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10.12.2018 | 00:02 | Welternährung 

Wenn der Regen nicht mehr kommt - Kleinbauern besonders von Klimawandel betroffen

Mangochi / Malawi - Cecilia Masina blickt voll Sorge auf die bevorstehende Pflanzsaison.

Welternährung
Wenn in Kattowitz über den Klimawandel verhandelt wird, bekommen die Menschen im Süden Malawis davon wenig mit. Doch der Klimawandel beschäftigt sie Tag für Tag. In dem Agrarland bekommen sie die Auswirkungen immer stärker zu spüren. (c) proplanta
Die Kleinbäuerin im Süden Malawis hat ihre Felder für die Mais-Aussaat vorbereitet, wie in jedem Jahr. Doch obwohl das südostafrikanische Malawi nicht zu jenen Ländern des Kontinents gehört, die regelmäßig mit katastrophalen Hungersnöten in Verbindung gebracht werden, sieht die Mittvierzigerin die Versorgung ihrer zwölfköpfigen Familie infrage gestellt. «Unser Klima hat sich verändert», sagt sie düster. «Die Ernte ist nicht mehr, was sie früher war.»

Früher, so erzählt sie, habe sie durchschnittlich in einem Jahr 20 Säcke Mais geerntet, jeder Sack mit 50 Kilo gefüllt. Mais ist das Grundnahrungsmittel in Malawi, und mit dieser Ernte kam die Familie bis vor einigen Jahren gut durch das Jahr.

«Aber in den letzten Jahren kamen nur noch fünf Säcke zusammen, und zuletzt waren es sogar nur zwei.» Bei dieser letzten, völlig unzureichenden Ernte spielte zwar auch Schädlingsbefall eine Rolle. Doch auch bei einer Ernte von fünf Säcken muss die Familie auf Sparflamme leben. Eine Mahlzeit am Tag - das muss reichen.

Was ist anders geworden? «Der Regen kommt nicht mehr zur üblichen Zeit», sagt Masina. «Oder er hört plötzlich auf, während der Mais noch wächst, und wir müssen nochmal pflanzen.» Der Wechsel von Regenzeit und Trockenzeit bestimmt traditionell die Arbeit der Bauern. «Aber jetzt können wir uns nicht mehr darauf verlassen, dass der Regen rechtzeitig kommt», betont Masina. Vor ein paar Jahren hörte sie zum ersten Mal das Wort «Klimawandel». «Aber die Veränderungen gab es schon einige Jahre vorher», versichert sie.

Malawi gehört mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 230 Euro zu den ärmsten Ländern und am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Auf dem weltweiten Hungerindex steht das Land in diesem Jahr auf Platz 87 von insgesamt 119, die Entwicklung wird als «ernst» eingestuft. Auch das Hungerfrühwarnsystem spricht von einer angespannten bis kritischen Ernährungslage in den südlichen Landesteilen und führt die Situation vor allem auf Folgen des Klimawandels zurück.

Das Afrikanische Institut für Entwicklungspolitik listet Malawi als einen von 15 Brennpunkten auf, in denen die Folgen von Klimawandel und Bevölkerungswachstum Armut, Umweltverschlechterung und Nahrungsmangel gemeinsam verstärken. «Wie viele afrikanische Staaten, deren wirtschaftliches Überleben von Landwirtschaft und Regenfällen abhängt, ist Malawi höchst anfällig für die Folgen des Klimawandels», heißt es in einer Studie.

Kinder mit aufgequollenen Hungerbäuchen und streichholzdünnen Armen und Beinen sind in den Dörfern im südmalawischen Bezirk Mangochi nicht zu sehen. Doch nicht nur die Regierung spricht in diesen Regionen von Hunger. «Es herrscht Mangelernährung und Unsicherheit bei der Versorgung», sagt Horst Croessmann. Der Agrarexperte der Welthungerhilfe betreut zusammen mit örtlichen Organisationen ein Projekt für Kleinbauern in den besonders betroffenen Regionen wie dem Bezirk Mangochi.

Cecilia Masina etwa hält jetzt auch Stallhasen - zur Versorgung der eigenen Familie und um durch den Verkauf von Fleisch Mittel für zusätzliche Lebensmittelkäufe zu haben. Ein Gemüsegarten und veränderte Anbaumethoden sollen das Land optimal nutzen, die Erschöpfung des Bodens verhindern und den Speiseplan der Familie bereichern.

