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13.01.2013 | 14:49 | Heilpflanzen-Steckbrief 

Johanniskraut - Modemittel vom Wegesrand und umstrittener Stimmungsaufheller

Stuttgart/Hohenheim - Johanniskraut, auch als Hartheu bekannt, ist in Mitteleuropa weit verbreitet. An Wegrändern, Feldrainen, in lichten Wäldern und Gebüschen ist es an vielen Orten zu finden.

Johanniskraut - Modemittel von Wiese und Wegesrand
Johanniskraut Hypericum perforatum L. (c) photocrew - fotolia.com
Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) ist dank dreier außergewöhnlicher botanischer Merkmale leicht zu erkennen. Es weist erstens einen im Pflanzenreich seltenen zweikantigen Stängel auf. Zweitens sehen die Blätter gegen das Licht durch kleine helle Punkte wie "durchlöchert" aus - zu sehen sind Sekretbehälter, die ätherisches Öl und Harz enthalten. Und schließlich verfärben sich die gelben Blüten blutrot, wenn man sie zwischen den Fingern verreibt.

Bekannt - und zum Teil umstritten - ist Johanniskraut vor allem für seine antidepressive Wirkung. Die Inhaltstoffe des Krautes hemmen ähnlich den synthetisch hergestellten Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) die Rücknahme des Hirnbotenstoffs Serotonin in die Zelle, der sich positiv auf die Stimmung auswirkt (Beta-down-Regulation).

Die Wirksamkeit, die Dosierung und auch die Frage, welche Inhaltsstoffe für diese Wirkung verantwortlich sind, sind nach wie vor Gegenstand von Forschungen. Johanniskraut zählt zu den bestuntersuchten Phytopharmaka. Generell sollte aber Johanniskraut nur bei leichteren Depressionen eingesetzt werden, bei einer schweren Erkrankung ist der Gang zum Arzt unumgänglich!

Die Anzahl der Johanniskraut-Präparate, die als traditionelle pflanzliche Arzneimittel außerhalb der Apotheke in Drogerien und Supermärkten vertrieben werden, ist enorm. Sie unterscheiden sich von ihren apothekenpflichtigen Vergleichspräparaten nicht nur in der wesentlich niedrigeren Dosierung (1 g statt 2-4 g Droge), sondern in bestimmten Fällen offensichtlich auch in der Qualität des eingesetzten Johanniskrautextraktes.

Johanniskraut wird wegen seiner aromatischen und verdauungsfördernden Eigenschaften, wegen des bitteren Geschmacks und des harzigen Duftes gerne auch zur Likörbereitung eingesetzt.

Wichtigste Inhaltsstoffe
Ätherische Öle, Flavonoide, Tannine, Hypericin, Harze und Rhodan.

Ernte
Gesammelt wird Johanniskraut am besten in voller Blüte, also um den namensgebenden Johannitag am 24. Juni herum. Geerntet wird nur das Kraut ohne Wurzel, indem man es über dem Boden abschneidet und an einem schattigen Ort trocknet.

Heilwirkung
Johanniskraut wirkt verdauungsfördernd, blutdrucksenkend, schmerzstillend, entzündungshemmend, viren- und bakterienhemmend, adstringierend, krampflösend, beruhigend und schlaffördernd. Es wird daher bei Angstzuständen, nervöser Unruhe, depressiven Verstimmungen, Verdauungsbeschwerden, Muskelschmerzen, Verbrennungen sowie Verletzungen verwendet. Laut Volksmedizin soll es auch bei chronischer Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Gedächtnisschwäche, Neurodermitis, Reizblase, viralen Infektionen und Prämenstruellem Syndrom helfen. Auch gegen Bettnässen wird das Kraut bisweilen eingesetzt, für das oft seelische Gründe verantwortlich sind.

