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15.09.2018 | 06:32 | Gekündigt oder nicht? 

Mieter-Rechte bei Zahlungsverzug vor Gericht

Karlsruhe - Wer seine Miete nicht bezahlt, steht vor existenziellen Problemen - und schnell auf der Straße. Säumige Mieter haben eine letzte Chance, den Rauswurf abzuwenden.

Mieter-Rechte
Wenn die Miete ausbleibt, können Vermieter fristlos kündigen. Wer seine Schulden zügig begleicht, darf aber bleiben. Eigentlich. (c) proplanta
Mit einem Kniff setzen viele Vermieter trotzdem die Kündigung durch, kritisieren Mieterschützer. Seit Mittwoch beschäftigt die Thematik den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. (Az. VIII ZR 231/17 u.a.)

Worum geht es?

Anders als Mieter dürfen Vermieter normalerweise nur aus bestimmten Gründen kündigen, zum Beispiel weil sie die Wohnung selber für Familienangehörige brauchen. Je nachdem, wie lange der Mieter bei ihnen wohnt, müssen sie dabei Kündigungsfristen zwischen drei und neun Monaten einhalten. Eine Ausnahme ist die fristlose Kündigung.

Sie kann ausgesprochen werden, wenn die andere Seite ihre Pflichten so gravierend verletzt hat, dass es unzumutbar erscheint, an dem Mietvertrag festzuhalten. Nach Auskunft des Deutschen Mieterbundes geht es in mehr als 90 Prozent der Fälle um nicht gezahlte Miete.

Was gilt für Mietschulden?

Der Vermieter kann fristlos kündigen, wenn der Mieter zwei Monate nacheinander mit mehr als einer Monatsmiete in Verzug ist oder über längere Zeit mehr als zwei Monatsmieten schuldet. Das Gesetz sieht allerdings eine Schonfrist vor: Zahlt der Mieter binnen zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage sämtliche Schulden, wird die Kündigung unwirksam und er darf bleiben. Möglich ist auch, dass das Sozialamt einspringt und dem Vermieter das Geld vorschießt. Auf diese Weise kann man sich aber nur einmal in zwei Jahren retten.

Wo ist das Problem?

Um auf Nummer sicher zu gehen, dass der unzuverlässige Mieter auch wirklich auszieht, kündigen so gut wie alle Vermieter fristlos und gleichzeitig auch noch ordentlich mit Kündigungsfrist. «Das ist absolut gängig», sagt Mieterbund-Sprecher Ulrich Ropertz. Denn die ordentliche Kündigung ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) auch erlaubt, wenn «der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat» - also zum Beispiel die Miete nicht zahlt. Bei der ordentlichen Kündigung gibt es keine Schonfrist. Begleicht der Mieter seine Schulden, hilft ihm das nicht unbedingt.

Geht das denn?

Genau diese Frage stellt jetzt eine Kammer des Landgerichts Berlin den obersten Zivilrichtern am BGH. Die Berliner Richter haben in zwei Fällen Räumungsklagen gegen säumige Mieter abgewiesen. Sie gehen das Problem von der logischen Seite an und meinen: Eine fristlose Kündigung beende das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung - bis zum Zeitpunkt der Schonfristzahlung gebe es also gar kein Mietverhältnis mehr, das auch noch ordentlich gekündigt werden könnte. Die zweite Kündigung laufe damit ins Leere. Weil über die Frage seit langem gestritten wird, soll nun Karlsruhe für Klarheit sorgen.

Wie stehen die Chancen für die Mieter?

Der zuständige BGH-Senat hat 2005 schon einmal ein mieterfreundliches Urteil aus Berlin aufgehoben. Damals stellten die Richter darauf ab, dass ordentliche und fristlose Kündigung unterschiedlichen Regeln folgten. Die Gefahr, obdachlos zu werden, sei geringer, wenn bis zur Räumung noch mehrere Monate Zeit blieben. Außerdem müsse der Mieter nur ausziehen, wenn er seine Pflichten «schuldhaft» verletzt hat - er könne sich also noch darauf berufen, dass der finanzielle Engpass unvorhersehbar gewesen sei. Laut Mieterbund reicht das vor Gericht allerdings selten aus. Er fordert seit langem eine Gesetzesänderung.

Wie geht es jetzt weiter?

Der BGH hat sich das Problem noch einmal gründlich vorgenommen. Die Richter tendieren aber dazu, dem Landgericht zu widersprechen und die Fälle zurückzuverweisen - der Gesetzgeber habe die Regelung wohl so gemeint und gewollt. Das Urteil soll am 19. September verkündet werden. Den beiden Mietern bliebe trotzdem ein Rest Hoffnung: Wegen der ordentlichen Kündigung müssten sie nur ausziehen, wenn das Landgericht feststellt, dass sie für den Rückstand etwas konnten.
dpa
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