Doch wenn der Regen ausbleibt und die Saat auf den Feldern verdorrt, sind die Interventionsmöglichkeiten begrenzt. «Unsere letzte gute Ernte war im Jahr 2007», sagt Irene Matewi, eine andere Bäuerin. «Danach litten wir immer wieder unter Trockenheit und haben nicht genug Mais geerntet.»

Damals habe auch der Malawi-See begonnen, sich zu verändern. «Das Wasser ging zurück», erzählt Matewi und geht durch ein üppiges Feld. Hier, direkt am Ufer, enthält der Boden genug Feuchtigkeit, der Mais steht hoch und grün. Doch mit dem sichtlich fruchtbarem Feld sei das eine zweischneidige Sache, berichtet die 60-Jährige und breitet die Arme aus: «Früher war hier überall Wasser!»

Die Fischer, die im Schatten eines Mangobaums zwischen ihren Einbäumen ruhen, gehören jedenfalls zu den Verlierern der Veränderung. «Dort wo jetzt Ackerland ist, wuchs früher das Schilf, in dem die Fische brüteten», sagt Idan Chaduka, der Chef der Fischereivereinigung des Dorfes. «Für uns Fischer ist der Schaden enorm. Wir fangen immer weniger, und es kommen zu wenige Fische nach.»

In den vergangenen Jahren sei während der Brutsaison im November der Fischfang verboten gewesen, in diesem Jahr habe die Regierung das Verbot bis Februar ausgeweitet, in der Hoffnung, dass sich die Bestände bis dahin ein wenig erholen. Und was machen die Fischer in der Zwischenzeit? Chaduka zeigt auf seine Schaufel: «Wir versuchen, den Ufersand als Baumaterial zu verkaufen.»

So sehr der Klimawandel die Lage der Kleinbauern beeinflusst - er ist nicht das einzige Problem. Das Bevölkerungswachstum - die Bevölkerung wächst nach UN-Angaben derzeit um drei Prozent pro Jahr - bedeutet, dass knapper werdende Ressourcen zwischen mehr Menschen geteilt werden müssen. Das gilt auch für Holz. Elektrizität gibt es in den Dörfern nicht, Holz ist der wichtigste Brennstoff.

«Früher konnten wir rund um unser Dorf Feuerholz sammeln. Aber jetzt sind wir drei Stunden lang in dieses Gebiet unterwegs und selbst hier ist es schwierig geworden.» Nachdenklich mustert Connie Matewere verdorrtes Gestrüpp und braunes Grasland mit spärlichem Baumbestand dazwischen.

Matewere ist Teil einer Dorfinitiative, die sich den Schutz der noch verbliebenen Bäume zum Auftrag gemacht hat. «Früher haben die Leute nur das tote Holz von der Erde aufgesammelt», betont sie. Doch seit Holz knapper wurde, würden auch Bäume gefällt. Es dauerte, bis die Folgen sichtbar wurden. Aber jetzt hat Erosion die Landschaft verändert, und Flüsse, die früher ganzjährig Wasser führten, sind über Monate trocken.

Die Waldschützer patrouillieren jetzt regelmäßig durch ihren Dorfwald, wollen vor allem verhindern, dass Bäume gefällt werden, um Holzkohle zu produzieren. Das ist in Malawi, ähnlich wie in einer Reihe anderer afrikanischer Staaten mittlerweile verboten. «Aber wenn wir Leute dabei erwischen, sagen die, sie machen das, weil sie irgendwie Geld verdienen müssen», sagt Moses Kajuru, ein anderes Mitglied der Initiative.

In anderen Dörfern unterstützt die Welthungerhilfe Baumschulen und Aufforstungsprogramme. Doch während ein Baum schnell gefällt ist - ist ein Wald ein Generationsprojekt. Manemba Taim zweifelt manchmal, dass die Zeit ausreicht. Der 58-jährige ist der örtliche Abina, ein Dorfältester und Chef mehrerer Dörfer im Bezirk Mangochi. Zusammen mit anderen Bewohnern pflegt er die Baumsetzlinge, sorgt für Schatten und Wasser.

Aber Taim hat gesehen, wie sich Landschaft und Klima in den vergangenen Jahren immer schneller verändert haben. Wird es das Dorf noch geben, wenn seine Enkel oder Urenkel Familien gründen? Der schlanke Mann mit der bestickten Gebetskappe wägt bedächtig ab.

«Ich kann mir vorstellen, dass die jungen Leute weggehen, weil es einfach nicht genug Bäume und Wasser gibt. Aber dann gehen sie vielleicht weiter nach Mosambik, denn das Problem besteht überall in Malawi.»
dpa
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