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13.06.2019 | 00:04 | Wolfsmanagement 
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Wie schützt man Herden vor Wölfen?

Berlin - Im heftigen Streit um den Abschuss von Wölfen in Deutschland fordern Natur- und Tierschützer bundesweit einheitliche Regeln und mehr Unterstützung für den Schutz von Weidetieren.

Wölfe in Deutschland
Seit etwa zwei Jahrzehnten sind Wölfe zurück in Deutschland. Routine im Umgang mit den geschützten Raubtieren gibt es aber noch nicht - dafür tief zerstrittene Lager. Naturschützer sagen: Abschießen hilft Schafen und Schäfern nicht. Aber was dann? (c) proplanta
Der Herdenschutz sei der Schlüssel im Umgang mit Wölfen, sagte Nabu-Präsident Olaf Tschimpke am Mittwoch in Berlin mit Blick auf Rufe, den Abschuss der Tiere zu vereinfachen.

Das Thema werde genutzt, um Naturschutz und Landnutzung gegeneinander auszuspielen. Dabei müsse beides miteinander versöhnt werden. Dafür solle das Bündnis der Verbände stehen, das gemeinsame Forderungen vorstellte.

Die Umweltverbände Nabu, WWF und BUND haben sich dafür unter anderem mit dem Ökologischen Jagdverband und dem Verband der Berufsschäfer zusammengetan. Bauernverband DBV und Jagdverband DJV, die deutlich größer sind, lehnten die Forderungen dagegen ab.

Seit Jahren wird erbittert über den Umgang mit den streng geschützten Wölfen gestritten. Bisher dürfen nur einzelne Tiere abgeschossen werden, wenn sie mehrfach auffällig geworden sind und Tiere gerissen haben.

Unter dem Stichwort «Wolfsmanagement» fordert eine Seite, auch unabhängig von Wolfsrissen zu erlauben, die Tiere zu schießen - um ihre Zahl zu begrenzen oder auch wolfsfreie Zonen zu schaffen. Die Gegenseite lehnt das strikt ab. Gegenseitig werfen sie sich «Wolfsromantik» beziehungsweise «Angstmacherei» und Populismus vor.

Seit der Jahrtausendwende breiten sich Wölfe in Deutschland aus, nachdem sie lange ausgerottet waren. 2017/2018 ergab das Monitoring der Behörden 75 Rudel, 30 Paare und drei Einzeltiere. Wie viele Wölfe das sind, ist schwer zu sagen, da die Rudelgröße schwankt, es sterben viele Welpen.

Das Umweltministerium spricht von drei bis acht Wölfen pro Rudel, der Nabu von acht. Damit käme man auf 600 bis 700 Tiere. Die meisten leben in Ost- und Norddeutschland. Das laufende Monitoring-Jahr ist nicht abgeschlossen.

Laut Statistik für 2017 gab es insgesamt 472 Angriffe auf 1.667 Weide- und Gehegetiere, davon 1.366 Schafe. Menschen sind nicht gebissen worden.

Meist steht in der Debatte der Abschuss von Wölfen im Vordergrund, das Kabinett hat dazu im Mai einen Gesetzentwurf verabschiedet. Er erleichtert den Abschuss von Wölfen nach Schäden - dass es Wolfsrisse gibt, bleibt aber Voraussetzung.

Die Union will den Entwurf im Bundestag nachschärfen. Das Schaffen wolfsfreier Zonen bleibe auf der Tagesordnung, sagte Fraktionsvize Gitta Connemann der dpa. «Der beste Herdenschutz ist die Regulierung von Wolfsbeständen.»

Das sieht das Naturschutz-Bündnis allerdings anders. Robert Kless vom International Fund For Animal Welfare sagte, da Wölfe sehr mobil seien und pro Nacht bis zu rund 70 Kilometer zurücklegten, könnten sie überall in Deutschland auftauchen. Es brauche deshalb überall Herdenschutz - auch wenn es weniger Tiere seien.

Eckard Fuhr vom Ökologischen Jagdverband sagte, an der Schadensstatistik lasse sich ablesen, dass mehr Wölfe nicht automatisch mehr Schäden bedeuteten, wenn Herdenschutz wie zum Beispiel in Brandenburg umgesetzt werde.

Die Verbände fordern unter anderem, dass zusätzlicher finanzieller und personeller Aufwand zum Schutz von Weidetieren vor Wölfen zu 100 Prozent aus öffentlichen Mitteln bezahlt wird - etwa höhere Zäune, Elektrozäune oder Hütehunde. Auch für die Entschädigung etwa von Schäfern für gerissene Tiere und für den Abschuss auffälliger Wölfe machen sie Vorschläge. Auffällige Wölfe zu töten müsse «das letzte Mittel im Einzelfall» sein.

Die Initiative «Wolf bleibt Wolf», hinter der unter anderem Bauern- und Jagdverband stehen, kritisierte den Vorstoß: «Betroffene Weidetierhalter und Nutzerverbände waren wohlweislich nicht eingeladen, sich zu beteiligen», hieß es in einer Mitteilung.

Für Deutschland müsse ein «Akzeptanzbestand» an Wölfen definiert werden, der über Jagd erreicht werden solle. Bauernverbands-Generalsekretär Bernhard Krüsken sagte, in vielen Regionen gelte heute schon «Wolf oder Weide», nicht beides zusammen. «Ohne aktives Wolfsmanagement hilft der Herdenschutz nicht.»
dpa
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Kommentare 
Fortsmeister schrieb am 14.06.2019 19:29 Uhrzustimmen(7) widersprechen(1)
Über Jahrhunderte war der Wolf in Deutschland verschwunden. Ausgerottet, als Nahrungskonkurrent des Menschen. Es war natürlich nicht nur der Wolf der mit dem Menschen um die Nahrung konkurrierte, aber er gehörte dazu und ließ sich mit den damals verfügbaren Mitteln auch entsprechend ausschalten. Sowohl grundsätzlich, als auch zur Vorgehensweise damals mag man das heute in anderem Lichte sehen.
Der Wolf kam, bejubelt von einem durchaus naiven Kreis an Pseudoökologen, die wohl ihre Erkenntnisse nach der Lektüre von Rotkäppchen und der Wolf gezogen hatten. Alle warnenden Berichte aus Südosteuropa und Nordamerika wurde gegen besseres Wissen als falsch abgetan. Nun, da Probleme eintreten fordern die damaligen Vertreter naive Maßnahmen zum Schutz von Herden. Hätte man damals gehandelt, wären die Probleme nicht eingetreten. Gegen alle wissenschaftlichen Erkenntnisse wurde die zu erwartenden Konflikte verharmlost.
Liebe Artenschützer, nehmt doch bitte zur Kenntnis, dass die Forderung nach einem Akzeptanzbestand lächerlich ist. Solange die Kosten nicht vollständig kompensiert werden, tausende von Euro aber in die Wolfsexperten investiert wird, sind wir von einem Kompromiss weit entfernt.
Zum Schluss, es tut mir leid, aber ökologisch brauchen wir den Wolf als Spitzenkonsument nicht für das Ökosystem. Denkt darüber einmal nach. Unsere ökologischen Probleme lösen wir schon gar nicht nicht mit einem netten Plüschtier. Es sei auch noch angefragt wie wir in den Auerwildschutzprojekten mit dem Wolf umgehen sollen. Werden dort nun Mediatoren eingesetzt die das ohnehin ökologisch nicht existenzfähige, bare mit Millionen auf Wusch des Artenschutzes gepämperte Auerwild gegen den Wolf schützen?
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