Angeführt von mehr als 150 Traktoren startete der bunte Zug aus Bauern, Klima- und Tierschützern sowie weiteren Verbänden am Mittag vor dem Brandenburger Tor. Auf Plakaten waren Forderungen wie «Subvention nur für Bio!» und für den Erhalt der
Artenvielfalt auf deutschen Äckern zu lesen.
Die Polizei sprach am Sonntag von einer Teilnehmerzahl im fünfstelligen Bereich, die Veranstalter von 27.000 Demonstranten. Der Protest, der bis zum späten Samstagnachmittag andauerte, verlief ohne Zwischenfälle.
Grünen-Parteichef Robert
Habeck erklärte: «Mit der Demo zeigen wir noch einmal, dass es eine große gesellschaftliche Bewegung gibt, die eine andere Landwirtschaftspolitik will.»
Er forderte einen Verkaufsstopp von
Lebensmitteln zu Dumpingpreisen und rief die Bundesregierung dazu auf, das Schreddern von Küken und die betäubungslose
Kastration von Ferkeln zu verbieten. Auf allen Tier-Produkten müsse für den Verbraucher erkenntlich sein, inwieweit bei der Produktion auf das
Tierwohl geachtet werde.
«Wir erleben seit vielen Jahren, dass das
Landwirtschaftsministerium die
Agrarindustrie hofiert», sagte zudem der Sprecher der Organisatoren, Christian Rollmann. Die Klimakrise, zu viel
Nitrat im
Grundwasser und das dramatische
Artensterben zeigten, dass es so nicht weitergehen könne. Das Bündnis macht die Regierung für die Schließung von 130.000 Bauernhöfen seit 2005 verantwortlich.
In der Kritik stand auch die
Agrarpolitik der Europäischen Union. Anstelle von Produktionsfläche und Ertrag sollten sich
Subventionen in Zukunft viel mehr an Tier- und Klimaschutzkriterien orientieren, forderte Rollmann. Die Bundesregierung, die in der zweiten Jahreshälfte den EU-Ratsvorsitz übernimmt, müsse sich für eine
Neuordnung der Agrarpolitik einsetzen.
Auf vielen Plakaten waren am Samstag Proteste gegen das bevorstehende EU-Handelsabkommen der Europäischen Union mit der Wirtschaftsvereinigung vieler südamerikanischer Länder zu lesen. Die Organisatoren warnten, dass durch das Abkommen vermehrt billiges Rindfleisch auf den europäischen Markt komme und einheimische Produzenten verdrängt würden.
Bäuerinnen und
Bauern übergaben am Vormittag außerdem eine Protestnote an Regierungsvertreter aus rund 70 Ländern, die zu einer
Agrarministerkonferenz in Berlin zusammengekommen waren. Gastgeberin Julia Klöckner (
CDU) nahm sie persönlich entgegen. Zugleich präsentierten sich auf der Grünen Woche 1.800 Aussteller in der Hauptstadt. Die Messe findet noch bis zum 26. Januar statt.
Bereits am Freitag waren 400 Traktoren durch Berlin gerollt. Das Bündnis «Land schafft Verbindung» hatte deutschlandweit zu Demonstrationen aufgerufen. Der Protest richtete sich unter anderem gegen neue Düngevorschriften. Ärger gab es dabei in Nürnberg, wo an einzelnen Traktoren rechtsextreme Banner aufgetaucht waren.
Die Veranstalter distanzierten sich davon. Zugleich warnte der Sprecher der Bewegung, Dirk Andresen, die Politik, durch Untätigkeit in der Landwirtschaftspolitik rechte Kräfte zu stärken. «Auch ein Teil der Bauern wird sich dann radikalisieren», sagte er in einem Interview mit dem «Tagesspiegel am Sonntag».