Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
26.02.2019 | 07:32 | Verpackungsmüll 

Abschaffung von Plastikbeutel bei Obst und Gemüse: Hilft das der Umwelt?

Düsseldorf - Die Verbrauchermarktkette Real will bis Ende 2020 die Plastikbeutel in der Obst- und Gemüseabteilung abschaffen.

Verpackungsmüll
Die Verbrauchermarktkette Real will rund 70 Millionen Plastikbeutel einsparen. Der Einzelhändler übernimmt damit eine Vorreiterrolle. Doch ob das der Umwelt wirklich hilft, ist umstritten. (c) proplanta
Damit wolle das Unternehmen rund 70 Millionen Plastikbeutel einsparen, berichtete die Handelskette am Montag. Andere große Handelsketten zögern mit diesem Schritt. Tatsächlich sehen auch Umweltschützer die Pläne von Real nicht nur positiv.

«Nachhaltigkeit spielt für unsere Kunden im Lebensmitteleinzelhandel eine immer größere Rolle», begründete Real Chef Patrick Müller-Sarmiento den Schritt der zum Metro-Konzern gehörenden Handelskette. «Die Menschen wollen heute nicht mehr nur Gutes essen, sie wollen das auch mit gutem Gewissen tun.» Real will durch den Schritt mehr als 140 Tonnen Kunststoffe einsparen. Gemessen am Gesamtverbrauch wäre die Einsparung von 70 Millionen Plastikbeuteln allerdings eher gering. Denn jährlich werden davon bundesweit nach Angaben des Bundesumweltamtes mehr als drei Milliarden verbraucht.

Ersetzt werden sollen die dünnen Plastikbeutel - im Fachjargon Hemdchen- oder Knotenbeutel genannt - bei Real durch kostenlose Tüten aus recyceltem Papier, wie man sie vor allem vom Wochenmarkt kennt. Außerdem will das Unternehmen waschbare Mehrwegnetze anbieten, die der Kunde allerdings kaufen muss.

Der Schritt von Real ist allerdings nicht unumstritten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) etwa sieht den Schritt von Real durchaus mit gemischten Gefühlen. Der BUND-Experte für technischen Umweltschutz Rolf Buschmann betonte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, zwar seien Papierbeutel, wenn sie in die Umwelt gelangten, deutlich leichter abbaubar als Plastikbeutel. Doch insgesamt sei ihre Ökobilanz, wenn sie nur einmal benutzt würden, schlechter als die der Plastikbeutel. Für die Herstellung der Papiertüten werde mehr Energie und mehr Wasser verbraucht, als für die Produkte aus Plastik.

Andere große deutsche Händler schrecken bislang den auch vor einem solchen Schritt zurück. «Plastik einfach durch Papier zu ersetzen, ist nicht unbedingt die ökologisch sinnvollste Lösung. Denn auch der Einsatz von Papier erfordert Ressourcen», betonte ein Edeka-Sprecher. Deutschlands größer Lebensmittelhändler bietet den Kunden deshalb Mehrwegnetze als Alternative zum Knotenbeutel an und versucht sie zu sensibilisieren, häufiger einmal ganz auf einen Beutel zu verzichten. «Wir haben innerhalb der letzten drei Jahren bereits rund 95 Millionen Plastikbeutel eingespart», bilanzierte der Edeka-Sprecher.

Auch Rewe versucht die Kunden vom Vorteil wiederverwendbarer Mehrweg-Frischenetze zu überzeugen und bietet sie ab Ende April auch in seiner Discountkette Penny an. Aldi Süd testet in eine Reihe von Filialen Papiertüten und waschbare Mehrwegnetze als Alternative zu den Knotenbeuteln. Die Besonderheit: Der Discounter verkauft die Mehrwegnetze nicht nur, er untersucht auch, ob es Sinn macht, sie nur für den Weg von der Obstabteilung bis zur Kasse einzusetzen.

Auch Aldi Nord betonte auf Anfrage: «Wir sind uns dessen bewusst, dass der Knotenbeutel langfristig durch nachhaltigere Alternativen ergänzt werden sollte.» Und eine Lidl-Sprecherin erklärte, der Billiganbieter arbeite «an Alternativen zu den dünnwandigen Knotenbeuteln». Der BUND-Experte Buschmann plädierte unterdessen dafür, möglichst ganz auf die zusätzliche Verpackung zu verzichten. «Die Sinnfrage bei den Plastikbeuteln und Papiertüten muss grundsätzlich gestellt werden», verlangte er.
dpa
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Lemke hofft auf internationalen Durchbruch gegen Plastikmüll

 Auf dem Meeresgrund liegen bis zu elf Millionen Tonnen Plastikmüll

 Deutschland stimmt trotz Bedenken für neue EU-Verpackungsregeln

 Ziele für weniger Verpackungsmüll in der EU

 Exportmengen von Plastikmüll gen Asien steigen deutlich

  Kommentierte Artikel

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken

 Entwaldungsfreie Lieferketten: EU-Kommission zur Klärung aufgefordert

 Bund Naturschutz: Kein kategorisches Nein mehr zum Wolfsabschuss

 Nach Atomausstieg boomen erneuerbare Energien in Niedersachsen

 Massive Flächenverluste in Bayern

 Umsatzsteuersätze: Union will Reform

 Union fordert Ergebnisse beim Bürokratieabbau