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25.12.2018 | 09:29 | Marktausblick 
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Kaum noch Wachstumspotential am EU-Fleischmarkt

Brüssel - Wenn es um die längerfristigen Perspektiven am Fleischmarkt in der Europäischen Union geht, sieht die Brüsseler Kommission in den nächsten zwölf Jahren eher Abnahme- als Wachstumstendenzen.

EU-Fleischmarkt
Erzeugung und Verbrauch von Fleisch sollen in der EU bis 2030 leicht abnehmen. (c) proplanta
Dies geht aus dem jüngsten Marktausblick „EU Agricultural Outlook 2018 - 2030“ hervor, der im Dezember veröffentlicht wurde. Darin werden nur dem Geflügel- und dem weniger bedeutenden Schaffleischsektor Zuwachsraten bei Produktion und Verbrauch zugetraut, während es bei Rind- und Schweinefleisch zu Rückgängen kommen soll.

Unter den zugrunde gelegten makroökonomischen Annahmen, wozu unter anderem kein harter Brexit sowie die derzeitigen Regeln der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zählen, erwarten die Brüsseler Analysten für 2030 eine EU-Fleischproduktion von 47,77 Mio. t; das wären rund 292.000 t oder 0,6 % weniger als für das laufende Jahr mit 48,06 Mio. t geschätzt werden.

Neben rückläufigen Viehbeständen, Tierwohlansprüchen, Umweltauflagen und der internationalen Konkurrenz soll vor allem der abnehmende Verbrauch der EU-Bürger ein wesentlicher Faktor sein, der einer weiteren Expansion der Fleischerzeugung im Wege steht.

Laut Prognose wird der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch von aktuell 69,6 kg bis 2030 um gut 600 g oder 0,9 % auf 68,7 kg sinken. Verantwortlich dafür ist der Rückgang bei Schweine- und Rindfleisch, während der Konsum von Geflügel- und Schaffleisch zunehmen soll.

Aber auch regional erwartet die Kommission unterschiedliche Entwicklungen: Während in der alten EU-15 der Fleischverbrauch pro Einwohner um etwa 1 kg im Mittel abnehmen soll, dürfte er in den seit 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten der EU-13 um 1 kg steigen.

Schweinefleischverbrauch sinkt

Nach Einschätzung der Kommission wird Schweinefleisch auch 2030 die wichtigste Fleischart in der Gemeinschaft sein. Allerdings dürfte die Produktion dieses Jahr mit 24,03 Mio. t ihren vorläufigen Höhepunkt erreichen und in den kommenden zwölf Jahren insgesamt um voraussichtlich rund 430.000 t oder 1,8 % auf 23,60 Mio. t sinken. Dazu trügen auch tierwohlgerechte Haltungsvorschriften und schärfere Umweltauflagen in den Produktionshochburgen bei, so die Brüsseler Experten. Die Erzeugung soll dabei ausschließlich in der EU-15 zurückgehen, in der EU-13 jedoch moderat um gut 2 % steigen.

Für den Schweinefleischverbrauch rechnen die Analysten bis 2030 mit einer Abnahme um 900 g auf durchschnittlich 31,6 kg/ Kopf. Neben Ernährungstrends wie dem Fleischverzicht dürfte dazu auch der Mehrverbrauch des Konkurrenzproduktes Geflügelfleisch beitragen.

Bezüglich der Schweinefleischexporte - das Freihandelsabkommen mit Japan ist in den Berechnungen nicht berücksichtigt - erwartet die EU-Kommission im Prognosezeitraum eine recht stabile Ausfuhrmenge von rund 2,65 Mio. t. Jährliche Schwankungen werden dabei ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Insbesondere die kurzfristigen Absatzmöglichkeiten in China ließen sich in Abhängigkeit vom Ausgang des aktuellen Handelsstreits mit den USA oder dem weiteren Verlauf der Afrikanischen Schweinepest (ASP) nur schwer einschätzen, räumt die Kommission ein.

