In diesem Jahr gebe es so viele Jungstörche wie selten, sagte die Koordinatorin des Weißstorchschutzes in Baden-Württemberg, Ute Reinhard. Sie spricht von einem überwiegend guten Bruterfolg in den meisten Regionen Baden-Württembergs. Die Storchenbeauftragte kann insbesondere für die Region Oberschwaben sprechen. Dort sei der Bruterfolg «recht gut». In vielen Nestern säßen noch Jungstörche. Auch auf Horsten in Riedlingen (Kreis Biberach) seien sie noch zu sehen.
Aufgrund der warmen Witterung habe sich die Nahrung der Störche - wie
Heuschrecken und Mäuse - schnell entwickelt. Zudem könnten die Störche durch gute Aufwinde «weiter entfernte Nahrungsgebiete nutzen», erklärte die Expertin. Wie viele Weißstörche es genau in diesem Jahr im Südwesten gibt, ist noch nicht bekannt. Im Jahr 2017 gab es in ganz Baden-Württemberg rund 1.055 Brutpaare. Reinhard rechnet damit, dass die Population in diesem Jahr voraussichtlich um zehn Prozent gestiegen ist. Die Zahlen liegen erst im Oktober vor.
Der Naturschutzbund Nabu freute sich über Zuwachs seines Wappentieres. Auch in Achern (Ortenaukreis) siedeln sich immer mehr Weißstörche an. «In diesem Jahr haben wir im Ortsteil Gamshurst 16 Paare und Nester, und mit 31 Jungstörchen haben wir 10 mehr als im vergangenen Jahr», sagte Ortsvorsteher Hans Jürgen Morgenstern der Deutschen Presse-Agentur. Die Weißstörche gebe es dort schon seit 1969.
Auffällig sei, dass die Weißstörche ihre Nester nur auf der Kirche, dem Pfarramt und dem Rathaus des 1.700-Einwohner zählenden Ortsteils gebaut hätten, sagte Morgenstern. Die Dächer dieser Gebäude sehen dann auch entsprechend aus, sie sind großflächig mit weißlichem Kot bedeckt. Regelmäßig müssten auch die Dachrinnen und die Dachkehlen dieser Gebäude gereinigt werden, weil sich dort immer Nistmaterial - Moos, Gras und Federn - verfange. «Wenn das so weitergeht, haben wir ein Problem», meinte Morgenstern.
Die Umgebung von Achern ist nach den Worten des Ortsvorstehers ideal für Weißstörche. Es gibt
Wiesen und Felder, die regelmäßig gemäht werden, und Gräben. Die Tiere kommen so an ausreichend Nahrung.
Der diesjährige Bruterfolg geht laut Nabu auch auf den engagierten Einsatz vieler Naturschützer in Baden-Württemberg zurück. «Die anpassungsfähigen Großvögel profitieren von jenen Wiesen, die giftfrei und wenig gedüngt sind sowie abschnittsweise gemäht werden, weil sie dort genügend Nahrung finden», sagte Nabu-Landesvorsitzender Johannes Enssle.
Handlungsbedarf sieht Enssle bei der Reduktion von Pestiziden sowie dem besseren Schutz der Störche vor Stromschlägen an Mittelspannungsmasten und -leitungen. «Gefährlich ist nicht nur die Reise der Störche in den Süden. Auch in Baden-Württemberg sind Großvögel gefährdet, weil viele Mittelstromleitungen noch nicht vogelfreundlich nachgerüstet sind. Wenn Vögel darauf landen, sterben sie.» Das Problem sei seit Jahren bekannt:
Das
Bundesnaturschutzgesetz schreibe eine Sanierung gefährlicher Masten vor. «Doch die Netzbetreiber drücken sich seit mittlerweile fünf Jahren vor der Aufgabe. Das Land muss dringend bei den Netzbetreibern auf die Nachrüstung pochen», betonte Enssle.