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06.08.2019 | 09:00 | Treibhausgase in der Landwirtschaft 
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Für den Klimaschutz muss Zahl der Nutztiere sinken

Berlin - In der Grillsaison hören Fleischliebhaber das wohl ungern: Wenn die Zahl der Kühe, Schweine und anderer Nutztiere nicht sinkt, kann die deutsche Landwirtschaft aus Sicht von Umweltverbänden ihre Klimaziele nicht schaffen.

Treibhausgase Landwirtschaft
Beim Klimaschutz stehen meistens Verkehr, Heizen und Stromerzeugung im Fokus. Doch auch die Landwirtschaft muss Treibhausgase einsparen. Agrarministerin Klöckner hat dafür einen Plan - in dem aus Sicht von Umweltschützern etwas Entscheidendes fehlt. (c) proplanta
Dazu fordern die Verbände strengere Vorgaben für die Bauern - und halten Pläne, die Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) fürs Sparen von Treibhausgasen vorgelegt hat, für zu lasch.

«In den vergangenen 15 Jahren sind in Deutschland die Klimagase aus der Landwirtschaft weitgehend auf gleich hohem Stand geblieben», sagte Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter der Deutschen Presse-Agentur. Steigende Tierbestände hätten Erfolge anderswo zunichte gemacht.

2004 stieß die Landwirtschaft nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) 64,5 Millionen Tonnen sogenannter CO2-Äquivalente aus, 2017 waren es 66,3 Millionen Tonnen. Das waren gut sieben Prozent der Treibhausgase in Deutschland. Für 2018 liegt die Schätzung bei 63,6 Millionen Tonnen.

Um den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2), Methan und anderen Gasen aus der Tierhaltung zu mindern, hat Klöckner dem Klimakabinett unter anderem vorgeschlagen, Fördermaßnahmen künftig davon abhängig zu machen, dass ein Betrieb pro Hektar Fläche nicht mehr als zwei «Großvieh-Einheiten» hält - das sind zum Beispiel ungefähr zwei Kühe oder 20 Schafe. Zudem soll die Förderung «mehr im Hinblick auf das Tierwohl ausgerichtet werden», heißt es in den Vorschlägen. Wie viel CO2 das spare, sei nicht einzuschätzen.

Allerdings verweist das Ministerium auf einen Rückgang der Tierbestände seit 2014, bei den Rindern zum Beispiel von 2014 bis 2018 um 6,4 Prozent - auch in den nächsten Jahren werde sich der Trend fortsetzen, teilte eine Sprecherin mit.

Aus Sicht von Christian Rehmer vom BUND ist das zu wenig. «Wir brauchen eine Bindung der Tierhaltung an die Fläche und zusätzlich Obergrenzen pro Standort», sagte er der dpa. Vor allem bei Schweinen und Geflügel müssten die Bestände reduziert werden. «Wiederkäuer auf der Weide haben eine wichtige Funktion für den Erhalt des Grünlands, das wiederum wichtig für den Klimaschutz ist», sagte er mit Blick auf Kühe.

Christine Tölle-Nolting vom Nabu hält weniger Tiere ebenfalls für unbedingt notwendig - und damit auch, weniger Fleisch zu essen. Auch sie findet, dass vor allem in Regionen mit «Intensivtierhaltung» - also Megaställen - die Zahl der Tiere an die Fläche gekoppelt werden müsste. Denn wenn Gülle auf den Feldern landet, werden Treibhausgase freigesetzt, und Überdüngung ist in vielen Regionen ein großes Thema.

Im Klimaschutzplan von 2016 hat die große Koalition Ziele für den Agrarbereich vereinbart: Bis 2030 sollen die Emissionen um 31 bis 34 Prozent sinken im Vergleich zu 1990. Kompliziert ist, dass manchmal die etwa von Agrarmaschinen verbrauchte Energie eingerechnet wird, manchmal nicht. Bis 2016 waren laut Klimaschutzbericht der Bundesregierung etwa 20 Prozent Minderung geschafft.

Darauf verweist auch der Deutsche Bauernverband - und weist die Forderung der Umweltverbände zurück. «Nicht die Fleischerzeugung per se ist klimaschädlich. Es kommt viel mehr darauf an, wie klimaeffizient die Tiere gefüttert und gehalten werden», sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken der dpa. Tierhaltung in Deutschland stehe im internationalen Vergleich sehr gut da.