Größere Exportmöglichkeiten werden in Richtung Vietnam und den Philippinen gesehen. Insgesamt rechnen die Brüsseler Analysten bis 2030 mit einem jährlichen Zuwachs der globalen Importnachfrage für Schweinefleisch von 0,7 %, was dann eine weltweite Einfuhr von 8,7 Mio. t bedeuten würde.

Rinder im Abwärtstrend

Die schwächste Entwicklung im Fleischsektor wird von der EU-Kommission für den Rindersektor prognostiziert. Der in den vergangenen Jahren erfolgte Produktionsanstieg soll 2018 mit 8,24 Mio. t seinen Gipfel erreichen; bis 2030 soll das Aufkommen wieder um rund 500.000 t oder 6,0 % auf 7,74 Mio. t abnehmen.

Gründe dafür seien vor allem rückläufige Kuhbestände, aber auch eine vergleichsweise geringere Profitabilität der Rindfleischerzeugung sowie schwächere Exportaussichten, erläutern die Brüsseler Analysten. Diese sehen auch den Rindfleischverbrauch im Abwärtstrend, der bis zum Ende des Prognosezeitraums um 600 g oder 5,5 % auf durchschnittlich 10,4 kg je EU-Bürger sinken soll.

Die geringere Angebotsmenge und die starke internationale Konkurrenz werden laut Kommission auch zu einem Rückgang der Exporte führen. Die Lebendausfuhr soll sich 2030 nur noch auf rund 200.000 Tiere belaufen und damit um 17 % unter dem Niveau von 2018 liegen. Bei den Rindfleischexporten wird mit einem Minus von fast 10 % auf 227.000 t gerechnet.

Absatzeinbußen werden unter anderem in der Türkei wegen der dort schwierigen Wirtschaftslage erwartet; anderenorts dürften Wettbewerber aus Südamerika, Ozeanien und den USA den EU-Anbietern Marktanteile streitig machen. Bei den Importen gehen die EU-Experten dagegen bis 2030 von einem Anstieg um rund 50.000 t oder gut 15 % auf 350.000 t aus. Dazu trügen auch präferierte Einfuhrkontingente im Rahmen von Handelsabkommen bei. Die Erzeugerpreise für Schlachtrinder dürften sich laut EU-Kommission in den nächsten Jahren aufgrund des Einflusses durch den Weltmarkt abschwächen.

Geflügel expandiert langsamer

Im Vergleich zu den anderen Fleischsorten hat nach Ansicht der EU-Kommission Geflügel das größte Wachstumspotential. Die bisherige Expansion soll sich, wenn auch deutlich abgeschwächt, weiter fortsetzen. Prognostiziert wird für 2030 eine Geflügelfleischproduktion von 15,48 Mio. t; das wären 586.000 t oder 3,9 % mehr als 2018.

Durch Produktivitätsfortschritte und Investitionen soll dabei die Erzeugung in der EU-13 um gut 10 % und damit überdurchschnittlich zulegen. Positiv schätzen die Experten auch die Verbrauchsentwicklung bis 2030 mit einem Plus von 480 000 t oder 3,4 % auf 14,55 Mio. t ein. Dabei soll der Pro- Kopf-Verbrauch im Mittel um 700 g auf 24,8 kg steigen. Vorteilhaft für Geflügel seien auf der Erzeugungsseite im Vergleich zu den anderen Fleischarten die niedrigeren Produktionskosten, der geringere Investitionsbedarf, die bessere Futterverwertung und der geringere Ausstoß von Treibhausgasen.

Auf der Nachfrageseite sprächen einfache Zubereitungsmöglichkeiten, das positive Gesundheitsimage, fehlende religiöse Verzehrverbote und nicht zuletzt die günstigen Preise im Laden für das Geflügel. Laut Schätzung sollen sich in den nächsten zwölf Jahren aufgrund der global wachsenden Nachfrage die Weltmarktpreise für Geflügelfleisch nur moderat abschwächen und in der EU 2030 mit etwa 1.860 Euro/t für ganze Hähnchen im Großhandel um 55 Euro oder 3 % unter dem Jahresdurchschnittspreis von 2018 liegen.

