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09.10.2011 | 11:00 | Campylobacteriose 
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Campylobacter-Infektionen auf dem Vormarsch

Karlsruhe/Hohenheim - Noch vor den Salmonellen, aber nach den beiden viralen Erregern Norovirus und Rotavirus (Näheres hierzu in einem gesonderten Artikel), ist Campylobacter derzeit der dritthäufigste Krankheitserreger für akute Durchfallerkrankungen in Deutschland.

Durchfall
(c) Herby Me - fotolia.com
Als Ursache für diese Durchfälle sind Salmonellen in der Bevölkerung relativ gut bekannt, weniger dagegen der bakterielle Erreger der Gattung Campylobacter jejuni, der seit Jahresanfang bis September 2011 in Deutschland nahezu 40.000 Erkrankungen hervorgerufen hat.

Die ersten Krankheitssymptome beginnen etwa 2-5 Tage nach der Ansteckung mit Bauchschmerzen, wässrigen - zum Teil blutigen Durchfällen - Fieber, Kopfschmerz und Müdigkeit. In der Regel dauert der unkomplizierte Krankheitsverlauf etwa 1 Woche.

Eine spezifische Therapie mit Antibiotika muss nur bei schwer verlaufenden Fällen erwogen werden, sonst genügen in der Regel die Flüssigkeits- und Elektrolyte mit einer sogenannten Rehydrierungslösung - bestehend aus Glucose, Kalium und Natrium - zu ersetzen. (Die WHO empfiehlt folgende Zusammensetzung für einen Liter Wasser: 13,5 g Glucose 2,9 g Natriumcitrat 2,6 g Natriumchlorid 1,5 g Kaliumchlorid). In Apotheken ist die WHO-Trinklösung auch als Fertigpräparat(z.B. Oralpädon) erhältlich.


Wie kommen die Erreger in unsere Nahrung?

Campylobacter ist in der Natur nahezu überall verbreitet. Er kommt als Kommensale (Lebewesen, das sich von den Nahrungsrückständen eines Wirtsorganismus ernährt, ohne ihn zu schädigen) im Darm von Wild- und Haustieren (z.B. freilebende Vögel und Säugetiere), aber auch bei Nutztiere, vor allem Geflügel, Milchrinder und Schweinen vor. Haushunde und Katzen sind ebenfalls betroffen.

Für den Menschen ist es vorzugsweise eine nahrungsmittelbedingte Infektion. Die Hauptgefahrenquelle ist unzureichend erhitztes Geflügelfleisch sowie rohes Hackfleisch. Weitere Infektionsquellen können auch nicht pasteurisierte Milch und mit dem Bakterium verunreinigtes, nicht gechlortes Trinkwasser sein.

Die Erreger überleben - vor allem bei niedrigen Umgebungstemperaturen - einige Zeit in der Umwelt oder in Lebensmitteln. Sie können sich aber nicht außerhalb des Wirtsorganismus, also z.B. in Lebensmitteln, vermehren. Darin unterscheiden sie sich z. B. von Salmonellen. Die Sicherung der Diagnose erfolgt durch Nachweis des Erregers aus dem Stuhl.

Zur Vorbeugung ist die Sanierung oder Reduktion der Durchseuchung der Schlachtgeflügelbestände sowie die Verbesserung und strikte Einhaltung der Schlachthygiene - vor allem bei Geflügel - ebenso wie auf die konsequente Küchenhygiene bei der Speisenzubereitung, das gründliche Durchgaren von Fleisch (vor allem Geflügelfleisch), das Abkochen von Milch, die direkt vom Erzeuger abgegeben wird und der Verzicht des Genusses von rohen Lebensmitteln tierischer Herkunft (einschließlich Rohmilch als Hof- oder Vorzugsmilch) notwendig.

Allgemeine Maßnahmen zur Prophylaxe der Übertragung von Campylobacter-Infektionen sind das Waschen der Hände vor allem nach jedem Toilettenbesuch, nach Kontakt mit vermutlich kontaminierten Gegenständen (z.B. Windeln), rohem Geflügelfleisch, Arbeitsgeräten und -flächen in der Küche und vor der Zubereitung von Mahlzeiten.

Während der Dauer ihrer Erkrankung sollten Patienten zu Hause bleiben und die angeführten Hygienemaßnahmen beachten. Personen, die an einer Campylobacteriose erkrankt sind oder bei denen der Verdacht auf eine solche Erkrankung besteht, dürfen gemäß § 42 IfSG nicht in Lebensmittelbetrieben tätig sein. Das gilt auch für Beschäftigte in Küchen von Gaststätten und sonstige Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung. (Hr)



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Gerne steht Ihnen Herr Dr. med. H. Rüdinger, Facharzt für Allgemeinmedizin-Sportmedizin, Rede und Antwort.


Dr. med. Heimfried Rüdinger

Quelle: RKI-Ratgeber für Ärzte: Campylobacter-Infektionen Herausgeber: Robert Koch-Institut, 2011
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Kommentare 
Dr. med. H. Rüdinger schrieb am 11.07.2012 20:37 Uhrzustimmen(149) widersprechen(106)
Sehr geehrte Frau Krischan, nur in seltenen Fällen kommt es nach Campylobacter-Infektionen zu Komplikationen. Der Erreger kann im Darm bleiben (besonders bei Kindern) und eine chronisch entzündliche Darmerkrankung auslösen und infolge dessen bakterielle Mischinfektionen begünstigen. Auch Entzündungen der Gelenke können nach einer Infektion auftreten. Empfehlenswert ist, zunächst eine körperliche Untersuchung beim Hausarzt durchführen zu lassen, der außerdem eine Blutuntersuchung auf allgemeine Entzündungszeichen und eine Stuhluntersuchung auf pathogene Keime (Campylobacter, Salmonellen,Shigellen und Rotaviren) veranlassen wird.
Anita Krischan schrieb am 07.07.2012 19:49 Uhrzustimmen(149) widersprechen(115)
Sehr geehrter Herr Dr. Rüdinger, mein neunjähriger Sohn hatte Ende April eine Campylobacter-Infektion. ISeitdem ist er sehr unkonzentriert, nervös, sehr weinerlich und wirkt insgesamt erschöpft. Besteht ein Zusammenhang mit der Infektion? Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbat.
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