Pharmakologische Untersuchungen haben gezeigt, daß der Extrakt aus dem gesamten Johanniskraut wirksamer ist als seine Einzelkomponenten und auch deutlich wirksamer als der spezifische Inhaltsstoff Hypericin.

Im kosmetischen Bereich beruhigt Johanniskraut mit seiner adstringierenden Wirkung gerötete und empfindliche Haut. Berühmt ist die Wirkung des Johanniskraut-Öls bei Rheuma, Hexenschuss und Ischias-Leiden.

Anwendung
Johanniskraut-Tee bereitet man aus 1 g Kraut auf 100 ml Wasser. Davon trinkt man ein bis zwei Tasse täglich. Ebenfalls zur inneren Anwendung kann eine Tinktur zubereitet werden. Man setzt 20 g Kraut auf 100 ml 20 %-igem Alkohol fünf Tage lang an. Hiervon nimmt man einen Teelöffel nach den Mahlzeiten zu sich.

Äußerlich zur Behandlung von Wunden, Verletzungen, Muskelschmerzen und Verbrennungen verwendet man eine Abkochung von 5 g Kraut auf 100 ml Wasser. Damit können Waschungen durchgeführt oder getränkte Kompressen aufgelegt werden. Auch eine Öltinktur kann zum Einreiben dienen: Dazu 30 g Kraut auf 100 ml Olivenöl ansetzen, 10 g Weißwein zugeben und 15 Tage lang in der Sonne ziehen lassen. Anschließend durchfiltern.

Gegenanzeigen und Warnhinweise
Besonders bei hellhäutigen Personen kann es zu einer Fotosensibilisierung kommen. Bei einer Johanniskrautkur sollte man daher generell Sonnenlicht meiden. Johanniskraut kann außerdem die Wirkung anderer Medikamente abschwächen. Dies gilt auch für die Pille, unerwünschte Schwangerschaften können die Folge sein. Bei gleichzeitiger Einnahme weiterer Medikamente sollte daher mit einem Arzt Rücksprache gehalten werden.

Zuweilen wird auch von Manien berichtet, die Johanniskraut wie andere Antidepressiva auch auslösen kann. Überdosierung ist daher unbedingt zu vermeiden.

Vorsicht: Das Johanniskraut verträgt sich mit zahlreichen Medikamenten nicht (es beschleunigt den Stoffwechsel bestimmter Arzneimittel). Besonders für Menschen mit einem transplantierten Organ kann die Einnahme lebensgefährlich sein, da die Konzentration von Medikamenten wie Ciclosporin oder Tacrolimus herabgesetzt wird, die das Immunsystem in Schach halten und so verhindern, dass das Spenderorgan abgestoßen wird. Mittlerweile wird auf diese Gefahr in der Packungsbeilage von Johanniskraut-Präparaten hingewiesen.

Allgemeine Warnhinweise
1. Die hier vorgestellten Rezepte und Hinweise entbinden nicht davon, bei entsprechenden Beschwerden einen Arzt aufzusuchen.
2. Dies gilt insbesondere für akute Krisenfälle, in denen unverzüglich medizinischer Rat eingeholt werden muss, und für länger andauernde Beschwerden.
3. Vor einer Dauerbehandlung mit Heilpflanzen ist unbedingt fachkundige Beratung nötig.
4. Vorsicht bei Allergien - sprechen Sie im Zweifelsfall mit Ihrem Arzt.
5. Die vorgestellten Kräuterarten nicht im Übermaß verzehren. Halten Sie sich bei der Einnahme an die angegebene Dosierung.
6. Das Sammeln in freier Natur sollten Sie fachkundigen Personen überlassen. Wenn eine Pflanze nicht eindeutig identifizierbar ist, darf sie nicht als Heilpflanze oder Lebensmittel verwendet werden.
7. Kräuter aus der freien Natur können Verunreinigungen aufweisen. Im Zweifelsfall lieber in der Apotheke kaufen. (proplanta)

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