Im Schnitt liege der Bestand an Tieren bei weniger als einer Großvieheinheit - etwa einer Kuh oder zehn Schafen - pro Hektar, sagte Krüsken. «Die Forderungen nach einer weiteren Begrenzung sind daher im Zusammenhang mit dem Klimaschutz populistische Augenwischerei.» Für den Nabu ist dagegen der Schnitt auf Gemeindeebene wichtig, nicht der bundesweite. Er liegt in manchen Regionen Deutschlands, etwa Niedersachsen, teils höher.

Landwirtschaft sei «wie kein zweiter Bereich unmittelbar vom Klimawandel betroffen», sagte Krüsken. Eine Landwirtschaft ohne Emissionen sei aber aufgrund der natürlichen Prozesse nicht möglich.

Humusaufbau in Böden und die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen könnten aber dazu beitragen, Treibhausgase der Atmosphäre wieder zu entziehen. «Maßnahmen, die lediglich zur Verlagerung der Erzeugung, zu mehr Lebensmittelimporten und damit nur zur Verlagerung von CO2-Emissionen führen, helfen dem Klimaschutz nicht», sagte er.

Klöckner setzt beim Klimaschutz unter anderem auch auf strengere Düngeregeln, mehr Einsatz von Gülle, Jauche und Mist in Biogasanlagen und die Ausweitung des Bio-Anbaus, nachhaltige Waldwirtschaft, Schutz von Mooren und weniger Lebensmittel-Verschwendung - und eben die Reduktion der Emissionen aus der Tierhaltung, ohne dabei aber ins Detail zu gehen.

