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21.12.2019 | 04:41 | Wolfsvorkommen 

Ohrdrufer Wölfin rückt ins Visier

Erfurt - Der Antrag zum Abschuss der Ohrdrufer Wölfin ist im zuständigen Landesamt eingegangen und wird geprüft.

Wolfsvorkommen
Allzu häufig soll sie Hürden überwunden und Schafe gerissen haben: Die Ohrdrufer Wölfin könnte auf die Abschlussliste kommen. Entscheiden muss das die oberste Naturschutzbehörde - aber es gibt rechtliche Bedenken. (c) chphotography86 - fotolia.com
Die Dokumente seien am Donnerstagabend eingereicht worden, teilten das Umweltministerium und die zuständige Behörde, das Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz, am Freitag mit. Zuvor hatten Zeitungen der Funke-Mediengruppen berichtet. Die Experten des Landesamts müssen nun über den Antrag und damit über das Leben der Wölfin entscheiden.

Das Ministerium unter Anja Siegesmund (Grüne) kündigte vergangene Woche an, den Abschuss der Wölfin auf dem Truppenübungsplatz bei Ohrdruf beantragen zu wollen; dort ist ihr Revier. Nach Einschätzung des Ministeriums liegt eine Ausnahmesituation vor, die es erlaube, die eigentlich streng geschützte Wölfin zu töten. So habe das Tier etwa zum wiederholten Mal nachweislich als optimal eingestufte Herdenschutzzäune überwunden und Schafe gerissen.

Erst am Donnerstag beschloss der Bundestag ein Gesetz, wonach Wölfe zum Schutz von Schafen und anderen Weidetieren in Deutschland künftig leichter geschossen werden dürfen. Demnach soll ein Abschuss auch dann möglich sein, wenn unklar ist, welcher Wolf genau zum Beispiel eine Schafherde angegriffen hat.

Das Füttern und Anlocken der geschützten Tiere soll allerdings verboten werden. Die Maßnahmen sollen wirtschaftliche Schäden für Bauern und Hobbyschäfer abwenden und auch Verunsicherung in vielen Dörfern entgegenwirken.

Nach den von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) vorgelegten Plänen sollen so lange Wölfe in einer Gegend geschossen werden können, bis es keine Attacken mehr gibt - auch wenn dafür ein ganzes Rudel getötet wird.

Die Länderbehörden müssen aber jeden Abschuss einzeln genehmigen. Künftig soll zudem schon eine Abwendung «ernster wirtschaftlicher Schäden» reichen. Das soll es auch Hobbyschäfern ermöglichen, Entschädigungen zu bekommen, wenn Wölfe zuschlagen.

Aus Sicht des Thüringer Umweltministeriums ist das Gesetz sinnvoll, weil damit bundesweit einheitliche Vorgaben geschaffen werden. Vieles, was das Gesetz vorsieht, werde ohnehin schon so in Thüringen praktiziert, sagte ein Ministeriumssprecher. Beispielsweise steht dort drin, dass Mischlinge aus Wolf und Hund, sogenannte Hybride, geschossen werden sollen. Gerade auch wegen dieser Problematik war die Ohrdrufer Wölfin häufig in den Schlagzeilen.

Lange galt sie als einzige standorttreue Vertreterin ihrer Art in Thüringen. Wohl in Ermangelung eines Artgenossen paarte sie sich mit einem Haushund und warf Mischlinge. Einige dieser Hybride wurden mit Genehmigung aus Artenschutzgründen geschossen, andere sind wohl abgewandert.

Mittlerweile hat sich die Wölfin erneut gepaart - vermutlich mit einem Sohn aus ihrem ersten Mischlingswurf - und wieder Hybride zur Welt gebracht. Auch diese stehen auf der Abschussliste. Die Mischlinge sollen nicht den Genpool der als stark gefährdeten eingestuften Art Wolf verwässern.

Das Gesetz vom Bundestag beschlossene Gesetz ist nicht unumstritten. Steffi Lemke, Bundestagsabgeordnete der Grünen warnte etwa davor, dass ein präventiver Abschuss von Wölfen europarechtlich nicht zulässig sei. Auch die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht bemängelt unter anderem, die neue Regelung untergrabe EU-Recht.

Erst im Oktober hatte der Europäische Gerichtshof Genehmigungen zum Abschuss von Wölfen enge Grenzen gesetzt. Demnach müssen Behörden unter anderem ein klares Ziel definieren und wissenschaftlich belegen und dass es keine Alternativen gibt.

Im Falle der Ohrdrufer Wölfin begrüßte der Thüringer Bauernverband den geplanten Abschuss. Der Verband hatte selbst bereits einen Antrag dazu gestellt. Der Naturschutzbund (Nabu) Thüringen dagegen kritisierte die Entscheidung. Auch dort wird an der Rechtmäßigkeit eines Abschusses gezweifelt. «Eine mögliche Klage gegen eine Genehmigung zur Tötung der Wölfin prüft der Verband gerade», hieß es in einer Mitteilung von Freitag.

Aus Sicht des Nabus hat in vielen Fällen ein teils mangelhafter Herdenschutz Attacken auf Nutztiere wie Schafe erleichtert. «Ein absolut wirksamer Schutz wären hier die Herdenschutzhunde», sagte der Nabu-Wolfsexperte Silvester Tamás.
dpa/th
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