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12.08.2018 | 12:13 | Recht 

Hofabgabeklausel laut Bundesverfassungsgericht teilweise verfassungswidrig

Karlslruhe - Das Bundesverfassungsgericht hat die Hofabgabeklausel in Teilen für verfassungswidrig erklärt.

Hofabgabeklausel
(c) liveostockimages - fotolia.com
Laut einem am vergangenen Donnerstag (9.8.) veröffentlichten Beschluss gilt dies dann, wenn die Hofabgabepflicht dem Landwirt in unzumutbarer Weise Einkünfte entzieht, die zur Ergänzung der nur als Teilsicherung ausgestalteten Rente notwendig sind. Nach Ansicht der Karlsruher Richter greift zudem die Kopplung einer Altersgrenze an eine Hofabgabeklausel faktisch in die im Grundgesetz festgeschriebene Eigentumsfreiheit ein.

Wie das Bundesverfassungsgericht weiter feststellt, darf auch die Gewährung einer Rente an einen Ehepartner nicht von der Entscheidung des Landwirts über die Abgabe des Hofes abhängig gemacht werden. Mit dieser Begründung hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die einschlägigen Vorschriften für verfassungswidrig erklärt, den Verfassungsbeschwerden eines Landwirtes sowie der Ehefrau eines weiteren Landwirts stattgegeben und die Verfahren unter Aufhebung der Gerichtsentscheidungen an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

In Politik und Berufsstand stieß das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf ein sehr geteiltes Echo. Während Unionspolitiker an der Hofabgabeklausel festhalten wollen, sehen sich Vertreter von SPD und Linken im Bundestag in ihrer Forderung nach einer Abschaffung der Regelung bestätigt.

Von Seiten der Landesbauernverbände wurde der höchstrichterliche Beschluss teilweise mit Bedauern aufgenommen, während andere berufsständische Vertreter ebenfalls für einen Ausstieg aus der Hofabgabepflicht plädieren. Faktischer Druck zur Hofabgabe

Die Hofabgabeklausel erzeugt nach Auffassung der Karlsruher Richter einen „faktischen Druck zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens“, da der Bauer die Rente nur unter der Voraussetzung erhält, dass er den Betrieb aufgibt. Diese Einschränkung sei zwar nicht „von vornherein untauglich“, um die agrarpolitischen Ziele wie die Förderung einer frühzeitigen Hofübergabe an Betriebsnachfolger zu erzielen, erläutern die Richter.

Eine solche Regelung dürfe die Betroffenen jedoch nicht unzumutbar belasten. An dieser Stelle fehlt es laut Urteilsbegründung bisher jedoch an einer Härtefallregelung, die beispielsweise dann eintreten würde, wenn die landwirtschaftliche Rente ohne die Einnahmen des laufenden Betriebs nicht zum Leben reicht oder wenn kein Betriebsnachfolger zur Verfügung steht. Solche „unzumutbaren“ Einschränkungen muss der Landwirt demnach nicht hinnehmen.

Zweifel äußerte das Bundesverfassungsgericht auch deshalb an der Hofabgabeklausel, weil diese inzwischen nur noch einen Teil der Landwirte erfasse und diesen damit im Gegensatz zur Mehrheit der nicht betroffenen Bauern „unangemessene Lasten“ zumute.

Langer Verfahrensweg

Im Fall der Ehegattin des Landwirts hatte der zuständige Träger der Alterssicherung der Landwirte den Rentenantrag einer 1944 geborenen Frau eines landwirtschaftlichen Unternehmers abgelehnt, weil ihr Ehegatte bereits die Regelaltersgrenze erreicht und das landwirtschaftliche Unternehmen noch nicht abgegeben hatte. Als Ehegattin eines landwirtschaftlichen Unternehmers galt sie gemäß § 1Abs. 3 Satz 1ALG ebenfalls als Landwirt und war damit von der Hofabgabeklausel betroffen.

Die deswegen von der Beschwerdeführerin vor dem Sozialgericht erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Bundessozialgericht wies die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision und die dagegen erhobene Anhörungsrüge zurück. Nach Durchlaufen aller Instanzen war die Klage der Eheleute vor dem Bundesverfassungsgericht nun jedoch erfolgreich.

In einem weiteren Verfahren hatte der im Jahr 1938 geborene Beschwerdeführer ein landwirtschaftliches Unternehmen betrieben. Die Landwirtschaftliche Alterskasse lehnte laut BVG den Rentenantrag des Beschwerdeführers aus dem Jahr 2010 ab, weil dessen landwirtschaftliche Nutzfläche die zulässige Rückbehaltsfläche von 6 ha um ein Vielfaches überschritten habe und deshalb das landwirtschaftliche Unternehmen als nicht abgegeben gegolten habe. Das zuständige Sozialgericht habe die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen.

Auch die Berufung des Beschwerdeführers vor dem Landessozialgericht und die sich anschließende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision seien, ebenso wie die Anhörungsrüge, erfolglos gewesen.
AgE
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