«Entweder hat die Landwirtschaftsministerin das Problem nicht erkannt oder sie traut sich nicht, sich mit der Fleisch- und Futtermittellobby anzulegen», kritisierte Hofstetter von Greenpeace. «Fakt ist: Ohne eine erhebliche Reduzierung der Tierhaltung wird das Ministerium die Klimaziele verfehlen.»
dpa
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Kommentare 
Dulijä schrieb am 06.09.2019 00:41 Uhrzustimmen(0) widersprechen(1)
Nachtrag:
Unverständlich, warum gerade wir, in diesem winzigen Fleckchen auf der Weltkugel immer meinen, durch unsere Beschneidungen der Freiheit des Einzelnen, egal ob CO2, Fleischkonsum, Düngemittel, Dieselabgase, Meinungsäußerungen usw. die Welt retten zu können, während China, die Staaten, Afrika, Südamerika usw. nicht einen Gedanken daran verschwenden, im Gegenteil noch aus entsprechenden Abkommen aussteigen bzw. gar nicht unterzeichnen.
Wir sollten die hier unter höchsten Standards produzierten Lebensmittel auch an die hier lebende Bevölkerung verkaufen. In Biomärkten finden sich seit Wochen um diese Jahreszeit keine heimischen Paprika, Gurken, Karotten, Tomaten etc., nur aus Italien/Spanien/Niederlande......
Dulijä schrieb am 06.09.2019 00:29 Uhrzustimmen(0) widersprechen(0)
Wäre ja schön, wenn das hier aufgezogene Kalb/Rind auf unseren Tellern landen würde. Ist es nicht so, dass dieses Fleisch ins Ausland geht und bei uns ein minderwertiges Etwas aus dem Ausland in den Supermärkten liegt?
Und jetzt kommt ja noch mehr Fleisch aus Übersee zu uns, damit wir unsere Tiere abschaffen, die nach höchsten Gütekriterien herangezogen wurden.
Horrorvision meinerseits: Es gibt bald nur noch Zeug (ja, ganz bewusst wähle ich diesen Ausdruck) aus dem Ausland, das bei weitem nicht unseren Anforderungen entspricht. Aber es ist dann halt billig - dies im wahrsten Sinne des Wortes.
Leckerchen schrieb am 02.09.2019 21:40 Uhrzustimmen(0) widersprechen(1)
Hallo liebe Leute.Irgendwie habe ich das irgendwann und irgendwo alles schon einmal gehört und gelesen und es ist alles so geblieben.Wie wäre es mal darüber nachzudenken warum es soviel in den Läden zu kaufen gibt. Das ist doch ein unnötiges Überangebot ! Würde weniger in den Läden liegen , müßte nicht so viel Fleisch produziert werden, geht doch jede Woche Freitags auch, nach dem Kaufrausch am Donnerstag! Dann wäre der Druck auf die Landwirt nicht so groß immer wieder mehr zu produziueren um das Fleisch billig an die Discounter verramschen zu müssen. Es wären weniger Tiere nötig und es könnte sich mehr um die verbleibenden Tiere gekümmert werden. Aber es geht nur um das Verkaufen von allen möglichen Sachen, egal ob es Sinn macht oder nicht. Und das Überangebot wird mit unserer Nachfrage begründet und mit Werbung noch angeheizt. Aber keine Panik, ich bin kein Veganer und mir schmeckt das Fleisch auch! Ich achte nicht auf Werbung und ich kaufe nur wenn ich darauf appetit habe, unabhängig vom Preis! Also einfach mal den gesunden Menschenverstand gebrauchen und fragen wem nutzt der ganze Wahnsinn.... Lieber weniger Tiere auf der grünen Wiese, wo das Gras, das ist Futter, falls sich noch einer daran erinnern kann, dann braucht man nicht extra Futter anbauen bzw. weniger !
Smiling Boy schrieb am 07.08.2019 11:28 Uhrzustimmen(2) widersprechen(0)
Ich finde, daß Frau Julia Klöckner auf einem guten Wege ist. Dass sie von zwei entgegengesetzten Seiten kritisiert wird, liegt in der Natur der Politik. Unabhängig davon, dass - wie Herr Krüsken vom Deutschen Bauernverband argumentiert - der deutsche Durchschnitts-Tierbestand bei weniger als einer Grossvieheinheit pro ha liegt, sollte er verbindlich auf höchstens 2 Einheiten pro ha gesenkt werden (das würde dann den Durchschnitt weiter senken, und das wäre gut).
Unsere Vorfahren vor Tausenden von Jahren ernährten sich mit Fleisch und Pflanzen, so ist der Mensch von Natur aus also sowohl ein Fleisch- als auch ein Pflanzenesser. Aufgrund des Erkennens der Gefahren, die durch Fehlverhalten der menschlichen Spezies in den letzten Jahrhunderten für die Welt entstanden und immer schneller zunehmen, könnte man aber ohne weiteres die Gewichtungen verschieben: weniger Fleisch und mehr Pflanzen.
Eine der grössten und unentschuldbaren Sünden (leider auch durch völlig unverständliche Gesetzgebungen bei Krankenhäusern, Gastronomie, u.v.m. befördert) ist das Wegwerfen guter Lebensmittel. Wer die vorgeschriebenen Haltbarkeitsdati als Verpflichtung und nicht als Orientierungshilfe ansieht, sollte sich angewöhnen, sich auf seine eigenen sehr guten Sinne zu verlassen: Augen, Nase und Geschmack.
Edelgart schrieb am 06.08.2019 21:49 Uhrzustimmen(3) widersprechen(0)
Brandenburg ist der Klimaschutz wohl egal. Die Obergrenze soll Bundesweit nun auf 2 Großvieheinheiten je ha begrenzt werden. In Brandenburg hat die SPD/Linke, geführt unter Woidke geführte Landesregierung den Mindestbesatz im ölkologischen Landbau von 0,3 auf 0,5 RGV auf Grünland und Ackergras erhöht. Nachzulesen in der KULAP-Richtlinie vom Land Brandenburg, unterschrieben durch den Minister Vogelsänger. Somit war ich als kleiner Landwirtschaftsbetrieb nach 20 Jahren gezwungen, den Viehbesatz fast zu verdoppeln. Kurz zuvor wurden in anderen Bundesländern, wie z.B. MV der Mindestbesatz im öklologischen Landbau total abgeschafft.
Ein Mindestbesatz von 0,1 GVE würde genügen um die Viehhaltung aufrecht zu erhalten. Wenn genug Futter vorhanden ist, hält der Landwirt automatisch mehr Tiere bis zu einen gewünschten Höchstbesatz.
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