Am kommenden Donnerstag wird in Brüssel im ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere,
Lebensmittel und
Futtermittel der EU voraussichtlich die Entscheidung über die Zukunft des Pflanzengiftes
Glyphosat fallen. Die
EU-Kommission schlägt vor, Glyphosat für weitere 5 Jahre zuzulassen.
„Landwirtschaftsminister
Christian Schmidt muss bei der entscheidenden Sitzung mit Nein stimmen“, fordert BN Landesbeauftragter Richard Mergner. Enthält sich Deutschland bei der Abstimmung erneut, ist eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten gegen die Zulassung kaum zu erreichen. Die EU-Kommission wird dann das umwelt- und gesundheitsschädliche Herbizid aller Voraussicht nach zulassen - und in fünf Jahren würde wieder über eine weitere Verlängerung der Zulassung diskutiert.
„Es wäre eine unverantwortliche Entscheidung, wenn CSU-Minister Christian Schmidt jetzt nicht das Votum des EU Parlaments für ein klares Auslaufen der Glyphosatzulassung respektieren würde“, so Mergner, „denn dann schadet die derzeitige Mehrheitspartei in Bayern nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Image der bäuerlichen Familienbetriebe.“
Aktueller Abstimmungsmarathon
In der letzten Oktoberwoche gab es im
Umweltausschuss sowie im Plenum des EU-Parlaments klare Entscheidungen für ein endgültiges Auslaufen der Glyphosat-Zulassung innerhalb von drei bis fünf Jahren. Doch das EU Parlament ist in diesem Fall nur beratend tätig. Entscheidend ist die Abstimmung im ständigen EU-Ausschuss, in dem die Mitgliedstaaten Sitz und Stimme haben.
Am 25.Oktober erhielt der dortige Vorschlag der Kommission auf eine erneute 10 jährige Zulassung von Glyphosat nicht die erforderliche Mehrheit. Jetzt soll erneut abgestimmt werden, über eine 5 jährige Verlängerung mit der Option auf ein danach erfolgendes Neuzulassungsverfahren.
Die Entscheidungen im Ausschuss werden mit einer sog. qualifizierten Mehrheit gefasst, die mindestens 65 % Bevölkerungsanteil und 55 % der Mitgliedsstaaten berücksichtigt.
Bei der Abstimmung im EU Parlament hatten die bayerischen EU Parlamentarier*innen der CSU Albert Deß, Angelika Niebler und Monika Hohlmeier gegen den Ausstieg innerhalb von 5 Jahren votiert, Markus
Ferber sich enthalten, und Manfred Weber war bei der Abstimmung nicht anwesend. Auch die Abgeordnete der Freien Wähler aus dem Allgäu, Ulrike Müller, positionierte sich massiv für den weiteren Glyphosateinsatz.
Dagegen stimmten die Abgeordneten der
SPD Maria Noichl und Ismail Ertug sowie der Abgeordnete der ÖDP, Klaus Buchner sowie Barbara Lochbihler von den Grünen für ein schnelles Verbot von Glyphosat. Die Abstimmungsergebnisse der bayerischen EU Abgeordneten der anderen Parteien finden Sie in der Anlage.
Hintergrund
Glyphosat ist das meist verbrauchte Unkrautvernichtungsmittel, das auf ca. 40% der Ackerflächen in Deutschland zum Einsatz kommt. Es findet sich inzwischen in vielen Oberflächengewässern (und teilweise sogar im Grundwasser) und ist in Böden stabiler als lange angenommen. Auch in
Lebensmitteln werden zunehmend Rückstände von Glyphosat und seinem Abbauprodukt AMPA nachgewiesen. In die allgemeine
Diskussion kam das Mittel, weil es im Verdacht steht, krebserregend für den Menschen zu sein.
Gemeinsam mit anderen Herbiziden hat es zum Verschwinden nicht nur des von Landwirten unerwünschten Aufwuchses, sondern auch vieler
Wildkräuter in der Agrarlandschaft geführt. Glyphosat steht für die Intensivierung der
Landschaft, die wegen des Kostendrucks zu den billigsten Maßnahmen greift, und da ist Spritzen vordergründig billiger als der Einsatz von Grubber, Schälpflug oder Stoppelhobel. Doch die Kehrseite ist ein mangelndes Nahrungsangebot in der Feldflur, nicht nur für
Bienen sondern auch z.B. für Schmetterlinge, Feldlerche oder Rebhuhn.
Von den über 550 in Deutschland beheimateten Wildbienenarten, dazu gehören auch unsere für die
Bestäubung so wichtigen Hummeln, sind laut „Roter Liste“ mittlerweile 197 Arten gefährdet, 31 vom Aussterben bedroht und 42 Arten stehen auf der Vorwarnliste. Auch andere Insektenarten gehen in Anzahl und Masse teilweise dramatisch zurück. So haben Untersuchungen im norddeutschen Tiefland gezeigt, dass dort seit 1989 die Masse der Insekten um durchschnittlich 76 % abgenommen hat.
Die Bestände des Rebhuhns sind seit den 1980 Jahren nach europäischen Erhebungen um erschreckende 95% zurückgegangen. Ursache ist neben dem Verlust von Brutplätzen auch der Insektenmangel in der Feldflur.
In den letzten Monaten wurde offenkundig, dass
Monsanto, das das Herbizid Glyphosat erstmals auf den Markt brachte, in engstem Austausch mit US-Genehmigungsbehörden stand. In der EU wurden Passagen aus den Anträgen der Firmen nahezu wortgleich, aber ohne Kenntlichmachung, in offizielle Bewertungen der Behörden (z. B. des Bundesinstituts für Risikobewertung) übernommen.