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13.07.2019 | 00:03 | Flächenfraß 

Flächenverbrauch bleibt Streitthema in Bayern

München - Beim Dauerstreitthema Flächenverbrauch bleiben die Fronten zwischen der Staatsregierung und den Grünen im Landtag verhärtet.

Agrarflächen
Knapp ein Jahr spielte das Thema Flächenverbrauch in der bayerischen Politik kaum noch eine Rolle. Wer jedoch glaubte, dass der Dauerstreit von Regierung und Grünen einfach vergessen ist, der irrt. (c) proplanta
Während die Oppositionsfraktion weiterhin - und wie bei dem vor einem Jahr vor Gericht gescheiterten Volksbegehren - eine fixe Obergrenze von fünf Hektar für den täglichen Flächenverbrauch fordert, lehnt die Koalition von CSU und Freien Wählern dies nach wie vor kategorisch ab. Sie setzt hingegen darauf, dass mit freiwilligen Maßnahmen der Kommunen in etwa dieselbe Zielgröße erreicht wird.

Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann bezeichnete die Vorgehensweise der Staatsregierung als gescheitert - deshalb müsse man die «Notbremse» ziehen. Um den Druck auf CSU und Freie Wähler zu erhöhen, legte er am Freitag in München einen Gesetzentwurf vor, der verfassungsfest sei und eine Reduktion des Flächenverbrauchs bis 2026 in Etappen auf besagte fünf Hektar pro Tag zum Ziel hat.

Sollte die Regierung den Entwurf nicht ernst nehmen, drohte Hartmann mit einem neuen Volksbegehren. Man werde jetzt die Diskussionen im Parlament abwarten und dazu auch eine Expertenanhörung beantragen. Aber sollten die Zahlen für den Flächenverbrauch weiter nach oben gehen und sich seitens der Regierung konkret nichts tun, werde man im Herbst mit den Bündnispartnern über ein neues Volksbegehren reden.

Die Debatte um den Flächenverbrauch in Bayern ist alles andere als neu. Vor ziemlich genau einem Jahr, am 17. Juli 2018, hatte der Bayerische Verfassungsgerichtshof das von einem Bündnis initiierte Volksbegehren - an dem sich neben den Grünen auch der Landesbund für Vogelschutz und die ÖDP beteiligt hatten - wegen formaler Mängel für unzulässig erklärt. Zuvor hatte das Bündnis rund 48.000 Unterschriften gesammelt - doppelt so viele wie notwendig.

Der Gesetzentwurf, den die Grünen daher nun zusammen mit Juristen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig erarbeitet haben, sieht folgendes vor: Der Flächenverbrauch soll für das Jahr 2021 auf zehn Hektar pro Tag begrenzt werden, jedes Jahr um einen weiteren Hektar sinken und im 2026 bei nur noch fünf Hektar pro Tag liegen.

Grundidee ist, dass den Kommunen Flächenbudgets zugewiesen werden - wobei überörtliche Planungen etwa für Bundesstraßen diese kommunalen Budgets nicht belasten sollen. Auch ein Kontingent für Härtefälle, Notlagen und überregional bedeutsame Projekte soll es geben, das die Flächenkontingente der Kommunen ebenfalls nicht belasten soll.

Ein weiterer Punkt: Grundlage für die Zuteilung der Budgets soll die Einwohnerzahl sein - wobei kleinere Kommunen im Vergleich zu größeren Kommunen mehr Quadratmeter pro Jahr und Einwohner zugeteilt bekommen sollen. Die Kommunen selbst sollen ihre Budgets ansparen können oder - etwa über sogenannte Entsiegelungsmaßnehmen oder die Rücknahme von Bebauungsplänen - ihre Budgets selber wieder vergrößern können.

Noch bevor die Grünen Details zu ihren Plänen veröffentlichten, gab sich Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) skeptisch: «Strikte Flächenkontingente je Kommune sind aber nicht zielführend und würden viel Streit auslösen, es gibt keine gerechte oder praxistaugliche Formel», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. Auch die Koalition strebe einen Flächenverbrauch von rund fünf Hektar pro Tag an - aber nur als Richtwert und nicht als starre Obergrenze. Derzeit liege er bei zirka zehn Hektar täglich.

Aiwanger sieht in der Debatte zudem eine unnötige Panikmache, da unter den zehn Hektar auch der Bau von Grünanlagen, Parks, Photovoltaikflächen und Fußballplätzen falle. «Ziemlich genau die Hälfte dieses jetzigen Flächenverbrauchs ist wirklich versiegelt, also zubetoniert.» Gleichwohl müssten der Neubau von Straßen, etwa umstrittene Umgehungsstraßen, genau unter die Lupe genommen werden.

Ähnliche Kritik an den Plänen der Grünen kam auch von der FDP. «Indem die Grünen ständig von «Betonflut» und «ungezügeltem Flächenfraß» sprechen, schüren sie wider besseren Wissens Emotionen», sagte der kommunalpolitische Sprecher der Fraktion, Alexander Muthmann.

Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) warf den Grünen vor, sich wie ein «Zuchtmeister der bayerischen Gemeinden und Städte» aufzuführen. «Das werden wir nicht hinnehmen.» Auch sei der Gesetzentwurf aller Voraussicht nach verfassungswidrig, weil ein solches Gesetz massiv in die Planungshoheit der Gemeinden eingreifen würde. Unklar sei zum Beispiel auch, wie kontrolliert werden solle, ob die Gemeinde sich an die Festsetzungen hält. «Der Gesetzentwurf verspricht den Bürgerinnen und Bürgern eine Scheinlösung», so Brandl laut Mitteilung.

Erreichen wolle die Staatsregierung die Reduzierung nicht über Verbote, sondern ein intelligentes Management, betonte Aiwanger. «Wir müssen Flächen sparen, ohne Wohnungsbau und Gewerbeansiedlung zu verhindern. Bayerns Bevölkerung und Wirtschaft wächst.» Um den Bedarf an Flächen dennoch decken zu können, müsse mehr in die Höhe als in die Breite gebaut werden. «Wir brauchen ein Leerstandsmanagement in allen Kommunen, um zu klären, ob ein neues Baugebiet zwingend sein muss oder ob wir innerorts optimieren können.»
dpa/lby
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