«Wir haben heute bis 12.30 Uhr gelesen», sagte Brinkmann am Samstag. Auf insgesamt 1,5 Hektar Fläche wachsen die gut 5.000 Reben in Bad Iburg.
Innerhalb von knapp sechs Stunden Ernte kamen knapp eine Tonne reife Rotweintrauben der Sorte «Regent» zusammen. Jan Brinkmann und seine Familie bauen auf dem «Teutoburger Südhang» auch die beiden Weißweinsorten «Helios» und «Solaris» an.
Die «Solaris»-Ernte Ende August belief sich demnach auf rund 350 Kilogramm. Insgesamt kommt er in dieser ersten Weinsaison auf eine Ernte von knapp 1,5 Tonnen.
«Wir hatten ursprünglich dieses Jahr noch mit gar keiner Ernte gerechnet», schilderte Brinkmann. Erst 2018 im Mai hatten er und seine Familie gepflanzt. Ein Teil wurde bereits Ende August gelesen, nun folgte an diesem Samstag der Rest.
Am Nachmittag war der Landwirt mit den frischen Trauben bereits auf dem Weg nach Rheinhessen. Dort, in Pfaffen-Schwabenheim bei
Winzer Jakob Demmer, wird aus den Trauben der Wein hergestellt. «Den ganzen
Ausbau mache ich da unten», sagte Brinkmann.
Er helfe auf dem rheinhessischen Weingut für vier Wochen bei der Ernte und der Verarbeitung der Trauben mit und könne Erfahrungen sammeln. In erster Linie komme der Geschmack des Weines aus dem Weinberg: «Ob es ein guter Wein wird oder ich ihn verhaue, entscheidet sich dann beim Ausbau im Weinkeller.» Deshalb werde Samstag für ihn ein sehr langer Arbeitstag.
Vom Beginn der Weinlese um 7.00 Uhr dürfte die Arbeit erst gegen 23.00 Uhr abends enden, prognostizierte der 23 Jahre alte Jungbauer. Das pressen seiner Menge an Rotweintrauben werde wohl etwa zwei Stunden dauern, schätzte er.
Niedersachsen ist erst seit 2016 Weinanbauland. Damals bekam das Land nach einer weinrechtlichen Änderung vom Bund die Anbaurechte. Derzeit wird laut
Landvolk auf mehr als 17 Hektar in Niedersachsen Wein angebaut. Drei Jahre zuvor waren es demnach gerade mal 7,5 Hektar.
In ein paar Jahren will Brinkmann 10.000 Tonnen
Weintrauben ernten, und der Wein solle auch zum Einkommen des Hofes beitragen. Bislang betreiben die Brinkmanns Schweinehaltung: Sie halten 250
Muttersauen und verkaufen die Ferkel an Mäster. Etwas
Ackerbau kommt hinzu, in der Vergangenheit vor allem zur Futtergewinnung für die Tiere.
Aber auch hier experimentiere der Betrieb: «Wir bauen auch Nutzhanf an. Der ist nicht zum Rauchen, sondern geht in die Textilindustrie und die Dämmstoffherstellung», erklärt Brinkmann. Mancher aus der Nachbarschaft habe schon gespottet: Jetzt seien die Brinkmanns ganz auf Rauschmittelherstellung umgeschwenkt.
Das Experimentieren mit neuen Erwerbsquellen hat einen ernsten Hintergrund: Für die Schweine- und vor allem die Sauenhaltung sehe er keine wirkliche Zukunft mehr in Deutschland. Daher habe die Familie nach Alternativen gesucht, sagt Brinkmann. Allerdings sind die Investitionen enorm: Weinfachleute sprechen von mindestens 25.000 Euro pro Hektar nur für den Weinberg. Hinzu kommt der hohe Aufwand bei der Lese der Trauben, und wenn irgendwann einmal der Wein im eigenen
Betrieb gekeltert werden soll, sind weitere Investitionen in Maschinen und Weinkeller erforderlich.
Die nördlichsten Winzer Deutschlands sind die Weinbauern in Niedersachsen allerdings nicht. Auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gibt es schon seit einigen Jahren Weinanbau - etwa auf der Nordseeinsel Föhr.