Geflügelfleischhandel belebt sich

Der Brüsseler Prognose zufolge wird der weltweit steigende Bedarf an Geflügelfleisch die weitere Expansion der EU-Erzeugung unterstützen. Bis 2030 soll die globale Nachfrage um jährlich 2,3 % wachsen und der Importbedarf auf 17 Mio. t anwachsen. Dadurch würden sich für die EU-Exporteure zusätzliche Absatzmöglichkeiten bieten, erläutern die Analysten.

Nach ihren Angaben dürften diese vor allem in Asien, dem Mittleren Osten und Afrika liegen. Entsprechend gehen die Autoren der Studie für den Zeitraum 2018 bis 2030 von einem Anstieg der EU-Geflügelfleischexporte um gut 18 % auf 1,87 Mio. t aus. Dabei würden aufgrund der brasilianischen Konkurrenz bei ganzen Hähnchen zunehmend Teilstücke ausgeführt, beispielsweise gefrorene Flügel nach Hongkong oder Hälften und Viertel nach Afrika. Es sei auf der anderen Seite aber auch mit mehr Geflügelfleisch aus Drittstaaten in der Gemeinschaft zu rechnen, heißt es in dem Prognosebericht. Die Importe könnten bis 2030 um rund ein Viertel auf 950.000 t zunehmen, wobei Brasilien, Thailand und die Ukraine weiterhin die Hauptlieferländer bleiben dürften.

Der starke Einfuhranstieg gegenüber dem Basisjahr 2018 resultiert auch daraus, dass Anbieter aus Brasilien zuletzt zeitweise wegen Hygienemängeln gesperrt waren. Schaffleischverbrauch steigt Auch für den vergleichsweise kleinen Schaffleischmarkt in der EU sieht die Kommission positive Entwicklungstendenzen.

Zwar wird die Erzeugung laut ihrer Prognose im laufenden Jahr wegen geringerer Tierbestände und ungünstiger Witterungsbedingungen gegenüber 2017 um 2,2 % auf 902.000 t sinken; doch dürfte ab 2019 wieder eine Erholung einsetzen.

Bis 2030 soll der Bestand um 6,5 Millionen Tiere auf 105 Millionen Schafe anwachsen und die Erzeugung dann mit 949.000 t um 5 % über dem Niveau von 2018 liegen. Unterstützend würden dabei die in einigen Mitgliedsländern gewährten gekoppelten Direktbeihilfen wirken.

Der Verbrauch wird ebenfalls im Aufwind gesehen. Dieser soll im Prognosezeitraum insgesamt um 10 % auf 1,11 Mio. t zunehmen, wozu laut Kommission auch der höhere Anteil von Migranten an der Bevölkerung beiträgt.

Im Außenhandel dürfte sich nach Einschätzung der Kommission der Lebendexport von Schafen aus der EU abschwächen, der Export von Fleisch dagegen leicht zulegen, so dass sich 2030 mit voraussichtlich 70.000 t keine große Änderung gegenüber 2018 ergibt.

Aufgrund des erwartet stärkeren Verbrauchs in der Gemeinschaft dürften die Importe von Schaffleisch jedoch zunehmen, und zwar in den kommenden zwölf Jahren um insgesamt rund ein Viertel auf 220.000 t. Diese werden - wie bisher - vor allem aus Australien und Neuseeland stammen.

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Zahlen zum Fleischmarkt in der EU
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Kommentare 
G.Trautwein schrieb am 26.12.2018 09:19 Uhrzustimmen(7) widersprechen(0)
Bis 2030 Schafe von 6,5 Millionen auf 105 Millionen?
Logik?
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