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23.02.2018 | 07:25 | Skandal aufgedeckt 
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Tierschützer erneut wegen Hausfriedensbruchs freigesprochen

Naumburg - Trotz Einbruchs in eine Schweinemastanlage hat ein Gericht die Revision gegen Freisprüche für drei Tierschützer als unbegründet verworfen.

Missstände in einer Schweinemast
Jubel bricht aus im Gerichtssaal, als der Vorsitzende Richter den Freispruch von drei Tierschützern bestätigt. Aus deren Sicht ist das ein Urteil «mit Signalwirkung». (c) proplanta
Sie waren 2013 in eine Schweinemastanlage mit rund 60.000 Tieren in Sachsen-Anhalt eingedrungen und hatten Missstände gefilmt. Der Eigentümer des Betriebs im Landkreis Börde hatte sie wegen Hausfriedensbruchs verklagt. Die Staatsanwaltschaft hatte Geldstrafen zwischen 300 und 800 Euro für die drei Tierschützer gefordert. 

Das Oberlandesgericht Naumburg befand am Donnerstag, die Angeklagten hätten einen Skandal - schwerste und dauerhafte Missstände - aufgedeckt, einen Notstand, der kaum zu überbieten sei. Dies rechtfertige die Verletzung des Hausrechts, das Tierwohl sei höher einzuschätzen. Sie hätten mit ihren Aufnahmen Beweise gesichert und damit dafür gesorgt, dass «endlich etwas geschah», begründete der Vorsitzende Richter des 2. Strafsenats, Gerd Henss. Staatliche Stellen hätten auf Anzeigen der Tierschützer über Missstände wie zu enge Haltungsbedingungen nicht ausreichend reagiert. «Es ist bewusst vertuscht worden, was geschehen ist», sagte der Richter.

Zugleich betonte er, das Urteil sei «kein Freibrief für tatsächliche oder selbst ernannte Tierschützer». Eine Notstandshandlung dürfe nur dann begangen werden, wenn es keine andere Möglichkeit gebe und massive Rechtsverstöße vorlägen. Nach Angaben eines Gerichtssprechers dürfte das Urteil das erste seiner Art sein, das von einem Oberlandesgerichts in Deutschland gesprochen wurde.

Im voll besetzten Verhandlungssaal brach nach der Urteilsverkündung Jubel aus. Die drei Angeklagten - zwei Männer und eine Frau - hatten während der Verhandlung ihr Tun erneut verteidigt. Sie hätten keine Unterstützung von den staatlichen Behörden bekommen, um das Leid der Tiere abzustellen. «Ein Schweigen und Nichtstun ist nicht mit meinem Gewissen zu vereinbaren. Die Zustände waren unerträglich», sagte der Angeklagte Jürgen Foß. Zum Urteil sagte er: «Es wird nicht alles gleich morgen besser sein.»

Die drei Tierschützer waren zuvor vom Amtsgericht Haldensleben und Landgericht Magdeburg freigesprochen worden. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft jeweils Revision eingelegt. Oberstaatsanwältin Maria Ascheberg hatte eine Neuauflage an einer anderen Strafkammer des Landgerichts Magdeburg gefordert. Die Verteidigung hatte erneut auf Freispruch plädiert und sieht im Urteil «Signalwirkung» für den Tierschutz in Deutschland.

Nach Angaben des Magdeburger Agrarministeriums gab es seit 2013 mehrere Kontrollen in dem Betrieb in Sandbeiendorf. Daran waren Landkreis, Landesverwaltungsamt und Agrarministerium beteiligt. Zudem seien dem Betrieb Auflagen erteilt worden.

Sachsen-Anhalts Agrarministerin Claudia Dalbert (Grüne) sagte, es sei jetzt Aufgabe des Bundes, dafür zu sorgen, dass der Tierschutz in Schweineställen flächendeckend eingehalten werde.
dpa/sa
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Kommentare 
franzvonassisi schrieb am 08.03.2018 17:21 Uhrzustimmen(6) widersprechen(1)
Danke, grossen Dank an die, die diese täglichen Verbrechen an hilflosen Tieren aufdecken. Sie haben meine Anerkennung, meine Bewunderung. Für jeden Quatsch wird man geehrt und mit Preisen ausgezeichnet. Diese Tierrechtsaktivisten hätten es so sehr verdient, es sind wirkliche Helden. Bedenken wir bitte einmal, welche psychische Belastung ein tierliebender Mensch ertragen muss, wenn er Tiere vorfindet, die sich quälen oder praefinal sind. Es ist großartig, dass diese Menschen es trotzdem tun, dass sie diese eklatanten Verstösse aufdecken, an die Medien gehen. Dass die Pharisäer, die den Tieren so etwas antun, auch noch den Mut haben, die Aktivisten anzuzeigen, finde ich unglaublich! Ich würde an der Stelle derer, denen man Tierquälerei nachweist, nur noch ganz, ganz leise atmen.....!
maximilian schrieb am 24.02.2018 20:24 Uhrzustimmen(11) widersprechen(1)
Einbruch ist im deutschsprachigen Raum keine Straftat. Es muss die Aneignungsabsicht hinzukommen. Also Einbruchdiebstahl. Entwendung von Sachen oder Informationen.
Hausfriedensbruch ist ein Antragstatbestand, der vom Staat nur auf Antrag des Betroffenen verfolgt wird.
Wenn die tierquälerischen Zustände in unseren Tierhaltungen beseitigt sind, wird es auch keine Veranlassung für Tierschützer geben unbefugt Ställe zu betreten. Ist doch ganz einfach !
Direktzahler schrieb am 24.02.2018 18:48 Uhrzustimmen(13) widersprechen(0)
Danke an alle Richter die in diesen Fall entschieden haben
cource schrieb am 23.02.2018 10:17 Uhrzustimmen(15) widersprechen(12)
das ist der vorteil des unpolitischen tierschutzes, man kann den tierschützern keine linke systemkritik unterjubeln, weil sie sich ausschließlich für das wohl der tiere einsetzen und damit auch nicht das unmoralische/ausbeutersystem als solches infrage stellen sondern sogar an eine reformierbarkeit des systems glauben und unter diesem umstand kommt das gericht/richter auch nicht in den verdacht linke/grüne politik zu machen---elegante lösung des problems
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