletzungsverfahren ausgeweitet, erklärte die Kommission.
Die EU-Mehrwertsteuerrichtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten, eine pauschale Mehrwertsteuerregelung für landwirtschaftliche
Betriebe anzuwenden. Demnach können diese für die von ihnen verkauften Produkte und erbrachten Dienstleistungen einen Pauschalbetrag in Rechnung stellen; dieser beträgt in Deutschland für die landwirtschaftlichen Umsätze 10,7 %. Im Gegenzug dürfen die Landwirte keinen Vorsteuerabzug geltend machen.
Diese von der EU gebilligte
Ausnahmeregelung ist allerdings vor allem für
Kleinbetriebe gedacht, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuervorschriften auf administrative Schwierigkeiten stoßen würde. Deutschland wende die Pauschalregelung jedoch standardmäßig auf sämtliche landwirtschaftliche Betriebe an, so die Kritik aus Brüssel, obwohl die Schwierigkeiten bei großen landwirtschaftlichen Betriebe nicht gegeben seien.
Für die
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) kommt der „Angriff“ der
EU-Kommission auf die Vorsteuer-Pauschalierung nicht überraschend. Dieser habe jedoch große Auswirkungen für die Betriebe, die bisher von den Vorteilen der Anwendung der Vorsteuerpauschale profitiert hätten, erklärte die ISN. Sie wies auch darauf hin, dass der Bundesrechnungshof das Bundesfinanzministerium schon im November 2015 dafür gerügt habe, die Vorsteuerpauschale falsch zu berechnen.
Den jährlichen Steuerausfall für den Fiskus hatten die Prüfer damals auf 200 Mio. Euro veranschlagt. Der
Rechnungshof hatte die Vorsteuerbelastung anhand eigener Berechnungen auf 9,3 % und damit um 1,4 Prozentpunkte niedriger geschätzt als den Durchschnittssatz. Es sei zu befürchten, so die
ISN, dass sich die Landwirte demnächst wohl oder übel von diesem Steuervorteil verabschieden werden müssten.