Auch das Tierfutter etwa für Rinder droht knapp zu werden, weil auf den
Wiesen nicht ausreichend Gras wächst.
Grünen-Chef Robert
Habeck forderte, Prämien für Landwirte daran zu koppeln, dass eine bestimmte Viehzahl pro Hektar Land nicht überschritten wird. «Passiert das nicht, wird es zu sehr radikalen Schritten kommen müssen, nämlich einer Obergrenze der Viehhaltung», sagte der schleswig-holsteinische
Agrarminister der «Welt», etwa zwei Rinder pro Hektar Land.
Widerspruch kam vom Bauernverband. «Diesen Vorschlag halten wir für nicht zielführend», sagte Präsident
Joachim Rukwied der Deutschen Presse-Agentur. Entscheidend sei, dass die Zahl der Tiere zur Region passt und die Nährstoffkreisläufe stimmten - damit ist etwa die Entsorgung der
Gülle gemeint.
«Im Übrigen setzt die neue
Düngeverordnung dem
Tierbestand bereits seine Grenzen», fügte Ruckwied hinzu. Deutschland hat Ärger mit der EU, weil die Nitratwerte im
Grundwasser zu hoch sind - eine Folge von
Überdüngung in der Landwirtschaft. Umweltschützer bewerten auch die verschärften Regeln, die seit 2017 in Kraft sind, als zu lasch.
Der
Bauernverband zieht andere Schlüsse aus dem Sommerwetter: «Die derzeitige
Dürre zeigt uns, dass wir neuen Züchtungsmethoden gegenüber aufgeschlossen sein müssen, um beispielsweise hitze- und trockenheitsresistentere Sorten anbauen zu können», sagte Rukwied. Gemeint ist die sogenannte «Genschere» Crispr/Cas9, die ermöglicht,
Erbgut von Pflanzen präziser, schneller und günstiger zu verändern.
Am kommenden Mittwoch soll der Europäische Gerichtshof darüber urteilen, inwieweit bestimmte Anwendungen dieser Methode unter die strengen Auflagen des europäischen Gentechnikrechts fallen.
Berichte über Höfe, die Rinder wegen Futtermangels vorzeitig schlachten, kommentierte der Verband der
Fleischwirtschaft eher zurückhaltend. Dies könne bei Rindern vorkommen, deren wesentliche Futtergrundlage aus Raufutter wie Stroh oder Heu bestehe. «Bei Kühen scheint dies seit einigen Wochen der Fall zu sein. Die wöchentlichen Schlachtzahlen für Kühe liegen seit Anfang Juni über den Vergleichswerten des Vorjahres», teilte der Verband mit.
Wegen der Trockenheit wuchs vor allem im Norden und Osten deutlich weniger
Grünfutter für Rindvieh, wie es vom Bauernverband hieß. Der stellvertretende Generalsekretär des Verbandes,
Udo Hemmerling, sagte: «Die Viehhalter müssen jetzt entweder auf Futtervorräte vom Vorjahr zurückgreifen, Futter zu hohen Kosten zukaufen oder den Viehbestand durch vorgezogene Schlachtungen reduzieren.» Er betonte auch: «Die Landwirte müssen sehr schwierige Krisenentscheidungen treffen. Der Begriff «Notschlachtungen» ist jedoch nicht passend, weil gesunde und genährte Tiere geschlachtet werden, dies aber früher als geplant.»
Wegen der Dürre in vielen Teilen Deutschlands rechnet der Bauernverband mit deutlichen Einbußen bei der
Getreideernte - allerdings mit großen regionalen Unterschieden. Über Hilfen für die betroffenen Bauern wollen Bund und Länder im August entscheiden, ein erstes Treffen soll es aber schon Ende Juli geben.
Das Wetter macht aber nicht nur Viehhaltern und Getreidebauern zu schaffen. So blicken viele
Gemüsebauern mit Sorge auf ihre Bewässerungssysteme. «Es fehlt an Regen. Aber es ist für den gewerbsmäßigen
Gemüseanbau noch nicht bedrohlich», sagte der Geschäftsführer der Bundesfachgruppe Gemüseanbau im Zentralverband Gartenbau, Jochen Winkhoff.
Für die Bewässerung ihrer Gewächshäuser nutzten Anbauer riesige Regenwassersammelbecken, die sich wegen des fehlenden Niederschlags leerten. Auch im Freilandgemüsebau sei die Lage vielerorts angespannt, weil das Wasser auch aus Flüssen entnommen wird und dort die Pegelstände sinken.