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09.11.2018 | 07:45 | Hardware-Nachrüstungen 

Lösungen für die Dieselkrise?

Berlin - Die deutsche Autoindustrie will nach heftiger Kritik an einem ersten Diesel-Paket nachbessern und ihre Angebote für Besitzer älterer Fahrzeuge erweitern.

Dieselkrise
Nach langem Ringen haben sich Verkehrsminister Scheuer und Autokonzerne auf weitere Hilfen für Dieselbesitzer geeinigt. Dabei geht es auch um Hardware-Nachrüstungen. Gerichte schaffen indes Fakten: Auch in Köln und Bonn müssen sich Autofahrer auf Fahrverbote einstellen. (c) proplanta
Dazu können auch die von den Herstellern skeptisch beurteilten Hardware-Nachrüstungen an Motoren und Abgaseinrichtungen gehören. Das sieht ein Kompromiss vor, den Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und die deutschen Hersteller bei einem Spitzentreffen am Donnerstag in Berlin erzielten. Am selben Tag ordnete ein Gericht weitere Diesel-Fahrverbote an - für Köln und Bonn.

Nach einem langem Ringen mit der Bundesregierung über zusätzliche Maßnahmen sagten VW, Daimler und BMW zu, ihre Angebote an betroffene Kunden aufzustocken, wie der Branchenverband VDA mitteilte. Scheuer sagte, die Hersteller hätten sich «sehr stark bewegt». Verbraucherschützer und die Opposition übten dagegen Kritik.

Erzielt wurde ein komplexer Kompromiss: die Hersteller hatten bereits höhere Preisnachlässe auf den Weg gebracht, wenn Kunden ihre alten Diesel in Zahlung geben und einen saubereren Wagen kaufen. Diese Regelung gilt für 15 «Intensivstädte» in Deutschland, in denen Schadstoff-Grenzwerte vor allem durch Dieselabgase besonders stark überschritten werden. Die «Umtauschprämien» laufen je nach Hersteller bis in die Jahre 2019 und 2020.

Diese Umtauschaktionen sollen weiter im Vordergrund stehen, so Scheuer. Nutzen aber betroffene Dieselbesitzer diese Aktionen nicht, sind weitere Maßnahmen geplant. Demnach sind Volkswagen und Daimler bereit, die dann verbliebenen älteren Dieselautos in den «Intensivstädten» für bis zu 3.000 Euro pro Wagen mit Katalysatoren nachrüsten zu lassen - das sind die Hardware-Nachrüstungen. Bisher hatten VW und Daimler angeboten, 2.400 Euro pro Fahrzeug zu zahlen. Die Bundesregierung hatte auf eine höhere Beteiligung gepocht. Experten schätzen die Kosten inklusive Einbau auf etwa 3.000 Euro.

Bei Daimler hieß es, die Nachrüstung müsse vom Kraftfahrt-Bundesamt zertifiziert und zugelassen werden und nachweislich dazu berechtigen, in bestimmten Städten auch in Straßen mit Fahrverboten einzufahren.

«Vor diesem Hintergrund ist Daimler dazu bereit, Mercedes-Benz Kunden in den Schwerpunktregionen mit einem Maximalbetrag von bis 3.000 Euro beim Kauf einer Hardware-Nachrüstung eines Drittanbieters zu unterstützen.»

Volkswagen erklärte, sollten Dieselfahrzeughalter nach 2019 weiter von «Mobilitätseinschränkungen» betroffen sein, werde der Konzern Kunden ein «Mobilitätsangebot» von bis zu 3.000 Euro machen. Weiter hieß es: «Sollten zukünftig Hardware-Nachrüstungen die notwendigen behördlichen Genehmigungen erhalten, verfügbar sein und der Einbau von unseren Kunden gewünscht werden, bieten die betreffenden Konzernmarken im Rahmen des Mobilitätsangebots gleichfalls eine entsprechende finanzielle Beteiligung an.» VW wolle aber die Kosten nicht komplett übernehmen. Der Konzern werde Hardware-Umrüstungen ferner nicht anbieten und Fahrzeughaltern auch nicht empfehlen.

BMW lehnt Hardware-Nachrüstungen weiter komplett ab. Das Unternehmen will Dieselbesitzer aber nach Auslaufen der «Umtauschprämien» mit der gleichen Summe von 3.000 Euro unterstützen - etwa für einen Neukauf.

Bei den teuren Hardware-Nachrüstungen müssen aber noch technische und rechtliche Vorschriften entwickelt werden. «Technische Lösungen für Pkw-Hardware-Nachrüstungen werden nach der erforderlichen Entwicklungs- und Zulassungszeit nicht kurzfristig am Markt verfügbar sein», sagte Scheuer. Und derzeit könne niemand sagen, wie teuer eine Hardware-Nachrüstung für Diesel-Pkw tatsächlich sein werde.

Es wird davon ausgegangen, dass Hardware-Nachrüstungen nicht vor 2020 verfügbar sind. VDA-Präsident Bernhard Mattes, die drei deutschen Hersteller würden für die Zeit nach 2020 sicherstellen, dass Kunden mit Euro-5-Diesel-Altfahrzeugen durch herstellerspezifische Angebote «mobil bleiben» könnten. «Dazu können auch Hardwarenachrüstungen zählen.» Oberstes Ziel sei die Vermeidung von Fahrverboten.

Kritik an der Einigung kam von der Opposition: Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter nannte den Kompromiss «Augenwischerei». Scheuer und die Konzernbosse wollten den betrogenen Dieselbesitzern Neuwagen andrehen und verweigerten ihnen die Nachrüstung um weitere Jahre.

In vielen Städten werden Schadstoff-Grenzwerte nicht eingehalten. In Hamburg gibt es schon Streckensperrungen. Gerichte hatten Fahrverbote ab 2019 zudem etwa für Stuttgart, Berlin oder Frankfurt angeordnet.

In Nordrhein-Westfalen bahnen sich nun die nächsten Fahrverbote an: Köln muss ab Frühjahr 2019 auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe hin Fahrer älterer Diesel aus dem Großteil des Stadtgebiets ausschließen, entschied das Kölner Verwaltungsgericht am Donnerstag. In Bonn sollen die Fahrverbote, die in zwei Stufen kommen, für zwei zentrale Hauptverkehrsstraßen gelten.

Das Verwaltungsgericht entschied am Donnerstag, dass die Domstadt ab April 2019 Dieselautos der Abgasklasse 4 oder schlechter aus der Innenstadt und anderen Stadtteilen ausschließen muss. Ab September sind auch Fahrer von Euro-5-Dieseln betroffen.

Ein Hintertürchen gibt es aber noch: Sollten die in der Stadt seit Jahren sehr hohen Schadstoffwerte plötzlich doch noch deutlich sinken, könnte man nach Auffassung des Richters auf die Maßnahmen verzichten. Zugleich machte das Gericht aber deutlich, dass das Theorie sei und so schnell ohne Fahrverbote nicht passieren werde.

In Bonn fallen die Maßnahmen weniger hart aus - hier handelt es sich um Fahrverbote für zwei Straßen. Auf der für Pendler wichtigen Reuterstraße sind ab April Diesel der Klasse Euro 5 oder schlechter ausgeschlossen. Eine andere Einschränkung gilt noch für die Straße Belderberg. Vor allem Köln hatte den EU-Grenzwert für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid (NO2) klar überschritten. Der zuständige Kölner Regierungsbezirk kündigte an, in Berufung zu gehen.
dpa
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