Mit einem Traktorkorso und einer Resolution haben mehrere hundert
Bauern in Hannover bei einer Agrartagung mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Dienstag gegen schärfere Regeln auch zum Ausfahren von
Gülle protestiert. Mit Dutzenden Traktoren fuhren die Landwirte vor Schloss Herrenhausen vor, um gegen die von Klöckner und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (
SPD) geplante neue
Düngeverordnung zu demonstrieren, die dem
Grundwasserschutz dienen soll.
«Düngerecht wirken lassen statt verschärfen», stand auf einem Transparent, «Ohne uns werden Sie nicht satt» auf einem anderen, und auf einem Schild an einem Traktor hieß es «Bauern Sündenbock für alles». Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke drückte Klöckner eine Protestresolution in die Hand.
«Ministerin Klöckner ist in der Vorgehensweise zu weit gegangen, ihre verschärften Vorschläge zur Düngeverordnung sind völlig überzogen», sagte Schulte to Brinke. Die 2017 erst überarbeiteten Düngeregeln zeigten bereits positive Wirkung. Ein erneutes Verschärfen könne dazu führen, dass in Niedersachsen jeder fünfte Hof aufgibt. Klöckner und Schulze sollten ihren Vorschlag zurückziehen und der
EU-Kommission die Erfolge der derzeitigen Düngeverordnung offensiv und deutlich kommunizieren.
Die
Nitratbelastung im
Grundwasser liegt in Deutschland an vielen Stellen über dem EU-Grenzwert, Berlin hat deswegen Ärger mit Brüssel.
Nitrat gelangt hauptsächlich über Dünger aus der Landwirtschaft, etwa Gülle, ins Wasser und kann dort Tieren und Pflanzen schaden. Auf Druck der EU muss Deutschland seine erst 2017 geänderten Düngeregeln für Bauern erneut nachjustieren. Nach dem bisherigen Plan der Bundesregierung sollen von Mai 2020 an noch strengere Regeln gelten.
Eine konkrete Einigung liegt aber noch nicht auf dem Tisch. Agrar- und Umweltministerium konnten daher nicht wie von der EU-Kommission verlangt bis Sonntag zusätzliche Vorschläge nach Brüssel melden. Einige wenige ausstehende Detailfragen müssten in den kommenden Tagen noch geklärt werden, hieß es.
In der niedersächsischen
CDU war bereits am Wochenende deutliche Kritik an der Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung und an Klöckner laut geworden. Zum Auftakt der Agrartagung weigerten sich Klöckner und ihre niedersächsische Amtskollegin Barbara Otte-Kinast (CDU) zunächst, öffentlich zu dem Düngeprotest der Landwirte vor den Türen des Tagungsortes Stellung zu nehmen. «Ich weiß, dass die Belastungen für die Landwirtschaft aktuell durch die Diskussionen um die Düngeverordnung einen extremen Punkt erreicht haben», sagte Otte-Kinast bei der Tagung laut Redemanuskript. «Hier sind wir aber in intensiven Gesprächen auf allen politischen Ebenen, um zu einer sinnvollen Lösung zu kommen.»
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte am Montagabend, die Grundwasser-Qualität in Niedersachsen sei nicht akzeptabel. Der jetzt von der Bundesregierung eingeschlagene Weg sei aber nicht richtig.
Die Bundesregierung habe auf Zeit gespielt. Bei den jetzt geplanten Änderungen bestehe die Gefahr, dass Unschuldige mitbestraft würden.
Der Agrarexperte der FDP-Landtagsfraktion, Hermann Grupe, forderte eine Alternative zu einer neuen Düngeverordnung. «Sie führt nicht zum Ziel und bedroht gleichzeitig die Existenz tausender Landwirte in Niedersachsen.» Stattdessen sollte Gülle verstärkt in vieharme Regionen gebracht werden, um dort Kunstdünger zu ersetzen. «Diese sinnvolle
Umverteilung wird durch die Düngeverordnung aber massiv behindert.»
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Miriam Staudte warf Otte-Kinast vor, beim Güllekonflikt die dramatische Situation auszusitzen. Die Ministerin halte aktuelle Daten zur
Grundwasserbelastung durch die Landwirtschaft absichtlich zurück, um zu verschleiern, dass sich im Vergleich zum Vorjahr nichts verbessert habe.