Für seine Feststellung, es gebe einen steigenden Absatz von Pflanzenschutzmitteln, greife das Amt auf zwei fragwürdige statistische Kunstgriffe zurück, monierte der
IVA am Montag (4.6.) in Frankfurt. Zum einen werde ein statistischer Ausreißer als Referenzjahr gewählt, und zum anderen würden die „inerten Gase im Vorratsschutz“ nicht herausgerechnet.
Laut Industrieverband weist das Bundesamt einen Anstieg des Pflanzenschutzmittelabsatzes in Deutschland zwischen 1994 und 2015 von jährlich knapp 30.000 t auf mehr als 40.000 t aus. Hier stelle sich die Frage, warum die aktuellsten Zahlen fehlten. Offenbar handele es sich um einen „selbstgemachten Trend“, der generiert werde, indem man bewusst ein Referenzjahr herausgreife. Denn 1994 sei das Jahr mit dem historisch niedrigsten Absatz an Pflanzenschutzmitteln gewesen, weil zum einen viele Flächenstilllegungen gegriffen hätten und zum anderen Aufbrauchfristen für DDR-Altprodukte ausgelaufen seien.
Nicht weniger fragwürdig ist für den IVA die Einrechnung der inerten, also reaktionsträgen Gase. Zwar müssten diese dem zuständigen Bundesamt für
Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) gemeldet werden. Es handele sich aber nicht um Mittel, die der Landwirt einsetze, sondern in aller Regel um Kohlendioxid, mit dem Vorräte vor Schädlingen geschützt würden. Der Einsatz von
Kohlendioxid sei in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen, da kaum noch andere Wirkstoffe zum Vorratsschutz zur Verfügung stünden.
Der Industrieverband empfiehlt, für genaue Zahlen die Absatzstatistik für Pflanzenschutzmittel direkt auf den Seiten des dafür zuständigen
BVL einzusehen.
Gezielte DesinformationScharfe Kritik an den vom
UBA vorgelegten Zahlen kam auch vom
Landvolk Niedersachsen. „Lüge, grobe Lüge, Statistik - nach diesem bewährten Muster betreibt das
Umweltbundesamt aktuell wieder einmal Propaganda gegen die Landwirtschaft“, monierte der Vorsitzende im
Umweltausschuss des Verbandes, Dr. Holger Hennies. Eine derart missbräuchliche Nutzung statistischer Daten müsse als grob fahrlässig bezeichnet werden und sei als gezielte Desinformation zu bezeichnen, empörte sich Hennies, der auf ähnliche Veröffentlichungen des UBA verwies, so zum Beispiel „eine höchst unseriöse Berechnung potentiell steigender Trinkwasserpreise“, die jüngst von den Grünen aufgegriffen wurde und ebenfalls zu Irritationen geführt habe.
Der Ausschussvorsitzende stellte klar, dass die Landwirte die Herausforderungen des Umwelt- und Naturschutzes annähmen und Pflanzenschutzmittel sowie Dünger so verantwortungsvoll wie möglich einsetzen wollten. „Wir
Bauern wollen uns aber nicht ständig pauschal als Umweltfrevler beschimpfen lassen“, so Hennies. Letztlich sei es der UBA-Präsidentin Maria Krautzberger allein darum gegangen, Veränderungen bei den
EU-Direktzahlungen herbeizuführen.