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24.04.2019 | 12:08 | Nitratbelastung 

Nährstoffbericht: Niedersachsens Landwirte düngen immer noch zu viel

Hannover - Niedersachsens Bauern kippen nach Erkenntnis des Agrarministeriums nach wie vor zu viel Gülle und Kunstdünger auf ihre Äcker.

Nährstoffberichts 2019 Nitratbelastung
Auf Niedersachsens Äckern wird weniger gedüngt, aber immer noch zu viel. Auf mehr als einem Drittel der Landesfläche muss dringend etwas passieren. Für Umweltschützer beginnt das Problem schon im Stall. (c) proplanta
«Wir haben es mit einer jahrzehntealten Last zu tun, die zunehmend zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem wird», sagte Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung des Nährstoffberichts in Hannover. Darin wird dokumentiert, wie viel Gülle und Kunstdünger zwischen Juli 2017 und Ende Juni 2018 wo ausgefahren wurden. Zu viel davon gilt als eine Ursache für zu hohe Nitratwerte im Grundwasser. Umweltverbände und die Wasserwirtschaft machen Druck, das Landvolk setzt auf den verantwortungsbewussten Bauern.

Nach dem Bericht sind rund 50.000 Tonnen Stickstoff mehr angefallen, als die Pflanzen zur Düngung gebraucht hätten. Dennoch sei der Stickstoffüberschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18.000 Tonnen gefallen. Otte-Kinast hofft, diesen Wert in den kommenden drei Jahren auf null zu reduzieren. «Wir sind auf dem richtigen Weg», sagte sie, aber: «Die neuen Bewertungen zeigen, dass immer noch zu viel Stickstoff und Phosphat im Nährstoffkreislauf ist.»

Mit Gülle oder Kunstdünger steigern Landwirte oft den Nitratgehalt auf ihren Äckern, um höhere Erträge zu erzielen. So kommt der Stoff auch ins Grundwasser. Bakterien können Nitrat in Nitrit umwandeln, das den Sauerstofftransport im Blut blockieren kann. Deutschland will die zuletzt 2017 geänderten Düngeregeln auf Druck der EU erneut verschärfen, was den Bauern missfällt.

Die landeseigene Düngebehörde und Meldepflicht hätten sich bewährt, sagte die Ministerin. Beim Phosphat liegt der Überhang landesweit bisher bei rund 23.700 Tonnen - im Vorjahreszeitraum seien es 30.000 Tonnen gewesen.

Umweltminister Olaf Lies (SPD) forderte noch weniger Düngereinsatz. Beim Grundwasserschutz in Niedersachsen sei es teilweise bereits fünf nach zwölf. Umwelt- und Agrarministerium hätten sich darauf verständigt, die betroffenen Grundwasserregionen zu unterteilen. Damit werde sichtbar, wo genau die Grenzwerte signifikant überschritten werden. Die Flächen mit dringendem Handlungsbedarf machen rund 38 Prozent der Landesfläche aus.

Mithilfe der Datenbank Enni (Elektronische Nährstoffmeldungen Niedersachsen) will die Ministerin künftig genau ermitteln, wie viel Dünger wo nötig ist. Das bundesweit einmalige Projekt soll auf Auffälligkeiten hindeuten - bei Verstößen drohen Bußgelder.

«Langfristig führt an der Reduktion der Tierzahlen in diesen Regionen kein Weg vorbei», sagte der Greenpeace-Agrarexperte Dirk Zimmermann. Auch die Naturschutzorganisation BUND kritisierte, dass der Nährstoffüberschuss aus der Tierhaltung kaum zurückgegangen sei. «Die Reduktion des Mineraldüngers ist auf die Trockenheit im vergangenen Jahr zurückzuführen, nicht auf Maßnahmen der Landesregierung», erklärte BUND-Agrarexperte Tilman Uhlenhaut.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) forderte die Bundesregierung auf, einen Entwurf für ein effektives Düngerecht vorzulegen. «Anders als in unseren europäischen Nachbarländern gibt es in Deutschland noch immer keine flächendeckende Ausweisung nitratgefährdeter Gebiete», rügte BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) verlangte von den Beteiligten, sich auf einen gemeinsamen Nenner bei der Reform der Düngeverordnung zu einigen, der den Vorgaben der Nitratrichtlinie entspricht und die Trinkwasserressourcen schützt.

Der Bauernverband wies auf die weitaus überwiegende Zahl der Bauern hin, die ihren Dünger «nach guter pflanzenbaulicher Praxis» einsetzten. Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke: «Die Landwirte in Regionen mit vielen Nutztieren und Biogasanlagen müssen sich deutlich offensiver ihrer Verantwortung für sauberes Grundwasser und eine intakte Umwelt bewusstwerden und die ordnungsgemäße Verwertung der Nährstoffe sicherstellen.»
dpa/lni
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